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Ein bekanntes Märchen klassisch, modern und kindgerecht spannend inszeniertVon Michael Cramer / Fotos: © Matthias BausIda, die knapp fünfjährige charmante Begleiterin des Rezensenten, hatte schon arge Bedenken, was denn nun mit dem Blut im Schuh los sei; entsprechend groß der Bammel, als die böse Stiefmutter sich mit einer riesigen Schneiderschere hinter der Kulisse an die Füße ihrer schreienden Töchter machte, die dann mit dickem blutigen Verband herausgehumpelt kamen. Aber Entwarnung der kleinen Opernbesucherin von morgen: Ist bestimmt nur Ketchup. Gebrüder Grimm und ihr MärchenbuchZur Wiederaufnahme der erfolgreichen Aschenputtel-Produktion der Kölner Kinderoper gab es wie immer ein volles Haus, ganze Schulklassen, aber auch viele Vorschulkinder mit Kuscheltieren und Süßigkeiten-Tüte bevölkerten das Oval des Alten Pfandhauses in der Kölner Südstadt, der ehemaligen, liebevoll restaurierten Pfandkreditanstalt. Uwe Eric Laufenberg, der hoffentlich-auch-weiterhin-Intendant der Kölner Oper, hatte mit Beginn seiner Amtszeit die Kinderoper, die mit einer riesigen Holzkonstruktion im Foyer des denkmalgeschützten Riphahn-Gebäudes angesiedelt war, in das Pfandhaus verpflanzt. Der neue Ort ist für die jungen Zuschauer perfekt; jeder kann sehr gut sehen, gespielt wird in der Mitte, auf dem oberen Umlauf und an beiden Stirnseiten, die Musik kommt von der Empore, die Kommunikation mit den Sängern über Video klappt hervorragend. Das schicke böse Stieftrio" und Aschenputtel Szenisch sehr geschickt ist der stumme Beginn mit einem Kartoffeln schrubbenden Aschenputtel, die eine Klappe öffnet, ein Bild der verstorbenen Mutter und ein Bonsai-Bäumchen heraus holt und erst einmal einige Minuten Andacht hält. Dies bringt die unruhige Kinderschar wunderbar zum Schweigen; erst dann beginnt es mit der Musik. Originell auch der Auftritt der Gebrüder Grimm (Young Doo Park und Sévag Tachdjian) mit einem riesigen roten Märchenbuch, aus dem die Geschichte angelesen wird; die jungen Zuschauer beantworten bereitwillig ihre Fragen und lauschen den Erzählungen der beiden Märchenonkel, die sich zwischendurch mit prunkvoller Schärpe in das königliche Gefolge und zum höfischen Tanz einreihten. Die vielschichtig arbeitende Düsseldorfer Regisseurin Brigitta Gillessen hat aus der traditionellen Märchenoper des Deutsch-Italieners Ermanno Wolf-Ferrari (1876-1948) eine bunte und quirlige Mischung des durchaus ernsten Märchens mit einem modernen und kindgerechten Ambiente geschaffen, die der köstlichen und eingängigen, alle möglichen Stilarten nachempfindenden Musik gerecht wird. Großen Anteil daran hat auch Ute Lindenbeck mit einer bunten Mischung aus historischen Kostümen, Designerkleidung des bösen Trios und schäbigem Turnschuh-Outfit von Aschenputtel. Originell auch ihre kleine moderne Bühne mit platzsparend herausklappbaren Möbeln und die riesige Liste mit den Namen aller jungen heiratsfähigen Damen des Reiches, auf der halt nur Aschenputtel zum Jubel der Kinder übrig bleibt. Ernste Staatskrise: Auf der Suche nach eine passenden BrautRaimund Lauffen, der in Köln die sehr erfolgreiche Oper The Turn oft the Screw und die Jugendoper Border dirigiert, führte die Profis des Gürzenich-Orchesters sicher und zügig durch die einstündige Vorstellung. Bejubelter Star war die zierliche Ji-Hyun An als Aschenputtel, die sich in die Herzen der Kinder gesungen hatte, wie auch bereits zuvor in Dornröschen. Sie passt mit ihrem glockenreinen Sopran einfach perfekt in diese Rolle. Aber auch die drei Stief-Damen (Sandra Janke, Gloria Rehm und Rachel Bate), die ebenfalls als Waldfeen das schicke Ballkleid herangeschafft hatten, erfreuten durch ihre sauberen, gut geführten Stimmen, ebenso wie der Narr von Charlie Dedmenec. Der junge Prinz (Gustavo Quaresma) ist ein schicker beweglicher Bursche mit strahlendem Tenor, das Urgestein der Kölner Oper Werner Sindemann singt und spielt trotz weit fortgeschrittenen Alters immer noch ganz hervorragend. So verständlich die Handlung rübergebracht wird, nicht zuletzt auch durch die exzessive Spielfreude der jungen Multi-Kulti-Sängerschar, so hapert es doch partiell an gut verständlicher Aussprache, vor allem bei den gesprochenen Texten; auch die Lautstärke insgesamt könnte auf Grund des kleinen Raumes ruhig etwas geringer ausfallen, zumal die Zielgruppe noch keine Hörprobleme haben dürfte. Die riesige Liste der heiratsfähigen jungen Damen Die Kölner Kinderoper heutiges Markenzeichen Fliegenpilz gibt es seit 15 Jahren, Elena Tzavara, Regisseurin mit griechischer Mutter, leitet sie in der zweiten Spielzeit. Sie will weg von verkürzten und vereinfachten großen Opern, will eigene Kompositionen, will weg von einer Märchenwald-Atmosphäre zu Gunsten eines fordernden Jugendtheaters. Sehr erfolgreich hat sie in dieser Spielzeit die Jugendoper Border im Palladium inszeniert (unsere Rezension), auch für die Schneewittchen-Inszenierung ist sie verantwortlich. Im September startet im Pfandhaus eine neue Reihe Am Pilz der Zeit ..., wo Schauspieler zeigen, wie man klassische und moderne Kinderliteratur spannend und humorvoll einfach unvergesslich darbietet.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Licht
Bühne und Kostüme
Dramaturgie
Solisten
Der König
Der Prinz
Der Narr
Jakob Grimm
Wilhelm Grimm
Aschenputtel
Stiefmutter/3. Elfe
Große Stiefschwester/1. Elfe
Kleine Stiefschwester/2. Elfe
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- Fine -