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Musiktheater
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Ariadne auf Naxos

Oper in einem Aufzuge (1912) nebst einem Vorspiel (1916) von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss
aufgeführt in der Reihenfolge ihrer Entstehung

In deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (keine Pause)

Premiere am 20. Mai 2013 in der Staatsoper Stuttgart

Homepage Staatstheater Stuttgart

(Homepage)

Wenn das Vorspiel als Nachspiel zum Endspiel wird

Von Joachim Lange / Fotos © A.T.Schaefer


Gerade hat das Regie Erfolgsduo Jossi Wieler und Sergio Morabito in Dresden seine eindrucksvolle Stuttgarter La Juive – Inszenierung für die Semperoper einstudiert. Da folgt schon daheim in Stuttgart die zweite Auseinandersetzung mit Ariadne auf Naxos. Wenn sich die beiden ein und dieselbe Oper ein  zweites Mal vornehmen, dann darf man sicher sein, dass die neue  Deutung nicht nur ein umdekoriertes Abziehbild des schon mal Verkauften ist. Selbst, wenn die Ausstatterin, hier wie dort, Anna Viebrock ist. Wobei es eine Ähnlichkeit zu dem Salzburger Festsspielbeitrag gibt: Auch vor zwölf Jahren, als Wielers Ariadne als Sieger der damaligen Festspiele durchs Ziel ging,  lieferte ein Theater den Raum für dieses Opern-Mischgeschöpf. Es war das Große Festspielhaus, also genau der, in dem die Vorstellung stattfand.

Vergrößerung in neuem Fenster Zerbinetta und Ariadne

Die Neuinszenierung, die jetzt mit Michael Schønwandt am Pult eines sich lustvoll auf die verspielte Opulenz dieser Musik stürzenden und ihre Aufschwünge auskostenden Staatsorchesters, über die Bühne ging, ist in mehrfacher Hinsicht eine speziell Stuttgarter Deutung. Zunächst, weil Anna Viebrock ein wunderschönes, opulent melancholisches Foyer des im Krieg zerstörten Stuttgarter Theaters nachgebaut hat. Mit Salonmöbeln und mit einem Zauberspiegel im Hintergrund, in dem immer wieder andere Ausschnitte des gespiegelten Raumes auftauchen. Dass der Abend mit dem tragischen Operneinakter „Ariadne“ beginnt und erst dann das Vorspiel folgt, vor allem aber wie beides in Beziehung zueinander steht, das wird zum eigentlichen Coup.

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Vergebliche Aufheiterungsversuche

Das Vorspiel mit dem Haushofmeister (André Jung mit souveräner Politiker-Attitüde) des reichen Mannes, der den beiden von ihm eingeladenen sehr unterschiedlichen Künstlertruppen zumutet, ihre beiden Stücke gleichzeitig über die Bühne gehen zu lassen, ist in der seit 1916 gebräuchlichen Form ein Kompromiss. Selbst einem Regiegott wie Max Reinhardt war es nicht gelungen, die ursprünglich beabsichtigte Kopplung von Schauspiel (Der Bürger als Edelmann) und Oper (Ariadne), wie sie 1912 in Stuttgart (ohne Erfolg) uraufgeführt wurde, zu etablieren.

Vergrößerung in neuem Fenster Ariande und Bacchus

Nun ist ja schon beim Geplänkel der von ihrem Geldgeber drangsalierten Künstler im Stück selbst vom Pragmatismus bei der Reihenfolge der Nummern die Rede. Und auch der Blick auf die Entstehungsgeschichte legitimiert den Tausch der beiden Stückteile, der jetzt das erste Mal versucht wird. Und siehe da: es funktioniert überraschend gut! Nicht nur, weil es den ersten Teil als reflektierendes Echo des zweiten Teils gleichsam musikalisch aufwertet. Sondern auch, weil Wieler so die inneren Seelenverwandtschaft der äußerlich so unterschiedlichen Frauen respektive Künstlerinnen wie der Ariadne-Primadonna  (mit großem Ton und höchst nachvollziehbar in ihrer Einsamkeit: Christiane Iven) und Zerbinetta (bei Ana Durlovski so koloratursicher wie traumatisiert zwischen „ihren“ Männern) ausloten kann, wie sie Hofmannsthal im Sinne hatte.

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Das Vorspiel als Endspiel ….. alles nur noch Theater

Vor allem aber, weil so das Vorspiel als Nachspiel zum Endspiel des Theaters wird. Mit einer Fallhöhe, die in ihrem prophetischen Realismus Furcht einflößend ist. Man sieht eine rausgeschmissene Künstlertruppe vor den Toren des Stuttgarter Theaters (auf dem Video im Hintergrund). Die Kulissen sind demontiert, die Kostüme entsorgt. Man trifft sich im Proben-Zivil und imaginiert sich ein Theater der Erinnerung, dem die nur scheinbare Großzügigkeit der Geldgeber längst den Garaus gemacht hat. So behält der ehemalige Mezzo, der sich in die Rolle des Komponisten  (Sophie Marilley) hineingeträumt und ans Dirigentenpult vorgearbeitet hat, das allerletzte Wort! Mit einem Aufschrei.  Jubel in Stuttgart für den neuen Blick und ein exzellentes Ensemble, bei dem der Bacchus-Tenor Erin Caves die ebenfalls überzeugende Herrenriege anführt.      


FAZIT

In Stuttgart verändern Jossi Wieler und Sergio Morabito nicht nur die Reihenfolge von Vorspiel und Oper in Ariadne auf Naxos von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal, sondern eröffnen dem Werk damit eine neue Dimension



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Michael Schønwandt

Inszenierung und Dramaturgie
Jossi Wieler
Sergio Morabito

Bühne und Kostüme
Anna Viebrock

Licht
Reinhard Traub


Staatsorchester Stuttgart


Solisten

Oper Ariadne:

Ariadne
Christiane Iven

Bacchus
Erin Caves

Zerbinetta
Ana Durlovski

Harlekin
André Morsch

Scaramuccio
Heinz Göhrig

Truffaldin
Roland Bracht

Brighella
Torsten Hofmann

Najade
Yuko Kakuta

Dryade
Lindsay Ammann

Echo
Maria Koryagova

Vorspiel (als Endspiel):

Musiklehrer
Karl-Friedrich Dürr

Haushofmeister
André Jung

Lakai
Adam Cioffari

Offizier
Ewandro Cruz-Stenzowski

Komponist
Sophie Marilley

Tenor
Erin Caves

Perückenmacher
Daehyun Ahn

Primadonna
Christiane Iven

Zerbinetta
Ana Durlovski

Tanzmeister
Daniel Kluge




Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Staatstheater Stuttgart
(Homepage)



Da capo al Fine

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