Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
|
|
Wenn das Vorspiel als Nachspiel zum Endspiel wirdVon Joachim Lange / Fotos © A.T.Schaefer
Gerade hat das Regie Erfolgsduo Jossi Wieler und Sergio Morabito in Dresden seine eindrucksvolle Stuttgarter La Juive Inszenierung für die Semperoper einstudiert. Da folgt schon daheim in Stuttgart die zweite Auseinandersetzung mit Ariadne auf Naxos. Wenn sich die beiden ein und dieselbe Oper ein zweites Mal vornehmen, dann darf man sicher sein, dass die neue Deutung nicht nur ein umdekoriertes Abziehbild des schon mal Verkauften ist. Selbst, wenn die Ausstatterin, hier wie dort, Anna Viebrock ist. Wobei es eine Ähnlichkeit zu dem Salzburger Festsspielbeitrag gibt: Auch vor zwölf Jahren, als Wielers Ariadne als Sieger der damaligen Festspiele durchs Ziel ging, lieferte ein Theater den Raum für dieses Opern-Mischgeschöpf. Es war das Große Festspielhaus, also genau der, in dem die Vorstellung stattfand. Zerbinetta und Ariadne
Die Neuinszenierung, die jetzt mit Michael Schønwandt am Pult eines sich lustvoll auf die verspielte Opulenz dieser Musik stürzenden und ihre Aufschwünge auskostenden Staatsorchesters, über die Bühne ging, ist in mehrfacher Hinsicht eine speziell Stuttgarter Deutung. Zunächst, weil Anna Viebrock ein wunderschönes, opulent melancholisches Foyer des im Krieg zerstörten Stuttgarter Theaters nachgebaut hat. Mit Salonmöbeln und mit einem Zauberspiegel im Hintergrund, in dem immer wieder andere Ausschnitte des gespiegelten Raumes auftauchen. Dass der Abend mit dem tragischen Operneinakter Ariadne beginnt und erst dann das Vorspiel folgt, vor allem aber wie beides in Beziehung zueinander steht, das wird zum eigentlichen Coup. Vergebliche Aufheiterungsversuche
Das Vorspiel mit dem Haushofmeister (André Jung mit souveräner Politiker-Attitüde) des reichen Mannes, der den beiden von ihm eingeladenen sehr unterschiedlichen Künstlertruppen zumutet, ihre beiden Stücke gleichzeitig über die Bühne gehen zu lassen, ist in der seit 1916 gebräuchlichen Form ein Kompromiss. Selbst einem Regiegott wie Max Reinhardt war es nicht gelungen, die ursprünglich beabsichtigte Kopplung von Schauspiel (Der Bürger als Edelmann) und Oper (Ariadne), wie sie 1912 in Stuttgart (ohne Erfolg) uraufgeführt wurde, zu etablieren. Ariande und Bacchus
Nun ist ja schon beim Geplänkel der von ihrem Geldgeber drangsalierten Künstler im Stück selbst vom Pragmatismus bei der Reihenfolge der Nummern die Rede. Und auch der Blick auf die Entstehungsgeschichte legitimiert den Tausch der beiden Stückteile, der jetzt das erste Mal versucht wird. Und siehe da: es funktioniert überraschend gut! Nicht nur, weil es den ersten Teil als reflektierendes Echo des zweiten Teils gleichsam musikalisch aufwertet. Sondern auch, weil Wieler so die inneren Seelenverwandtschaft der äußerlich so unterschiedlichen Frauen respektive Künstlerinnen wie der Ariadne-Primadonna (mit großem Ton und höchst nachvollziehbar in ihrer Einsamkeit: Christiane Iven) und Zerbinetta (bei Ana Durlovski so koloratursicher wie traumatisiert zwischen ihren Männern) ausloten kann, wie sie Hofmannsthal im Sinne hatte. Das Vorspiel als Endspiel ….. alles nur noch Theater
Vor allem aber, weil so das Vorspiel als Nachspiel zum Endspiel des Theaters wird. Mit einer Fallhöhe, die in ihrem prophetischen Realismus Furcht einflößend ist. Man sieht eine rausgeschmissene Künstlertruppe vor den Toren des Stuttgarter Theaters (auf dem Video im Hintergrund). Die Kulissen sind demontiert, die Kostüme entsorgt. Man trifft sich im Proben-Zivil und imaginiert sich ein Theater der Erinnerung, dem die nur scheinbare Großzügigkeit der Geldgeber längst den Garaus gemacht hat. So behält der ehemalige Mezzo, der sich in die Rolle des Komponisten (Sophie Marilley) hineingeträumt und ans Dirigentenpult vorgearbeitet hat, das allerletzte Wort! Mit einem Aufschrei. Jubel in Stuttgart für den neuen Blick und ein exzellentes Ensemble, bei dem der Bacchus-Tenor Erin Caves die ebenfalls überzeugende Herrenriege anführt.
In Stuttgart verändern Jossi Wieler und Sergio Morabito nicht nur die Reihenfolge von Vorspiel und Oper in Ariadne auf Naxos von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal, sondern eröffnen dem Werk damit eine neue Dimension Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung und Dramaturgie
Bühne und Kostüme
Licht
SolistenOper Ariadne:
Ariadne
Bacchus
Zerbinetta
Harlekin
Scaramuccio
Truffaldin
Brighella
Najade
Dryade
Echo
Vorspiel (als Endspiel):
Musiklehrer
Haushofmeister
Lakai
Offizier
Komponist
Tenor
Perückenmacher
Primadonna
Zerbinetta
Tanzmeister
|
- Fine -