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Musiktheater
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Tristan und Isolde

Handlung in drei Aufzügen
Text und Musik von Richard Wagner


in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 4h 45' (zwei Pausen)

Premiere im Theater Detmold am 12. Mai 2013


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Landestheater Detmold
(Homepage)
Flucht in die Kunst und nächtliche Ruhestörung

Von Stefan Schmöe / Fotos von Klaus Lefebvre / Landestheater Detmold

Das Landestheater Detmold hat in den letzten Jahren mit einer beachtlichen Wagner-Kultur auf sich aufmerksam gemacht, allem voran mit einem formidablen, spielerisch leicht (aber keineswegs gewichtslos) inszenierten Ring des Nibelungen, zu dem sich im Vorjahr der Parsifal gesellte. Für das Wagner-Jubiläumsjahr wagt man sich jetzt an Tristan und Isolde.

Szenenfoto Rache für Morold? Nein, auch hier wird Isolde das Schwert sinken lassen und statt dessen Tristan zu einem vermeintlichen Gifttrank überreden.

Regisseur Kay Metzger, gleichzeitig Detmolder Intendant, verlegt das Geschehen in die Kreise gegenwärtiger Militärs – nicht im Kampfanzug, sondern in Festtagsuniformen weitab der unsichtbaren Front. Marke ist offenbar ein hoch dekorierter General, Tristan sein Adjutant, Brangäne, Kurwenal und Melot niedrigere Dienstgrade. Dabei geht es nicht darum, das Militärwesen zu diskreditieren; worauf es Metzger ankommt, sind die straffen Umgangsformen und der Ehrenkodex, der hier herrscht. Passend dazu hat Ausstatterin Petra Mollérus eine leicht gebogene und strenge, klinisch sauber anmutende Hausfront gebaut, die für alle drei Aufzüge als Einheitsbühnenbild dient. Das ist die gleißend helle Welt des Tages, Dienststube wie Terasse für die gemeinsame Mahlzeit von Marke und Gattin Isolde. Hinter der Fassade ist ein dunkler Raum für die Nacht, ein Innenraum, den nur Tristan und Isolde betreten können, in schwarzen Farben gehalten (und das Tageslicht hinter den großen Fenstern weicht schnell dem Sternenhimmel). Die Drehbühne macht den schnellen Raumwechsel, der viel mehr ein Wechsel zwischen zwei Welten ist, möglich.

Szenenfoto

In gehobenen Offizierskreisen gehört ein gepflegter Rotwein einfach dazu, auch beim nächtlichen Rendezvous mit der Gattin des Vorgesetzten - Tristan und Isolde werden anschließend die Nacht der Liebe ziemlich lautstark besingen.

Das Zauberreich der Nacht ist wohl auch das Reich der Kunst. Im Raum der Nacht steht ein Flügel, liegen Bücher und vor allem beschriebene Blätter. Notenblätter? Gedichte? Jedenfalls singen Tristan und Isolde immer wieder davon ab. Während sich auf der Außenseite eine letztendlich konventionelle, nicht unglaubwürdige Dreiecksgeschichte zwischen Ehebruch und wahrer Liebe abspielt, deutet Metzger die Nacht der Liebe als Flucht in eine Kunst-Welt. Das lässt genug Raum für Deutungsmöglichkeiten, ohne eine allzu große Eindeutigkeit (und damit Banalität) zu schaffen. Konsequent ist Isoldes Liebestod ein im Nacht-Kunst-Raum gesungenes Konzertstück, mit Tristan am Klavier. Wie es im wirklichen Leben weitergehen wird mit Tristan, Isolde und Marke, das bleibt offen. Das ist sicher kein sensationell neuer oder aufregend neuer Deutungsansatz, den Metzger präsentiert, aber eine plausible Lösung, die sowohl geradlinig die Geschichte erzählt als auch vorsichtig interpretiert.

