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Musiktheater
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Orpheus in der Unterwelt
(Orphée aux Enfers)
 


Opéra bouffon in zwei Akten und vier Bildern
Text von Hector Crémieux und Ludovic Halévy
In der Fassung von 1858 mit Einlagen aus der Opéra féerie-Fassung von 1874
Deutsche Übersetzung von Ludwig Kalisch (1858) und Frank Harders-Wuthenow (Einlagen 1874)
Dialogfassung für das Theater Osnabrück von Daniela Brendel und Walter Sutcliffe
Musik von Jacques Offenbach  

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 20'  (eine Pause)

Premiere im Theater am Domhof am 1. Dezember 2012    
(rezensierte Vorstellung am 13. Dezember 2012
)

 

Logo: Theater Osnabrück

Theater Osnabrück
(Homepage)

Wenn Eurydike zur "Bumsebiene" von Pluto wird    

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Jörg Landsberg


Dass eine Operette aus dem Jahre 1858 humorvoll, unterhaltsam, auch zeitpolitische Anspielungen auf das krisengeschüttelte Europa des 21. Jahrhunderts enthalten kann, zeigt Walter Sutcliffes abwechslungsreiche Neubearbeitung von Jacques Offenbachs Orphée aux Enfers in Osnabrück.

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Eurydike kann das selbstverliebte Geigenspiel ihres Mannes nicht länger ertragen.

Orpheus und Eurydike, verarmte griechische Tavernenbesitzer, denen die Touristen ausbleiben, streiten sich. Pluto, der Gott der Unterwelt, hat als Lover Aristeus eine Affäre mit der schönen Eurydike begonnen. Als sie zum Strand aufbrechen wollen, legt Pluto einen tödlichen Brandsatz, um seine Schöne in die "Unterwelt" zu entführen. Draußen, zu operettigen Walzer- und Galoppklängen liefert sich das Volk, Tanzrhythmus und -seligkeit konterkarierende Straßenschlachten mit der Polizei. Retter in der Not soll die personifizierte Öffentliche Meinung werden. Sie fordert in zeitlosem, geordnetem Kostüm Moral, Ehre und Treue ein und scheint zunächst die gesellschaftliche Konvention aufrecht zu erhalten. Selbst Göttervater Jupiter beugt sich ihr, um die revoltierenden Götter in Schranken zu halten. Sutcliffe und Inbal haben der Originalfassung von 1858 neben den berühmten Sirtaki-Klängen von Mikis Theodorakis auch einige gefällige, vor allem Tanznummern der von Offenbach selbst komponierten Neubearbeitung aus dem Jahre 1874 hinzugefügt. Hinzu kommt eine von Walter Sutcliffe und Daniela Brendel geschriebene Neufassung der Dialoge.

Jupiter und Juno im Olymp

Ergebnis ist ein bunter, Offenbachs Original nahekommender stimmiger Mix aus Musiknummern, gesprochenen Dialogen und schrillen Tanzeinlagen, eine absurde Satire auf die scheinbare Überflussgesellschaft, in der Doppelmoral vorherrscht, Luxus und Liebe verherrlicht und das ausschweifende Leben im Rausch genossen werden. In der Schlussszene verbinden sich "Ober-" und "Unterwelt" zu dionysischer Lust, verfällt man anstelle des Can-Can im Galop infernal in Revueglanz und rauschhafte Liebesorgien, um schließlich ermattet am Boden zu liegen. Und die Öffentliche Meinung? Kann sie einem solchen Rausch widerstehen? Jupiter bringt mit einem plumpen Sektkorkenknall nicht nur Orpheus dazu, sich umzublicken. Schlussendlich spielt auch die Öffentliche Meinung im schwarz-rot-goldenen Unterröckchen mit. Timo Dentler und Okarina Peter verlegen das Operettengeschehen des 2, 3. und 4. Bildes in den schlichten Ausstellungsraum, bzw. wunderbar schwarz-glitzernden Strand eines Museums. Die Götterwelt erinnert in ihrer witzigen, einheitlich hautengen und marmorierten Kostümierung und Kopfbedeckung an antike Götterstatuen, - nach außen zu künstlichen Posen erstarrt, nach innen der göttlichen Speise des Nektar und Ambrosia überdrüssig. Wunderbar passend dazu sind die ironisches Understatement ausstrahlenden Bewegungsmuster und Blicke des Göttervaters Jupiter. Skurril überzeichnend wird Koloratur mit Lustgewinn gleichgesetzt. Schwarzhumorig, fast ins Geschmacklose abgleitend beglückt Jupiter im Fliegenduett die schöne Eurydike im engen Klohäuschen. Das Lachen bleibt oft im Halse stecken, so skurril ist die Mischung aus Ernst und Komik.

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Styx versucht mit Gentleman-Charme, die schöne, luxusverliebte Eurydike anzubaggern.

Das Osnabrücker Sinfonieorchester spielt in passend kleiner Besetzung und führt unter der Leitung Daniel Inbals beschwingt durch den Abend. Schade, dass die Musiknummern nicht übertitelt sind, was zur besseren Textverständlichkeit beigetragen hätte. Sieht man einmal von sicher jahreszeitlich bedingten, stimmlichen Einschränkungen ab, so präsentieren Chor, Gesangssolisten und Tänzer eine engagierte Darbietung. Daniel Wagner ist - passend zur Rolle - ein selbstverliebter Orpheus. Mark Hamman präsentiert im Hirtengesang Aristeus' effektvoll ein angekratztes Falsett. Jan Friedrich Eggers spielt überzeugend den leicht angestaubten, staksigen, hinterlistig Machtfäden spinnenden Jupiter. Hans Hermann Ehrich ist in nostalgisch seidenschimmerndes Butler-Outfit gewandet und singt sein "Als ich noch Prinz war von Arkadien". Almerija Delics klangvoller Sopran überzeugt als kraftvolle Öffentliche Meinung. Star des Abends war Elena Fink, die für die erkrankte Marie-Christine Haase als Eurydike eingesprungen war. Wie sie mit klangschönem Sopran, lupenreinen Spitzentönen, makellosen Registerwechseln und Koloraturen das Publikum berauschte, war einfach ein wunderbarer Genuss.

FAZIT

Sutcliffe und Inbal präsentieren eine unterhaltsame, neu zusammensgestellte und ironisch aktualisierte Operetteninszenierung mit einem abwechslungsreichen Mix aus Tanz, Dialog und Gesang.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Daniel Inbal 

Inszenierung
Walter Sutcliffe   

Bühne/Kostüme
Timo Dentler, Okarina Peter     

Video

Florian Rzepkowski

Choreografie
Günther Grollitsch


Choreinstudierung

Markus Lafleur

Dramaturgie
Daniela Brendel

 

Chor des Theaters Osnabrück
Osnabrücker Symphonieorchester
Studierende des Instituts für
Musik (IfM) der Hochschule Osnabrück


Solisten

Orpheus
Daniel Wagner

Eurydike
Elena Fink

Jupiter
Jan Friedrich Eggers

John Styx
Hans-Hermann Ehrich

Pluto / Aristeus
Mark Hamman

Merkur
Stefan Kreimer

Mars
Silvio Heil

Juno
Heike Hollenberg

Diana
Lina Liu

Venus
Kathrin Brauer

Cupido
Chihiro Meier-Tejima

Minerva
Irina Neznamova

Die Öffentliche Meinung
Almerija Delic




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