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Idomeneo
Dramma per musica in drei Akten
Libretto von Giambattista Varesco
Musik von Wolfgang A. Mozart


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h (eine Pause)

Premiere an der Sächsischen Staatsoper Dresden am 29. November 2012


Homepage

Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)
Im Rahmen

Von Roberto Becker / Fotos von Matthias Creutziger

Um die Zauberflöte, die Entführung oder die drei Da Ponte-Opern zu spielen, braucht man keine Argumente. Die platzieren sich von selbst auf den Spielplänen. Es gibt, neben den diversen Jungendstreichen auch den späten Opera-seria-Rückgriff mit dem Titus und den frühen Idomeneo. Dass Berlin seinen aufgeregtesten Opernskandal der Idomeneo-Inszenierung von Hans Neuenfels verdankte, lag freilich nicht am Regisseur und schon gar nicht am Stück. Die Kopflosigkeit auf der Bühne (Neuenfels hatte die Köpfe der großen Religionsgründer ins Finale eingefügt) hatte eine Kopflosigkeit der damaligen Hausleitung induziert, und Bedrohungsgespenster heraufbeschworen, die es damals (noch) gar nicht gab.

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Im Rahmen

An der Semperoper ist jetzt Regisseur Michael Schulz den Göttern auch den Kragen gegangen. Sogar noch radikaler. Bei ihm wird der mitspielende Gott erledigt, indem er als Projektionsfläche für menschliche Ängste und Hoffnungen „enttarnt“ wird. Sein Neptun geistert als meeresblaugrüne Truppe zwischen den Kretern umher und greift immer wieder offen oder verdeckt in das Leben der Menschen ein.

König Idomeneo hatte für seine sichere Rückkehr in die Heimat dem gerade mit einem Sturm der Extraklasse über ihn hinwegbrausenden Neptun versprochen, den ersten zu opfern, der ihm nach seiner Landung begegnet. Altgriechisches Tragödienmaß ist gesichert, weil ihm der eigene Sohn Idamante in die Arme läuft. So sehr das barbarische Gelöbnis des Kriegsheimkehrers gegen ihn aufbringen mag, so sehr nimmt sein Versuch für ihn ein, die Staatsräson auszutricksen. Er verschweigt seinem Volk den Opferkandidaten und versucht, Idamante ins Exil zu schicken. Doch als sich die Katastrophen häufen, muss Idomeneo mit der Wahrheit rausrücken. Gut aufklärerisch fließt am Ende kein Prinzenblut und die Sache geht gut aus. Der Gott lenkt ein, weil die Menschen sich anschicken, sich dem „göttlichen“ Willen zu beugen. (Die nämlichen Lehrstücke von Brecht oder Sartre lassen grüßen).

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Elettra - prominenter Gast und doch abgelehnt

Bei Schulz ist das Volk aber nicht nur die Verschiebemasse göttlicher Ratschlüsse, sondern ein sozialer Organismus. Diese Kreter machen etwa aus ihrer Abneigung gegen die Fremden im Lande, ob nun die gefangenen Trojaner samt Prinzessin Ilja oder den königlichen Promigast Elektra, keinen Hehl. Sie finden jedoch zu der Kraft, aus ihrer Abneigung gegen das Menschenopfer eine geradezu revolutionäre Tat zu machen. Nicht die Stimme aus dem Off beendet hier als deux ex machina das grausame Spiel, setzt den König ab und Idamante und Ilja auf den Thron. Diesmal ist es das Volk, das diese Wende bewirkt und die neuen Herrscher - gegen deren Widerstand (!) - krönt und in Goldgewänder verpackt - und alle sind damit schneller bei den alten Verhältnissen, als sie selbst glauben. Das bleibt in der hochästhetischen Dresdner Neuinszenierung als Frage im Raum stehen.

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Idomeneo in den Fängen Neptuns

Die Inszenierung des früheren Weimarer Operndirektors (dessen Ring hierzulande noch in guter Erinnerung ist) und designierten Inszenierungspartners für den Parsifal, mit dem Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle die im nächsten Jahr beginnende Kooperation zwischen Dresden und den Salzburger Osterfestspielen beginnen werden, hat ein ambitioniertes Konzept. Aber eben auch eine Form, die durch ihr gekonntes Spiel mit barocker Opulenz, den stilsicheren Kostümen von Renée Listerdal auf den Bühnenbrettern unter den vier hintereinander gestaffelten riesigen Rahmentoren von Kathrin-Susann Brose besticht.

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Idomeneo ist kurz davor seinen Sohn zu opfern

Auf der Bühne glänzen die Protagonisten nicht nur mit dem betörenden Quartett „Soffrier più non si può“ („Mehr lässt sich nicht ertragen“). Wookyung Kim ist duchweg ein eloquent bestechender Idomeneo, Anke Vondung ein wohlklingender Königssohn Idamante und Elena Gorshunova eine in jeder Hinsicht schlanke Ilja. Rachel Willis-Sørensen lässt sich natürlich den Abgang Elettras mit einer furiosen Wahnsinns-Arie nicht entgehen. Die von Idamante Verschmähte steigt hier nicht nur aus dem Stück und ihrem Leben, sondern auch aus ihrer Robe aus. Am Pult der Sächsischen Staatskappelle leistet Gastdirigentin Julia Jones mit dramatischem Verve und Gefühl für die Arienschönheit des Leidenslamentos einen nicht geringen Beitrag für einen rundum gelungenen Idomeneo.


FAZIT

Die neue Idomeneo-Produktion der Semperoper ist stilistisch geschlossen und bietet in ihrer Aussage eine interessante Erweiterung. Das musikalische Niveau entspricht dem, was man an diesem Haus erwarten darf.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Julia Jones

Inszenierung
Michael Schulz

Bühne
Kathrin-Susann Brose

Kostüme
Renée Listerdal

Licht
Andreas Frank

Video
Knut Geng

Chor
Pablo Assante

Dramaturgie
Nora Schmid
Valeska Stern



Kinder der Komparserie

Sächsischer Staatsopernchor Dresden

Sächsische Staatskapelle
Dresden


Solisten

Idomeneo
Wookyung Kim

Idamante
Anke Vondung

Elettra
Rachel Willis-Sørensen

Ilia
Elena Gorshunova

Arbace
Timothy Oliver

Oberpriester
Mert Süngü

Zwei Kreterinnen
Gabriele Berke
Annett Eckert

Zwei Trojaner
Frank Blümel
Alejandro Pizarro

Zwei Vorsängerinnen des Volkes
Katharina Flade
Heike Liebmann

Zwei Vorsänger des Volkes
Jae-Suk Kim
Holger Steinert

Neptun
Seraphine Detscher
Helena Maciel Fernandino
Mandy Garbrecht
Ilona Grumbt
Victoria Henneberg
Nicole Meier
Jana Mesgarha
Anne Sophie Sieber
Ralf Arndt
Yevgen Bondarenko
Michael Grimm
Winfried Haas
Oleksandr Kolinko
Sebastian Schiller
Hannes-Detlef Vogel
Johannes Wissmann



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)



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