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Musiktheater
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Der Ring des Nibelungen (an einem Abend)

Bühnenfestspiel in drei Tagen und einem Vorabend
Text und Musik von Richard Wagner
in einer Fassung mit Sängern, Puppen und Kammerorchester
eingerichtet von Samuel Bächli und Christian Georg Fuchs
Instrumentation von Juri Lebedev


in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 15' (eine Pause)

Koproduktion mit dem Theater Waldspaicher
Premiere im Studio des Theaters Erfurt am 7. Februar 2013


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Theater Erfurt
(Homepage)

Heldenmeucheln in der Erfurter Puppenkiste

Von Joachim Lange / Fotos von Lutz Edelhoff / © Theater Erfurt

Natürlich hat es etwas Putziges, wenn der Göttervater Wotan aufs Puppenmaß geschrumpft ist, der Strahlemann Siegfried (mit blonder Betonfrisur und comicbedrucktem exotischem Gewand) im Skelettmaul des Drachenmonsters verschwindet, dann an seinem Unterkiefer für Momente in der Luft baumelt und ziemlich oft mit seinem Schwert zustechen muss, bis das schön drachenblutrot gefärbt ist und das Wurmmonster mit dem riesigen Schwanz endlich seinen Geist aufgibt. Oder, wenn Brünnhilde in ihrem weiten regenbogenfarbenem Gewand auf ihrem Gaul Grane über die Bühne jagt und bei der Todesverkündigung wie ein Engel vor Siegmund in der Luft schwebt. Damit überflügeln die ja an sich reduzierten Ausdrucksmöglichkeiten des Puppentheaters sogar die der „richtigen“ Bühne.

Szenenfoto

Wie alles beginnt: Die Rheintöchter

Im Studio des Theaters Erfurt hat Mila van Daag übereinander gestaffelte Laufstrecken mit Verblendungen gebaut, die genügend Platz für die insgesamt 10 Sänger, deren zwanzig Puppen und ihre sechs Spielführer bieten. Immer mal wieder lässt Regisseur Christian Georg Fuchs alle drei Gruppen aus ihren Rollen ausbrechen. Wenn sich etwa die Puppenführer Wotans aus Protest gegen dessen göttliches Handeln ihre schwarzen Masken vom Kopf reißen und empört in Richtung des Sängers werfen. Oder wenn der als Mensch (sprich Sänger) aus der Rolle des Gottes fällt und sich dem Ende seines Enkels Siegfrieds entgegenstemmen will, obwohl er es ja war, der es angezettelt hat.

Szenenfoto

Die Wunschmaid Brünnhilde und der Gott Wotan

Fuchs und der kommissarische Erfurter GMD Samuel Bächli haben den großen Sechzehnstünder ziemlich klug auf drei Stunden zusammengestrichen und dabei manches (wie Donner und Froh oder Hagens Mannen) ganz weggelassen und das Wesentliche von Erdas Orakelsprüchen einfach Fricka zugschlagen, die großen Streitereien zwischen Wotan und Fricka, oder die Intrige Hagens ohne Musik sprechen lassen. Musikalisch ist es ihnen mit der von Juri Lebedev instrumentierten Kammerorchesterfassung für 16 Musiker zugleich gelungen, den Ring als Ganzes zu imaginieren. Ohne Ärgernisse für den versierten Ring-Kenner, dafür mit vielen Appetitmachern für den Neuling.

Szenenfoto

Mime und Siegfried

Die Entscheidung, wie und in welchem Umfang man kürzt, ist heikel. Auch in dieser Hinsicht wirkt die Erfurter Version in sich stimmig. Im Zusammenspiel der Sänger und Puppen, im Charme der exotisch angehauchten Ausstattung, im Spielwitz bei manchen Details (wie der Schürze des amüsanten Fieslings Mime), dem leichten Ausscheren in die gesprochenen Passagen und in der musikalischen Qualität.

Im kleinen Raum muss zwar eh' keiner losbrüllen, aber anspruchsvoll bleiben die Partien auch im Puppenkistenformat. Und da lässt sich das Erfurter Ensemble nicht lumpen. Natürlich punktet Máté Sólyom-Nagy vokal (und darstellerisch!) als Wotan, schlägt Jörg Rathmann nicht nur mit seinem Loge Funken, sondern auch aus seinem Mime Kapital.

Szenenfoto

Wotan trauert um den toten Siefgried

Auch kann Markus Petsch als Siegmund und Siegfried strahlen und Stéphanie Müther sich am großen Brünnhildenton profilieren. Der ganze Abend hat aber nicht nur seinen musikalischen und Puppenkistencharme. Ohne dass es aufdringlich wirkt, hat Christian Georg Fuchs auch die Tragik Wotans schärfer beleuchtet, als es mancher „großen“ Ring-Interpretation gelingt. Etwa, wenn der gegen seine Rolle revoltierende Sänger die gerade erschlagene Siegfriedpuppe in den Arm nimmt. Natürlich weiß Wotan ganz genau, dass er letzten Endes selbst dafür verantwortlich ist. Oder die Welt, deren unvermeidlichen Untergang er längst vor sich sieht. Aber er ist dennoch verzweifelt und traurig darüber. Dieser Mensch in Göttergestalt

FAZIT

Dieser Ring an einem Abend ist etwas für Wagner- oder Ringneulinge. Er hat aber alle Voraussetzungen, um auch unvoreingenommene Wagnerianer zu erfreuen. Es heißt, die Vorstellungen in Erfurt seien ausverkauft. Man sollte es dennoch probieren.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Samuel Bächli

Inszenierung
Christian Georg Fuchs

Bühne
Mila van Daag

Kostüme
Frauke Langer

Puppenbau
Udo Schneeweiß
Kathrin Sellin

Dramaturgie
Dr. Arne Langer


Philharmonisches Orchester Erfurt


Solisten

Wotan
Máté Sólyom-Nagy

Alberich/Gunter
Juri Batukov

Siegmund/Siegfried
Markus Petsch *

Fasolt/Hagen
Sebastian Pilgrim

Fafner/Hunding
Dario Süß

Loge/Mime
Jörg Rathmann

Wellgunde/Sieglinde
Katja Bildt

Freia/Woglinde/Waldvogel
Julia Neumann

Fricka
Kristine Stahl

Floßhilde/Brünnhilde
Stéphanie Müther

Puppenspieler
Anna Fülle
Annika Pilstl
Kristine Stahl
Paul Günther
Tomas Mielentz
Martin Vogel


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Erfurt
(Homepage)



Da capo al Fine

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