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Musiktheater
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Ariadne auf Naxos

Oper in einem Aufzuge nebst einem Vorspiel
Text von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss


Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (keine Pause)

Premiere im Opernhaus Köln am 26. November 2011

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Oper Köln
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Wie schade, dass Strauss die Ariadne nicht seriöser komponiert hat

Von Stefan Schmöe / Fotos: Oper Köln / Forster

Sie ist schon weit herumgekommen, diese Inszenierung der Ariadne auf Naxos von Uwe Eric Laufenberg, ist am Brüsseler Monnaie (1997) ebenso gespielt worden wie am Liceu in Barcelona; sie reiste nach Strasbourg, Tel Aviv und Bilbao, und zwischendurch trennten sich gar Regie (nach Berlin zur Komische Oper) und Bühnenbild (nach Turin). Edita Gruberova hat darin gesungen und auch Adrianne Pieczonka, Robert Dean Smith ebenso wie Dale Duesing. Das alles ist nicht ohne Stolz gleich am Anfang des Programmhefts notiert (drollig, diese Chronik neben dem von wechselseitigen Selbstgefälligkeiten nur so strotzenden Briefwechsel zwischen Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal, im Anschluss abgedruckt, zu lesen). Jetzt orientiert man sich in Köln an der „brüsseler Urversion“. Das klingt ja, als habe Laufenberg für diese künstlichste aller Strauss-Opern Rezeptionsgeschichte geschrieben. Nur: Warum sieht man das dem Geschehen auf der Bühne so wenig an?

Szenenfoto Krisenstimmung: Das Personal des Vorspiels erfährt, dass ernste Oper und Komödie gleichzeitig aufzuführen sind

Da ist natürlich das sehr eindrucksvolle Bühnenbild von Tobias Hoheisel, das berückend schön einen Saal im Stile der Wiener Sezession auf die Bühne stellt. Das ist offenbar eine Art Durchgangszimmer mit viel falschem Marmor im Haus des „reichsten Mannes Wiens“, und im zweiten Teil, der eigentlichen Ariadne-Oper nach dem einstündigen Vorspiel, geben die Vorhänge den Blick auf das Meer frei. Das fängt viel von der vermeintlichen Atmosphäre der Entstehungszeit der Oper ein (die erste Fassung entstand 1911 – das Gebäude der Secession in Wien 1908), blendet aber weitgehend aus, dass die Endfassung der Oper 1916 ziemlich unbeeindruckt vom Ersten Weltkrieg entstand (Jean-Pierre Ponelle hatte das in seiner Kölner Inszenierung aus den 70er-Jahren, die angesichts der Altersstruktur des Kölner Publikums noch so mancher Premierenbesucher im Kopf haben dürfte, viel stärker hervorgehoben). In diesem Rahmen funktioniert das ohnehin dankbar zu inszenierende Vorspiel sehr gut, und Laufenberg steuert eine liebevoll genaue Personenregie ohne Überraschungsmomente, aber mit viel Sorgfalt und Spielfreude bei. Für den viel problematischeren zweiten Teil, die „richtige“ Oper mit ihrer eigentlich unmöglichen Überlagerung von ernster heroischer Oper und komödiantischer Maskerade, da fehlt ihm allerdings eine tragfähige Idee.

Szenenfoto

Wechselnde Liebschaften: Zerbinetta und verflossene Gespielen

Das beginnt mit der Entscheidung, die Oper im gleichen Bühnenbild wie das Vorspiel anzusiedeln – wobei die Situation des „Theater auf dem Theater“ aufgehoben scheint, weil es zu wenig erkennbare Querbezüge gibt. Vielmehr scheint die Ariadne-Oper autark und unabhängig vom Vorspiel abzulaufen. Auf die gewohnten Pappmaché-Felsen der „wüsten Insel“, so die Regieanweisung, verzichtet man gerne (auf ein modernes, mit einem Handgriff auch in diesem Marmorsaal aufzubauendes Zelt, in das sich Zerbinetta und Harlekin zum Liebesspiel zurückziehen, freilich auch). Ariadne als suizidgefährdete Dame der Gesellschaft, die sich nach hohem Blutverlust in Fieberträume hineinsteigert und allerlei dionysisches Personal mit teilweise üppigen Genitalien visioniert, das sich wechselseitig umbringt – da verfängt sich Laufenberg in dem natürlich immer richtigen Doppelsystem von Eros und Thanatos, letztendlich aber in einem unverbindlichen Mummenschanz.

