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Sängerfest zu Beginn des Wagnerjahres
Von Thomas Tillmann
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Fotos von Suzanne Schwiertz
Harry Kupfers vielleicht nicht gerade sensationelle, aber auch beim Wiedersehen immer noch sehr stringente Inszenierung des Tannhäuser (unsere Rezension der Premierenserie) erfuhr durch das Engagement von Anja Harteros als Elisabeth keine geringe Aufwertung, was keineswegs die hervorragende Leistung von Nina Stemme im selben Part vor zwei Jahren schmälern soll; beide Künstlerinnen sind auf ihre Weise großartige Besetzungen für die Nichte des Landgrafen. Die Deutsch-Griechin überzeugte in der besuchten Repertoirevorstellung mit dem richtigen jubelnden Überschwang und der leuchtenden Jugendlichkeit in der schlanken, aber nicht kleinen und auch in Mittellage und Tiefe klangvollen, tragfähigen, zurecht immer wieder als sehr edel timbriert beschriebenen Stimme und mit wunderbar verinnerlichten, fein gesponnenen Piani, und in der royalblauen Abendrobe war sie einfach auch eine strahlend schöne Frau auf der Bühne. Wenn man doch beckmessern wollte, dann noch am ehesten wegen ein paar allerhöchster Töne, die nicht ohne hörbaren Kraftaufwand und ohne die letzte Selbstverständlichkeit kamen, und ich fand den Star auch darstellerisch etwas betulich und eindimensional, gerade im Vergleich zu ihrer Vorgängerin, die insgesamt mehr aus der Rolle machte. Hatte ich vor zwei Jahren noch gedacht, man könnte den Wolfram kaum besser singen als Michael Volle es tat, so belehrte mich Markus Eiche nun eines Besseren: was für eine weiche, entspannte Tongebung, welche stimmliche Schönheit, welche Eleganz in der Phrasierung, welche Legatokultur, welch perfekte mezza voce, welche Textdeutlichkeit (ohne allzu "pädagogisch" zu werden), welche darstellerische Tiefe! Venus (Vesselina Kasarova) und Tannhäuser Peter Seiffert)
Peter Seiffert hat größere Fans als den Rezensenten, aber nach drei langen Aufzügen muss ich konzedieren, dass man die schwierige Rolle erst einmal auf diesem Niveau durchhalten muss, auch wenn es vor allem im ersten Aufzug einige unstete, wobbelige Töne im Forte gab und der Schluss dieses Aktes ihn an gewisse Grenzen führte. Positiv ist hingegen hervorzuheben, dass die durchdringende Stimme in vielen Momenten noch über die Vorzüge der Anfängerjahre im lyrischen Fach verfügt, auch der unbedingte Ausdruckswille bis hin zu erfreulich wenigen gebrüllten Passagen ist durchaus zu loben. Darstellerisch steht ihm die beträchtliche Körperfülle allerdings inzwischen einige Male im Weg, da wird das eine oder andere Mal geschmunzelt im Parkett, das permanente Hochziehen der Frackhose im zweiten Teil müsste wohl auch nicht sein. Jan Hendrik Rootering dagegen hat sich sicher über die späte Anfrage gefreut, noch einmal den Landgrafen zu singen, mit dem er 1986/87 an der New Yorker Met debütiert hat, aber die vielen Jahre sind der sehr klein und blass gewordenen Stimme jetzt doch allzusehr anzuhören, so dass sich das Publikum auch nur zu sehr höflichem Beifall entschließen konnte. Mehr war auch für Vesselina Kasarova an diesem Abend nicht zu holen, was ich ein wenig ungerecht fand, denn vokal blieb sie der gemeinen Venus-Partie kaum etwas schuldig - ein paar gellende Acuti am Ende passten durchaus zur verärgerten Göttin. Dass sie die Rolle indes nach wie vor in einem dem Deutschen allenfalls ähnelnden Idiom singt, scheint nicht abstellbar zu sein. Rockt: (Peter Seiffert) Unter den Sängern tat sich der attraktive, spielfreudige Erik Anstine als Biterolf mit interessantem, einige Rauhheiten aufweisendem Bass und entschlossenen Tönen hervor, während ich Fabio Trümpys schauspielerische Bemühungen um den Walther eher aufdringlich fand und diese kaum davon ablenken konnten, dass man hier ein stimmliches Allzuleichtgewicht besetzt hatte. In den weiteren Partien gab es keine Ausfälle, Rebeca Olvera ließ als junger Hirte aufhorchen. Marc Albrecht brauchte am Pult des jetzt Philharmonia Zürich genannten Orchesters bis zum (sehr emphatisch eingeleiteten) dritten Aufzug, um von einer ziemlich allgemeinen, mitunter arg oberflächlichen, etwas unraffinierten al-fresco-Lesart zu berührender Dichte und großer Spannung zu finden, etwas konzeptlos war zuvor das Spiel des Kollektivs und nicht mehr so fein austariert wie in der Premierenserie.
Das Wiedersehen und -hören hat sich mit einigen kleineren Abstrichen gelohnt. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Szenische Einstudierung
Bühnenbild
Kostüme
Lichtgestaltung
Choreografie
Choreinstudierung
Video-Bearbeitung
Solisten
Heinrich,
Tannhäuser
Wolfram von Eschenbach
Walter von der Vogelweide
Biterolf
Heinrich der Schreiber
Reinmar von Zweter
Elisabeth, Nichte
Venus
Ein junger Hirte
Vier Edelknaben
Isabel Kriszun Rebecca Rüegger Claire Schurter
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