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Attila

Dramma lirico in drei Akten und Prolog
Libretto von Temistocle Solera und Francesco Maria Piave
Musik von Giuseppe Verdi

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (zwei Pausen)

Premiere der konzertanten Aufführung im Palladium  am 21. Juni 2013


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Oper Köln
(Homepage)

Konzertanter Verdi mit halbszenischen Andeutungen

Von Thomas Molke / Fotos folgen

Mit seiner neunten Oper Attila entwickelte sich Giuseppe Verdi endgültig zu einer Galionsfigur des Risorgimento, der patriotischen Unabhängigkeits-Bestrebung Italiens. Auch wenn der berühmte Gefangenen-Chor aus seiner früheren Oper Nabucco zum Inbegriff der italienischen Sehnsucht nach Freiheit wurde und einen gewissen hymnischen Charakter hat, gab es in Verdis Werken bis zum Attila keine eindeutigen politischen Absichten. Erst Ezios Vorschlag an Attila im Prolog "Avrai tu l'universo, resti l'Italia a me" ("Du magst das Universum haben, Italien bleibe mir"), verbunden mit dem Ort der Handlung, der von Attila zerstörten Stadt Aquileia, aus der die Bewohner angeblich nach Westen geflüchtet seien und in einer Lagune die Keimzelle für das spätere Venedig gelegt hätten, ließ sich als eindeutiger Widerstand gegen die jahrhundertelange Fremdherrschaft verstehen und führte dazu, dass der Komponist Verdi nun als echter Lokalpatriot wahrgenommen wurde. An der Oper Köln präsentiert man zum Ende der Spielzeit in konzertanter Form dieses Werk, das sich musikalisch durch eine deutliche Prägung von seinen Jugendwerken abhebt und bereits Anklänge an seine späteren Werke enthält.

Die Handlung der Oper basiert auf der historisch belegten Eroberung Aquileias, der damals viertgrößten Stadt Italiens, durch den Hunnenkönig Attila im Jahr 452 n. Chr. und greift auch eine Episode auf, wonach Attila nach einem Treffen mit Papst Leo I. (Leone) von einer Eroberung Roms wieder Abstand genommen habe. Auch die Figur des Ezio (Flavius Aetius) als bedeutender römischer Feldherr, der die Vernichtung des späten Weströmischen Reiches durch die Goten und Hunnen verhindern konnte, ist historisch verbürgt. Dass er allerdings Attila, den er schon von Jugend an kannte, angeboten haben soll, sich mit ihm gegen den römischen Kaiser Valentian III. zu verbünden, dürfte wohl eher aus dramaturgischen Gründen in die Vorlage des Librettos, der romantischen Tragödie Attila, König der Hunnen von Zacharias Werner, eingefügt worden sein. Auch Odabella, die Tochter des Herrschers über Aquileia, die nach der Ermordung ihres Vaters durch Attila von Rache getrieben wird und sich auf eine Hochzeit mit dem Hunnenkönig einlässt, um diesen mit seinem eigenen Schwert zu erdolchen, basiert auf einer Umgestaltung der Überlieferung, wonach Attila ein Jahr nach der Eroberung Aquileias in der Hochzeitsnacht von seiner gotischen Braut Hildico ermordet worden sein soll. Der junge Foresto, der aus dem zerstörten Aquileia fliehen konnte und zunächst um seine Geliebte Odabella bangt, sich anschließend von ihr verraten fühlt, kommt in Werners Tragödie nicht vor und ist von Verdi hinzugefügt worden, um zum einen nicht auf die mehr oder weniger obligatorische Tenor-Partie zu verzichten, zum anderen das Libretto um eine Liebesgeschichte zu erweitern.

Obwohl es sich im Palladium um eine konzertante Aufführung handelt, lassen es sich die Solisten nicht nehmen, ihre Partien auch ohne Regie trotz klassischer Abendgarderobe zumindest halbszenisch zu präsentieren, und verzichten im Gegensatz zum Chor auf das Absingen vom Blatt. Auf der zum Agieren allerdings sehr schmalen Bühnenrampe halten sie sich nur auf, wenn sie tatsächlich in der Szene vorkommen. Samuel Youn hat sich die langen schwarzen Haare zu einem Zopf hochgesteckt, der ihm ein gewisses Flair eines Hunnenkönigs gibt. Dabei bleibt er stets in der Rolle, wenn er zum Beispiel majestätisch und siegessicher über die Bühne schreitet oder am Ende, wenn Odabella ihn mit seinem eigenen Schwert ersticht, am Dirigentenpult zusammensinkt. Solche kleinen Details führen dazu, dass man als Publikum eine komplette szenische Umsetzung nicht vermisst und man näher am eigentlichen Stück bleibt, als dies bei manchem Ansatz des modernen Regie-Theaters der Fall sein dürfte.

