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Musiktheater
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La Traviata   

Oper in drei Akten    
Libretto von Francesco Maria Piave   
Musik von Guiseppe Verdi   


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln   

Aufführungsdauer: ca. 2 h 40' (eine Pause)

Premiere im Großen Haus der Städtischen Bühnen am 30. Oktober 2011
rezensierte Aufführung am 15. Novemer 2011

                    
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                                Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)
Kostümrausch und Bühnenleere


Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Michael Hörnschemeyer

Eros und Thanatos. Verdis musikalische Inszenierung dieses ewigen Opernthemas schuf in La Traviata eine idealisiert strahlende, große Herzensbildung auszeichnende Liebende. Grundlage der Oper, ebenso des Verdi bekannten Schauspiels und des 1848 erstmals erscheinenden Romans Die Kameliendame von Alexandre Dumas d.J., Grundlage auch des berühmten Porträts Edouard Vienots, ist die schonungslose Lebenswirklichkeit der zur Edelprostituierten aufsteigenden Marie Duplessis. Als "Königin" des galanten Paris gefeiert, stirbt sie - schon früh an Schwindsucht erkrankt - verlassen und verschuldet im Alter von 23 Jahren.

Im Libretto Piaves wird das Thema Geld nur drei Mal angesprochen: einmal als Alfredo erfährt, dass seine Freundin ihre Güter veräußern will, um ihrer beider Lebensstandard aufrecht zu erhalten, sodann als sein Vater glaubt, Violetta treibe ihren Sohn in den Ruin und schließlich  als der verletzte Alfredo ihr das im Spiel gewonnene Geld vor die Füße wirft, um seine materielle Schuld zu begleichen. Stattdessen opfert sich die luxusverliebte Heldin angesichts der Liebe des Anderen selbst, erträgt die Verletzungen um Alfedos Glückes willen, scheint durch Krankheit und Tod ihre seelisch-moralische Unschuld wiederzugewinnen.

Szenenfotoauf dem Fest Floras  

Regisseur Axel Kresin thematisiert in seiner münsterschen Neuinszenierung das dem Mythos zugrunde liegende romantisch-künstlerische, moralische Unbehagen des 19. Jahrhunderts. La Traviata - wörtlich "die vom Weg Abgekommene" - ist eine Unschuld in Weiß, deren Aufgabe darin besteht, die gesellschaftliche Widersprüchlichkeit zwischen sinnentleerter "Goia" (Freude) mit Liebeslust, Kalesche, Kostüm- und Champagnerrausch und "dolor" (Schmerz) aufzuzeigen.

Manfred Kaderk hat für die geschlossene Luxusgesellschaft eine eindrucksvolle monumentale, nackte, halbrunde Wand kreiert, deren symbolträchtiger, im Verlauf der Oper größer werdender schwarzer Riss uns schließlich die Bühnenleere mit einer schwarzen, als Sarg und Bett gleichermaßen genutzten, rechteckigen Kiste vor Augen führt. Während des Beziehungsdramas im zweiten Akt wird die Bühne mit weiteren symbolischen Zeichen - einem  roten Seidenvorhang, der an einer gigantischen Hutnadel aufgehängt ist - gefüllt.

Im Kontrast dazu erinnert der Kostüm- und zwischen romantischer Tagesrandbeleuchtung, pink angehauchtem Mädchentraum und Wirklichkeit changierendem Beleuchtungsrausch auf den Festen eher an die Ausstattungsoper. Es regnet gleich zu Beginn weiße Rosen und Geld, während Violetta als weiße Braut in ihrer Kalesche von zahlreichen Verehrern umgeben auf die Bühne rauscht. Geschickt reiht Kresin in den Ensembleszenen Bewegung und statischen, an fotografische Aufstellung erinnernde, plakative Bilder aneinander. Ihre absurd komische Wirkung gelingt vor allem auf dem Kostümfest bei Flora, als mit großen Nasen ausgestattete Männer die weiblichen Röcke beschnüffeln. Stellvertretend für die wiederhergestellte moralische Ordnung wird im Zeitlupentempo im Verlauf des 3. Aktes ein gigantisches weißes Kreuz heruntergelassen.

Szenenfoto Ein wutentbrannter und verletzter Alfredo

Die Personenregie vor allem in den intimen Momenten bleibt jedoch vordergründig. An die Seite der an Schwindsucht erkrankten Violetta ist ein temperamentvoll aufbegehrender Alfredo gestellt, der sich in jugendlich-hormonalem Überschwang auf seine erschöpft am Boden liegende Angebetete wirft. Der alte Germont dagegen erscheint - ausgestattet mit einer überdimensionalen Bibel - in der gesamten Schlüsselszene des 2. Aktes wie eine zum moralischen Ankläger erstarrte Vaterfigur, der versucht, Violetta als Entschädigung Geld anzubieten. Plakativ treten sechs ' mal sich Violetta nähernde, 'mal zurückweichende weiße Bräute auf.

Chor, Orchester und Gesangsolisten gelingt - sieht man einmal von der sehr direkten Akustik des großen Hauses, den kleinen temporalen Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Chor und Orchester ab - eine kontrastive, effektvolle und spannungsreiche Gestaltung. Fabrizio Ventura krönt seinen Spannungsbogen im 3. Akt mit einer kammermusikalisch differenzierten, anrührend die Todesnähe vor Augen führenden musikalischen Darbietung.

Youn-Seong Shims ist ein textverständlich singender, metallisch schillernder Alfredo, der feurig und temperamentvoll aufbegehrt, für die innigen Liebeserklärungen jedoch wenig lyrische Klangfärbungen findet. Johannes Schwärskys leicht vibrierender, klangdirekter und voluminöser Bariton stellt den zum Moralapostel erstarrten Germont dar. Überzeugend ist die differenzierte, zu Herzen gehende Gestaltung der berühmten Arie "Di Provenza il mar". Natalia Atamanchuk weiß flexibel die Facetten Violettas auszuloten. Mit glitzernden Koloraturen begegnet sie Alfredos Liebeserklärungen. Dramatisch gesteigerte Erregung und Verzweiflung kennzeichnen bspw. die Auseinandersetzung mit Germont, während sie für den Ausdruck des Schmerzes, der Todesahnung auch lyrisch warm oder leise, zerbrechlich gestaltet.

     

FAZIT

Verdis Musik lässt sich nur schwer umdeuten. 


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Produktionsteam


Musikalische Leitung
Fabrizio Ventura

Inszenierung
Axel Kresin

Bühne
Manfred Kaderk  

Kostüme
Anke Drewes 

Dramaturgie
Jens Ponath

Chorleitung
Donka Miteva
Karsten Sprenger  



Chor der Städtischen Bühnen Münster
Bühnenmusik
Statisterie
Sinfonieorchester Münster


Solisten

* Besetzung der rezensierten Vorstellung

Violetta
Henrike Jakob/
*Natalia Atamanchuk

 Alfredo
Youn-Seong Shim

Germont
*Johannes Schwärsky/
Matteo Suk

Flora
Nadine Sträter

Annina
Suzanne McLeod

Gaston 
Fritz Steinbacher

Baron Douphol
Marek Kalbus

Marquis d'Obigny
Donald Rutherford

Doktor Grenvil   
Plamen Hidjov

Giuseppe
Christian-Kai Sander

Ein Diener Floras
Hee-Sung Yoon

Ein Bote
Frank Göbel






Weitere Informationen

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Da capo al Fine

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