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Musiktheater
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Katja Kabanowa

Oper in drei Akten
Libretto vom Komponisten nach Alexander Nikolajewitsch Ostrowskis Schauspiel Gewitter
Musik von Leoš Janácek

In tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h 30' (keine Pause)

Premiere im Theater Basel am 13. September 2012
(rezensierte Aufführung: 25.09.2012)


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Theater Basel
(Homepage)
Die Welt im Labor

Von Joachim Lange / Fotos stellt das Theater Basel uns leider nicht zur Verfügung

Vielleicht hatte der bald nach Hamburg wechselnde Intendant Georges Delnon den Geniestreich vor Augen, der einst mit Frank Castorf in Basel gelang, als er jetzt Armin Petras für sein Opern-Regiedebüt engagierte. Der ewige Volksbühnenchef hatte mit Verdis Otello nämlich einen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen, dass man ihm glatt den Nibelungen-Ring zutraut, den er im kommenden Sommer in Bayreuth stemmen soll.

Dass auch Armin Petras, der als Regisseur ebenso wie als Autor Fritz Kater so Überfleißige, der neben all dem auch noch seinen Intendantenjob am Maxim-Gorki-Theater so gut gemacht hat, dass man ihn ans Stuttgarter Schauspiel berief, früher oder später auch mal bei der Oper landen würde, war nur eine Frage der Zeit. Diese multimedialen Theatermacher seiner Generation drängt es zwangsläufig zur per se multimedialen Kunstform, wobei diese ihnen dann eine Zeit-Ökonomie auferlegt, der sie sich im Schauspiel notorisch entziehen. Die so erzwungene Konzentration auf das Stück, kann dann für die Oper im besten Falle innovativen Nutzen abwerfen.

In Armin Petras‘ Katja Kabanowa - Inszenierung liegt Böhmen nun zwar nicht am Meer, dafür steht aber sein russisches Wolgadorf unter Wasser. Und es sieht so gar nicht nach dem aus, was man sich unter einer Dorfgemeinschaft vorstellt, wo ein bigotter Schwiegermutter-Terror herrscht und Fremdgehen, wenn es rauskommt, mit einer Naturkatastrophe vergleichbar ist. Gruselig aber ist dieses Gehäuse für Lebewesen allemal. Einem Versuchsbau für die Erforschung von Erdbeben nachempfunden hat Kathrin Frosch einen nicht ganz fertigen Beton-Rohbau auf eine Drehscheibe in ein unbestimmtes Nirgendwo gesetzt und geflutet. Das Wasser steht ihnen dort zwar nicht bis zum Hals, aber Gummistiefel brauchen sie. Es kann gut sein, dass die übrige Welt schon untergegangen oder alles nur eine Imagination von Katjas gutmütigem aber schwächlichem Ehemann Tichon (Tomáš Černý) ist. Den hat Petras nämlich verdoppelt. So sitzt der Schauspieler Peter Moltzen als geisterhaftes Alter Ego am Anfang verträumt an der Rampe, geistert dann immer wieder von anderen ungesehen durch die Geschichte oder spricht stumm in Richtung Publikum.

Zu den ersten Tönen aus dem Graben marschiert das Personal, das hier für einen Moment in den Kostümen von Patricia Talacko  tatsächlich wie eine ganz normale Dorfgemeinschaft aussieht, denn auch erst einmal auf. In dem zweistöckigen verfremdeten Laborjenseits wirken die Autoritätsnetzwerke dann genauso wie im russischen Dorf unter der Fuchtel der Kabanicha (mit Vehemenz: Dagmar Pecková). Hier führt sie das Regiment als Laborchefin im Frankensteinformat, als Herrin über geheimnisvolle Essenzen und Versuche am lebendigen Objekt. Die erste, mit der man experimentiert, ist Fekluscha und wenn die Kabanicha und Dikoj (Andrew Murphy) im grünen Schutzanzug in einen brodelnden Kessel steigen, ist auch das ein ziemlich perverses experimentelles Schäfer-Plansch-Stündchen. Ansonsten hat sie immer den Protokollblock zur Hand und notiert mit eiskaltem wissenschaftlichem Interesse sogar, wie das Gift wirkt, das die besonders drangsalierte Katja am Ende nimmt. Vor allem, weil die junge Frau nicht die Kraft hat, sich innerlich zu lösen und damit äußerlich zu befreien, wie ihre lebenslustige Freundin, die attraktive Warwara (Solenn‘ Lavanant-Linke). In der zwanghaften Irrationalität ihres Verhaltens sieht Petras denn auch die Tragik Katjas, die sie ähnlich unberechenbar wie die Natur handeln lässt. In dieser Rolle läuft auch die Basler Zweitbesetzung Sunyoung Seo zu bestechender Intensität auf.

Der Spielplanzufall wollte es, dass auch die Oper Zürich die Spielzeit mit einem Janáček eröffnete. Vor allem den musikalischen Vergleich mit dem Schweizer Nobelopernhaus müssen weder das Basler Orchester, noch das Ensemble scheuen. Der Graben liegt dabei sogar deutlich vorn. Nun ist Katja zwar das reifere Werk, doch steht dem Sinfonieorchester Basel unter Leitung von Enrico Delamboye einfach ein Mehr an Farben und Differenziertheit, an Suggestivkraft des Klangsogs, Poesie und Melancholie zur Verfügung, als Fabio Luisi bislang bei seiner Jenufa in Zürich.  In Basel pflegt man die leisen Töne und im wahrsten und ausbalancierten Sinne auch die Klangrede Janáčeks. Und Armin Petras erzählt - wenn auch mit einer herausfordernden, weil radikal antifolkloristischen Optik - eine Geschichte von äußerer Macht und inneren Abhängigkeiten neu, indem er ihren Kern bloßlegt.

FAZIT

Armin Petras ist ein herausforderndes Debüt als Musiktheaterregisseur gelungen und das Theater Basel hat dabei hohes musikalisches Niveau geliefert.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Enrico Delamboye

Regie
Armin Petras

Bühne
Kathrin Frosch

Kostüme
Patricia Talacko

Choreographische Begratung
Maya Lipsker

Chorleitung
Henryk Polus

Dramaturgie
Malte Ubenauf



Statisterie des Theater Basel

Chor des Theater Basel

Sinfonieorchester Basel


Solisten

Sawjol Prokofjewitsch Dikoj
Andrew Murphy

Boris Grigorjewitch
Ludovit Ludha

Marfa Ignatjewna Kaban
Dagmar Pecková

Tichon Iwanytsch Kabanow
Tomá
š Černy

Katharina
Sunyoung Seo

Wanja Kudrjasch
Rolf Romei

Warwara
Solenn' Lavanant-Linke

Kuligin
Ashley Prewett

Glascha
Rita Ahonen

Fekluscha
Lilia Tripodi

Ein Vorbeigehender
Jacek Krosnicki

Eine Frau aus dem Volk
Theophana Iliewa-Otto

Tichon 2
Peter Moltzen



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Basel
(Homepage)



Da capo al Fine

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