Hinzu kommt eine großartige musikalische Umsetzung, die keinerlei Wünsche offen lässt. Claude Schnitzler arbeitet mit dem Gürzenich Orchester Köln die Vielschichtigkeit der Partitur differenziert heraus und macht sowohl mit dem getragenen schwermütigen Ton der Ouvertüre als auch den romantisch anmutigen Naturbeschreibungen in der Lagune im zweiten Bild des Prologs deutlich, dass Verdi musikalisch mit diesem Werk in der Tat neue Wege beschritten hat. Der von Andrew Ollivant einstudierte Chor glänzt mit teils wuchtigem Klang, wenn er die siegreichen Hunnen zu Beginn des Prologs und die römischen Soldaten im Finale des dritten Aktes präsentiert, teils weichen Phrasen, wenn der Frauenchor bei einem Festmahl in Attilas Lager im zweiten Akt zu Ehren des Waffenstillstands zwischen Hunnen und Römern ein Ständchen bringt. Miljenko Turk verfügt als Ezio über einen recht hellen Bariton und begeistert vor allem mit seiner großen Arie "Dagli immortali vertici" im zweiten Akt, wenn er den Verfall des Römischen Reiches beklagt, nachdem er von Kaiser Valentian III. durch einen Brief nach Rom zurückbeordert worden ist. Auch in den Duetten mit Attila im Prolog, wenn er diesem vorschlägt, die Welt untereinander aufzuteilen, und mit Foresto im zweiten Akt, wenn er gemeinsam mit diesem beschließt, Attila zu töten, kann er punkten. Fernando Portari verfügt als Foresto über eine exzellente Mittellage, die in den Höhen allerdings manchmal ein wenig angestrengt klingt. Dennoch vermeidet Portari zu forcieren und wechselt in den Höhen sicherheitshalber in eine weichere Kopfstimme.

Stars des Abends sind Samuel Youn in der Titelpartie und Evelina Dobraceva als Odabella. Mit großartigem Sopran lotet Dobraceva die anspruchsvolle Partie in allen Lagen hervorragend aus. Mit voluminösen Tiefen stattet sie ihre erste Kavatine im Prolog aus, wenn sie dem Hunnenkönig Attila gegenübertritt und sich als furchtlose kämpferische Frau präsentiert. Bruchlos schraubt sie sich dabei in dramatische Höhen empor. In ihrer Arie zu Beginn des ersten Aktes "O nel fuggente nuvolo", wenn sie um ihren Vater und den vermeintlichen Tod ihres Geliebten trauert, beweist, Dobraceva, dass sie auch die lyrischen Passagen der Partie mit weichem Sopran beherrscht. Das anschließende Duett mit Portari, in dem sich die beiden Liebenden wiederfinden und in dem Odabella den Geliebten in ihren Plan einweiht, Attila mit seinem eigenen Schwert töten zu wollen, zeugt stimmlich und darstellerisch von großer Innigkeit zwischen den beiden Solisten. Youn glänzt in der Titelpartie mit fulminantem Bass, der die Kompromisslosigkeit des Hunnenkönigs glaubhaft unterstreicht. Einen Höhepunkt seiner Interpretation stellt seine große Arie im zweiten Akt dar, in der er seinem Diener Uldino von einem Traum berichtet, in dem er vor einer Eroberung Roms warnt, wobei sich der alte Mann im Traum später als Leone entpuppt. Hier changiert Youn glanzvoll zwischen verunsichertem Menschen und furchtlosem Herrscher. So gibt es am Ende und auch zwischen den einzelnen Szenen frenetischen Applaus für alle Beteiligten.

FAZIT

Schade, dass diese konzertante Oper im Palladium nur zweimal gespielt wird. Die musikalische Umsetzung mit den halbszenischen Andeutungen hätte mehr Vorstellungen verdient.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Claude Schnitzler

Chor
Andrew Ollivant

 


Chor der Oper Köln

Gürzenich Orchester Köln

 

Solisten

Attila, König der Hunnen
Samuel Youn

Ezio, römischer Feldherr
Miljenko Turk

Odabella
Evelina Dobraceva

Foresto
Fernando Portari

Uldino, Attilas Sklave
Jeongki Cho

Leone (Leo der Große)
Young Doo Park




Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Oper Köln
(Homepage)



Da capo al Fine

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