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Maria Stuarda (Maria Stuart)

Tragedia lirica in drei Akten
Text von Giuseppe Bardari
nach der Tragödie Maria Stuart von Friedrich Schiller
(in der italienischen Übersetzung von Andrea Maffei)

Musik von Gaetano Donizetti

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 45' (eine Pause)

Premiere der konzertanten Aufführung am 14. November 2012
in der Alten Oper Frankfurt

Besuchte Vorstellung: 16. November 2012


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Alte Oper
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Die Seconda war eindeutig die Prima

Von Thomas Tillmann


Gaetano Donizettis Maria Stuarda hat es nie leicht gehabt auf den Opernbühnen, das beginnt schon vor der Uraufführung (das lesenswerte Programmheft mit klugen Artikeln von Agnes Eggers und Norbert Abels zeichnet die Umstände um Zensurprobleme und Sängerinnengezicke nach und zeigt auf, dass es sich eben doch um ein Meisterwerk handelt; schade, dass man nicht auch noch einen Blick auf die Aufführungsgeschichte in der Folge geworfen und eine kommentierte Diskografie beigefügt hat) und ist bis heute so, selbst Belcantoliebhaber finden diese Oper schwächer als etwa Anna Bolena und Roberto Devereux. Dass hochkarätige Wiedergaben dennoch ein Publikumserfolg sein können, bewies die Oper Frankfurt mit zwei umjubelten konzertanten Aufführungen in der Alten Oper, deren zweite ich besuchte (und ich erinnere mich auch an eine unglaublich spannende, sehr gelungene szenische Produktion am rührigen Theater Krefeld/Mönchengladbach vor einigen Jahren).

Der Titel meines Berichts verlangt nach Erklärung: Brenda Rae wurde natürlich gefeiert für stupende Pianissimi-Spitzentöne, Rouladen, fallende Skalen und weitere Perlen aus der Schatzkiste einer Koloratursopranistin, die sicher eine tolle Zerbinetta ist, aber ihr Singen blieb doch die längste Zeit eindimensional und vordergründig, vor allem wenn man vorher einer wirklichen Sängerdarstellerin und Tragödin zugehört hat (und Sopranistinnen wie Gencer, Sutherland oder Caballé in dieser Partie im Ohr hat). Die expressiven Möglichkeiten und die Farben sind leider begrenzt bei einem so kleinen, luftigen Sopran, aber natürlich schöpfte sie das, was ihr zu Gebote stand, hervorragend und mit großer Routine aus - eine wirkliche Maria Stuart war sie allerdings für mein Empfinden nicht, zumal mir das Punktieren vieler zu tief liegender Passagen (die Stimme wird in der Mittellage und Tiefe sehr weiß und flach) und das ziemlich wahllose Interpunktieren von Stratosphärentönen nach einer Weile doch ziemlich fad wurde.

Und so war für mich Elza van den Heever als Elisabetta die Sensation des Abends mit ihrem dunklen, reichen lyrischen Sopran (und der Rezensent ärgert sich schwarz, dass er ihre Anna Bolena in Frankfurt versäumt hat). Was für einen Farbenreichtum hat sie in der Stimme, welche Durchschlagskraft und Sicherheit hatten ihre vollmundigen, angenehm auch einiges Metall erkennen lassenden Acuti (der Spitzenton am Ende der ersten Arie allein hätte die Anreise aus Düsseldorf gelohnt), welches Gewicht hat ihr Sopran auch in ganz im Piano oder der mezza voce gestalteten Momenten, mit wie viel Souveränität präsentierte sie ganz bewusst auch fahle, flache Töne in der tieferen Lage, hatte aber auch viele elegische Töne parat, mit denen sie die Liebessehnsucht und große Einsamkeit der Frau hinter der Regentin illustrierte, welche Dezenz legte sie in Mimik und Spiel an den Tag, welche Nuancen spürte sie in dem viel gescholtenen Text des Hobbylibrettisten Bardari auf - nach drei Takten wusste man, wer da auf der Bühne steht und in welcher Gemütsverfassung die englische Königin sich befand. Und so überrascht es nicht, dass die Künstlerin in derselben Partie am Silvesterabend ihr Debüt an der Metropolitan Opera geben wird.

Der Mexikaner David Lomelí wird laut Programmheftbiografie als "eine der wichtigsten Hoffnungsträger im Belcanto-Fach gehandelt", was man nach diesem Abend doch bezweifeln möchte: Nicht nur dass er ganz offensichtlich nicht optimal vorbereitet war, permanent am (Noten-)Text seines Klavierauszugs klebte und jeden Einsatz des Dirigenten dringend brauchte (bei seinem ersten Auftritt taktierte er gar mit dem linken Fuß deutlich sichtbar mit!), die Stimme an sich hat leider auch nur eine einzige, wenn auch angenehme Farbe, es fehlt ihr ganz offensichtlich an technischem Finish, um sich längere Zeit in der hohen Tessitura zu bewegen, gar nicht zu reden von schnelleren, verzierteren Passagen, denen mit Schmachten und unangemessenem Schmettern nun einmal nicht beizukommen ist. Man darf gespannt sein, ob er sich bis zu seinen Auftritten als Percy in Anna Bolena in Köln entsprechend weiter entwickelt wird. Nina Tarandek war eine zuverlässige Anna Kennedy, Kihwan Sim war ein völlig entspannt und auf den Wohlklang seines Basses sich verlassend singender und doch auch einiges interpretatorisches Bemühen erkennen lassender Talbot, Simon Bailey ein in seinen kurzen Auftritten mit seinem kernigen Bariton mächtig auffahrender Cecil. Einen atmosphärischen Höhepunkt steuerte ohne Zweifel der glänzend disponierte, von Matthias Köhler betreute Chor der Oper Frankfurt mit dem endlos gehaltenen Pianissimoton im zweiten Teil bei.

"Donizetti hat sich mit seinen eigenen Händen ein solches Denkmal gesetzt, dass die Meister, die ihm nach ihm gekommen sind, außerstande wären, ihm ein größeres zu errichten." Das ist nicht von Norbert Abels, sondern von Giuseppe Verdi höchstpersönlich, und für diese Position gibt es auch in diesem Werk manchen Beweis, besonders wenn ein Dirigent sich seiner so engagiert annimmt wie Pier Giorgio Morandi, auch wenn die eine oder andere Passage vielleicht etwas wuchtig und breit geriet und dann doch eher nach dem jüngeren Italiener klang. Den Sängerinnen und Sängern war er indes ein sehr aufmerksamer Partner, das Frankfurter Opern- und Museumsorchester leitete er mit großer Übersicht, spürbarer Autorität und sich auf das Kollektiv übertragender Spielfreude.


FAZIT

Ein großer, wenn auch kein ganz großer Abend, der zeigt, dass Belcanto nach wie vor ein Publikumsmagnet ist. Und jetzt bitte bald Roberto Devereux mit der wunderbaren Elza van den Heever!


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Pier Giorgio Morandi

Chor
Matthias Köhler



Chor der
Oper Frankfurt

Frankfurter Opern- und
Museumsorchester


Solisten


Elisabetta,
Königin von England
Elza van den Heever

Maria Stuarda,
Königin von Schottland
Brenda Rae

Anna Kennedy,
Marias Amme
Nina Tarandek

Roberto, Graf
von Leicester

David Lomelí

George Talbot
Kihwan Sim

William Cecil
Schatzmeister
Simon Bailey



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Oper Frankfurt
(Homepage)



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