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Heldenmeucheln in der Erfurter PuppenkisteVon Joachim Lange / Fotos von Lutz Edelhoff / © Theater ErfurtNatürlich hat es etwas Putziges, wenn der Göttervater Wotan aufs Puppenmaß geschrumpft ist, der Strahlemann Siegfried (mit blonder Betonfrisur und comicbedrucktem exotischem Gewand) im Skelettmaul des Drachenmonsters verschwindet, dann an seinem Unterkiefer für Momente in der Luft baumelt und ziemlich oft mit seinem Schwert zustechen muss, bis das schön drachenblutrot gefärbt ist und das Wurmmonster mit dem riesigen Schwanz endlich seinen Geist aufgibt. Oder, wenn Brünnhilde in ihrem weiten regenbogenfarbenem Gewand auf ihrem Gaul Grane über die Bühne jagt und bei der Todesverkündigung wie ein Engel vor Siegmund in der Luft schwebt. Damit überflügeln die ja an sich reduzierten Ausdrucksmöglichkeiten des Puppentheaters sogar die der richtigen Bühne. Wie alles beginnt: Die Rheintöchter
Im Studio des Theaters Erfurt hat Mila van Daag übereinander gestaffelte Laufstrecken mit Verblendungen gebaut, die genügend Platz für die insgesamt 10 Sänger, deren zwanzig Puppen und ihre sechs Spielführer bieten. Immer mal wieder lässt Regisseur Christian Georg Fuchs alle drei Gruppen aus ihren Rollen ausbrechen. Wenn sich etwa die Puppenführer Wotans aus Protest gegen dessen göttliches Handeln ihre schwarzen Masken vom Kopf reißen und empört in Richtung des Sängers werfen. Oder wenn der als Mensch (sprich Sänger) aus der Rolle des Gottes fällt und sich dem Ende seines Enkels Siegfrieds entgegenstemmen will, obwohl er es ja war, der es angezettelt hat. Die Wunschmaid Brünnhilde und der Gott Wotan
Fuchs und der kommissarische Erfurter GMD Samuel Bächli haben den großen Sechzehnstünder ziemlich klug auf drei Stunden zusammengestrichen und dabei manches (wie Donner und Froh oder Hagens Mannen) ganz weggelassen und das Wesentliche von Erdas Orakelsprüchen einfach Fricka zugschlagen, die großen Streitereien zwischen Wotan und Fricka, oder die Intrige Hagens ohne Musik sprechen lassen. Musikalisch ist es ihnen mit der von Juri Lebedev instrumentierten Kammerorchesterfassung für 16 Musiker zugleich gelungen, den Ring als Ganzes zu imaginieren. Ohne Ärgernisse für den versierten Ring-Kenner, dafür mit vielen Appetitmachern für den Neuling. Mime und Siegfried
Die Entscheidung, wie und in welchem Umfang man kürzt, ist heikel. Auch in dieser Hinsicht wirkt die Erfurter Version in sich stimmig. Im Zusammenspiel der Sänger und Puppen, im Charme der exotisch angehauchten Ausstattung, im Spielwitz bei manchen Details (wie der Schürze des amüsanten Fieslings Mime), dem leichten Ausscheren in die gesprochenen Passagen und in der musikalischen Qualität. Im kleinen Raum muss zwar eh' keiner losbrüllen, aber anspruchsvoll bleiben die Partien auch im Puppenkistenformat. Und da lässt sich das Erfurter Ensemble nicht lumpen. Natürlich punktet Máté Sólyom-Nagy vokal (und darstellerisch!) als Wotan, schlägt Jörg Rathmann nicht nur mit seinem Loge Funken, sondern auch aus seinem Mime Kapital. Wotan trauert um den toten Siefgried
Auch kann Markus Petsch als Siegmund und Siegfried strahlen und Stéphanie Müther sich am großen Brünnhildenton profilieren. Der ganze Abend hat aber nicht nur seinen musikalischen und Puppenkistencharme. Ohne dass es aufdringlich wirkt, hat Christian Georg Fuchs auch die Tragik Wotans schärfer beleuchtet, als es mancher großen Ring-Interpretation gelingt. Etwa, wenn der gegen seine Rolle revoltierende Sänger die gerade erschlagene Siegfriedpuppe in den Arm nimmt. Natürlich weiß Wotan ganz genau, dass er letzten Endes selbst dafür verantwortlich ist. Oder die Welt, deren unvermeidlichen Untergang er längst vor sich sieht. Aber er ist dennoch verzweifelt und traurig darüber. Dieser Mensch in Göttergestalt FAZIT Dieser Ring an einem Abend ist etwas für Wagner- oder Ringneulinge. Er hat aber alle Voraussetzungen, um auch unvoreingenommene Wagnerianer zu erfreuen. Es heißt, die Vorstellungen in Erfurt seien ausverkauft. Man sollte es dennoch probieren. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Puppenbau
Dramaturgie
Solisten
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