Mit der 1983 geborenen Joanna Konefal als Isolde steht eine hochdramatische Sopranistin mit Riesenstimme auf der Bühne, sehr metallisch (und nicht immer schön), für das kleine, akustisch delikate und sängerfreundliche Haus im Grunde überdimensioniert (und doch ist man auch froh, eine Isolde mit solcher vokaler Attacke zu hören). Die Polin, deren Biographie an professionellen Opernauftritten neben dieser Isolde nur die Leonore aus dem Troubador (ebenfalls in Detmold) ausweist, scheint sich hier für viel größer dimensionierte Häuser in Position bringen zu wollen. Je höher und lauter, desto sicherer scheint sich die Sängerin zu fühlen, die aber auch über ein tragfähiges Piano verfügt, das aber nicht immer „sitzt". Für die Wutausbrüche der Isolde im ersten Aufzug ist solcher Furor eindrucksvoll, für die Duette im zweiten Aufzug fehlt es entschieden am Willen (oder Fähigkeit?), sich in den Gesamtklang einzufügen. Wer die Nacht der Liebe mit so hohen Dezibelzahlen besingt, läuft vor allem Gefahr, die Nachbarn aufzuwecken. So bleiben die Eindrücke ambivalent. Nichtsdestotrotz: Wenn sich diese Stimme weiter entwickelt, wird noch viel von Joanna Konefal zu hören sein.

Szenenfoto Komplott aufgedeckt, Alles kommt an den hellen Tag! Links der düpierte General Marke (mit Melot), rechts am Boden der unehrenhaft handelnde Tristan, in der Mitte Isolde mit Brangäne.

Michael Baba ist ein sehr kultiviert singender Tristan mit leicht brüchiger, im Timbre etwas neutraler Stimme, sicher und durchsetzungsfähig in der Höhe. Auch wenn sich am Ende kleine Zeichen der Anstrengung zeigen, bewältigt er die Partie souverän und lässt er sich bei den Ausbrüchen seiner Partnerin nicht dazu verleiten, mit purer Kraft dagegen zu halten. So bleiben Tristan und Isolde ein ungleiches Paar. Unter dem insgesamt hohen vokalen Lautstärkepegel leidet die engagiert gesungene Brangäne von Monika Waeckerle, die etwas unausgeglichen und mitunter forciert klingt. Mit heldisch großer, klar fokussierter Stimme wartet James Tolksdorf als Kurwenal auf, der sich hier ebenfalls für größere Häuser empfiehlt. An denen ist Guido Jentjens ohnehin schon zu hören, der hier einen jugendlich-wütenden, zupackenden Marke singt.

Szenenfoto

Warten auf Isoldes Schiff: Funker Kurwenal (vorne) und Tristan, hinten der Hirt.

Die Herren von Chor und Extrachor sind irgendwo so weit im Off platziert, dass man allzu wenig von ihnen hört. Sehr ordentlich spielt das Symphonische Orchester Detmold unter der Leitung seines Chefdirigenten Erich Wächter. Der Klang des durch die räumlichen Bedingungen reduzierten Orchesters ist sehr transparent und immer sängerfreundlich (was die Sänger geflissentlich ignorieren). Wächters Dirigat ist weitaus weniger auf die Extreme ausgerichtet wie zuletzt das von Stefan Blunier in Bonn (unsere Rezension), eher auf die sehnsuchtsvolle romantische Linie bedacht: Mehr Melancholie als Explosion. Trotzdem kommen auch die hochdramatischen Passagen zu ihrem Recht. Am Ende einer frenetisch gefeierten Premiere gehörte der einhelligste Jubel Wächter und „seinem“ Orchester.


FAZIT

Musikalisch eine hochrangige und trotz kleinen Eintrübungen und mitunter übermäßig großer Lautstärken spannende Produktion, von Kay Metzger szenisch mehr als akzeptabel gedeutet.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Erich Wächter

Inszenierung
Kay Metzger

Ausstattung
Petra Mollérus

Choreinstudierung
Marbod Kaiser

Dramaturgie
Elisabeth Wirtz



Statisterie des
Landestheater Detmold

Herrenchor und Extrachor des
Theater Detmold

Symphonisches Orchester des
Landestheater Detmold


Solisten

* Besetzung der Premiere

Tristan
Michael Baba

König Marke
Guido Jentjens

Isolde
Joanna Konefal

Kurwenal
Andreas Jören /
* James Tolksdorf

Melot
Jundong Kim

Brangäne
Monika Waeckerle

Ein Hirt
Markus Gruber

Ein Steuermann
Hoe Chun Kim /
* Kyung-Won Yu

Junger Seemann
Kai-Ingo Rudolph



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Landestheater Detmold
(Homepage)



Da capo al Fine

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