Szenenfoto Ariadne und Bacchus

Vor allem aber gelingt es Laufenberg nicht, die komödiantische Zerbinetta-Welt zu integrieren, die immer störend und letztendlich oft langwelig wirkt. Zerbinettas zentrale Szene („großmächtige Prinzessin“) findet weitgehend ohne Ariadne statt, ist viel mehr als Revue-Nummer mit Männerschar in Bademoden der 20er-Jahre angelegt, ohne erkennbaren Bezug zur Ariadne-Handlung und für's staunende Publikum bestimmt – was ja nicht falsch ist, nur müsste die Figur dann doch über konventionelle Soubrettenklischees hinaus kommen. Daniela Fally betreibt eine in jeder Note bewunderungswürdige Stimmakrobatie, glänzt in perlenden Koloraturen ebenso wie mit samtig strahlender Höhe, kokett fließendem Legato und einem nie zu leichten, sehr präsenten Ton. Die leise Wehmut, die ganz große Interpretinnen der Rolle aber auch noch mitschwingen lassen, die sucht man hier vergebens, da bleibt es bei der mitreißenden, nicht unbedingt bewegenden Bravourarie – vielleicht auch, weil die Regie eben auch nicht mehr daraus macht.

Barbara Havemann überzeugt als attraktive, wenig divenhafte Ariadne mit nicht zu großem, aber immer kontrolliertem und vollem Ton. Eine glatte Fehlbesetzung dagegen ist trotz einiger sehr schöner lyrischer Töne Marco Jentzsch, dem für die zugegeben undankbare Partie des Bacchus sowohl Höhe als auch Kraft fehlen – warum muss ein guter Mozart-Tenor sich (und dem Publikum) das schwere und derart offensichtlich überfordernde Heldenfach antun? Regina Richter singt den Komponisten engagiert und glutvoll, doch mit viel Druck auf die Stimme und dadurch etwas eindimensional in der Klangfarbe. Herausragend ist Johannes Martin Kränzle als immer klangschöner Musiklehrer mit feiner Ironie; Miljenko Turk als agiler, in der Höhe aber enger Harlekin hat sicher schon bessere abende an der Kölner Oper gehabt als diesen. Die hübschen, hellen und direkten Stimmen von Gloria Rehm (Najade) und Ji-Hyun An (Echo) mischen sich ziemlich schlecht mit dem apart abgedunkelten, allzu unscharfen Alt von Adriana Bastidas Gamboa (Dryade) zu einem dadurch unausgewogenen Terzett.

Szenenfoto

Letztendlich geht es, wie man hier schön sehen kann, um Eros und Thanatos

Die Probleme der Regie lassen sich auch auf den Dirigenten Markus Stenz übertragen. Am Pult des guten, im Finale exzellenten Gürzenich-Orchesters triftt er ganz hervorragend den kammermusikalischen Tonfall der Musik, die sich trotz kleiner Besetzung pathetisch aufschwingt, aber bei Stenz nie dick klingt und am Ende einen ganz eigenen, unverwechselbaren Ariadne-Tonfall mit Jugendstil-Klangfarben erhält, wie man ihn sich schöner kaum denken kann. Vorher ist viel, manchmal zu viel, aus der Rosenkavalier-Welt zu hören. Seine Probleme hat Stenz wie Laufenberg offenbar mit den Komödianten, für die er keinen eigenen Stil findet, deren Musik er im eleganten Parlando-Ton mehr vor Banalitäten retten als zu eigenem Recht kommen lassen will. Ganz bezeichnend für Szene und Musik ist der Einfall, kurz vor Schluss den Komponisten die Ariadne-Bühne betreten zu lassen und mit dem heroischen Sängerpaar abzugehen, als wolle er sagen: Das ist das eigentlich wichtige an dieser Oper, der Rest ist eben doch "eine niedrige Posse in italienischer Buffo-Manier", wie es im Vorspiel heißt. Dafür mag es ja Argumente geben (Laufenberg zitiert solche im Programmheft) aber warum spielt man dann ausgerechnet die schwierige Ariadne auf Naxos? Ausgerechnet auf diese zentrale Frage gibt die Regie (und auch die Musik) dann doch keine Antwort.


FAZIT
Diese Ariadne bleibt über weite Strecken an der – allerdings auf schönsten Hochglanz polierten – Oberfläche.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Markus Stenz

Inszenierung
Uwe Eric Laufenberg

Bühne
Tobias Hoheisel

Kostüme
Jessica Karge

Licht
Wolfgang Göbbel

Chor
Andrew Ollivant

Dramaturgie
Hans Nadolny


Statisterie der Bühnen Köln

Gürzenich-Orchester Köln


Solisten

Der Haushofmeister
Harald Kuhlmann

Ein Musiklehrer
Johannes Martin Kränzle

Der Komponist
Regina Richter

Der Tenor / Bacchus
Marco Jentzsch

Ein Offizier
Stefan Kohnke

Ein Tanzmeister
Martin Koch

Ein Perückenmacher
Sévag Serge Tachdjian

Ein Lakai
Yong Doo Park

Zerbinetta
Daniela Fally

Primadonna / Ariadne
Barbara Haveman

Harlekin
Miljenko Turk

Scaramuccio
Gustavo Quaresma Ramos

Truffaldin
Matias Tosi

Brighella
Jeongki Cho

Najade
Gloria Rehm

Dryade
Adriana Bastidas Gamboa

Echo
Ji-Hyun An


Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Oper Köln
(Homepage)





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