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Musiktheater
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Salome (konzertant)

Musikdrama in einem Aufzug
nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung in deutscher Übersetzung von Hedwig Lachmann
Musik und Text von Richard Strauss


in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 h 45' (keine Pause)

Premiere im Großen Haus des Musiktheaters im Revier am 20. Mai 2012


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Musiktheater im Revier
(Homepage)

Eindringliches Psycho-Drama

Von Thomas Molke / Fotos vom Pedro Malinowski


Nachdem das Musiktheater im Revier bereits in der letzten Spielzeit Richard Wagners Rheingold konzertant präsentiert hat, hat man auch in dieser Spielzeit wieder bei einer Produktion auf eine szenische Umsetzung verzichtet, was zum einen sicherlich einen Kosten sparenden Effekt haben dürfte, da die Rollen größtenteils mit Ensemble-Mitgliedern besetzt worden sind, zum anderen aber auch bei einem musikalisch so dichten Werk wie Strauss' Salome für den Zuhörer den Vorteil hat, sich ganz auf die Musik konzentrieren zu können, ohne von mehr oder weniger gelungenen Regieeinfällen abgelenkt zu werden. Die Wahl für Strauss' erfolgreiches Musikdrama mag in Gelsenkirchen vielleicht aber auch noch einen weiteren Grund gehabt haben. Betrachtet man das Programmheft und den Werbeflyer scheint diese Produktion in Gelsenkirchen einer Sopranistin gewidmet zu sein, die in den letzten vier Spielzeiten unter anderem als Verdis Aida, Strauss' Ariadne und Elisabeth I. in Brittens Gloriana die hohe Qualität des Hauses entscheidend mitgeprägt hat und ab der kommenden Spielzeit neue Wege gehen wird: Majken Bjerno.

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Narraboth (Lars-Oliver Rühl) und Salome (Majken Bjerno) (im Hintergrund: Rasmus Baumann)

So ist Majken Bjerno nicht nur während der kompletten 105 Minuten selbst in der ersten Szene, in der sich Salome eigentlich noch im Palast befindet, auf der Bühne präsent, sondern scheint auch die interpretierte Rolle in ihrer Mimik regelrecht zu durchleben. Überhaupt gibt es trotz der konzertanten Aufführung auch etwas zu sehen. So wird ein blass weißer Lichtkegel oben rechts an die Bühnenwand geworfen, der den besungenen Mond darstellt. Dieses Licht verlischt erst mit Salomes Tod am Ende der Oper. Auch zu Jochanaan wird eine räumliche Distanz geschaffen, wenn in den ersten beiden Szenen nur seine Stimme aus der Zisterne zu hören ist. Mark Morouse ist in diesen Szenen auf der rechten Seite hinter dem Orchester platziert, so dass sein herrlich tragender Bariton wie eine Stimme aus weiter Ferne mahnt. Nur unter den im Programmheft angekündigten Kostümen von Andreas Meyer hätte man sich vielleicht etwas Spektakuläreres versprochen als schwarze Anzüge für die Herren und Abendkleider für Majken Bjerno und Gudrun Pelker, die sie auch bei jedem normalen Konzertabend hätten tragen können. Allerdings bekommt man in manchen Inszenierungen ja auch nichts anderes geboten, und immerhin geht es hierbei ja in erster Linie um die Musik.

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Salome (Majken Bjerno) (im Hintergrund: Rasmus Baumann)

Und die kann sich in jeder Beziehung hören lassen. Mit unglaublichem Verve kitzelt Rasmus Baumann mit der Neuen Philharmonie Westfalen die teils schneidende Bitonalität und Dramatik aus der Partitur, die das Stück zu einem regelrechten Psycho-Thriller werden lässt. Großes Lob verdient Lars-Oliver Rühl als Narraboth der mit leuchtendem und absolut textverständlichem Tenor seine fatale Liebe zu Salome besingt. Dabei bewältigt er die Höhen geradezu spielerisch, ohne dabei zu forcieren. Auch Almuth Herbst begeistert als Page der Herodias mit wohl timbriertem und ebenfalls textverständlichem Mezzo. Eindringlich gestalten die beiden die erste Szene, in der der Page Narraboth vor der Gefahr warnt, die von Salome ausgeht. Parallel dazu lenken Joachim G. Maass und Sejong Chang als Soldaten die Aufmerksamkeit auf den eingesperrten Jochanaan, wobei Changs sehr junger Bass noch nicht die Tiefe besitzt, mit der Maass die Rolle ausstatten kann. Großartig gelingt auch das Streitgespräch der Juden über Gott in der vierten Szene, in der Hongjae Lim, E. Mark Murphy, Georg Hansen, Artavazd Zakaryan und Joachim G. Maass mit eindringlichem Geplapper demonstrieren, wie zerstritten sie sind.

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Herodias (Gudrun Pelker) und Herodes (William Saetre) (im Hintergrund: Rasmus Baumann)

Eine Idealbesetzung stellen Gudrun Pelker als Herodias und William Saetre als Herodes dar. Schon ihr Bühnenauftritt demonstriert, dass dieses Herrscherpaar sich das Leben gegenseitig zur Hölle macht. Pelker mimt dabei mit keifendem Mezzo eine zanksüchtige Frau, um die Herodes sicherlich kein Mann beneidet. Saetre findet ein herrliches Gleichgewicht zwischen schwachem Herrscher, der seinem Verlangen nach der bildschönen Salome erliegt, und einem Tyrann, der in seiner Willkür für das Volk unberechenbar ist. Eindringlich gelingen dabei seine nahezu hündischen Bitten, wenn er Salome zunächst anfleht, für ihn zu tanzen, koste es, was es wolle, und ihr hinterher demütig die schönsten Schätze anbietet, nur damit sie auf den geforderten Kopf des Jochanaan verzichtet. Dabei zeigt Pelker auch komödiantisches Talent, wenn sie mit überraschter Mimik von irgendwelchen Schätzen erfährt, die ihr Mann ihr verheimlicht hat.

Und zu guter Letzt ist Majken Bjerno zu nennen, die ein eindringliches Rollenportrait der Titelfigur abliefert. Wie sie sich in jugendlicher Naivität nach Jochanaan verzehrt, den sie anbetenden Narraboth aber gar nicht zur Kenntnis nimmt, macht sie schon allein dadurch deutlich, dass sie Lars-Oliver Rühl gar nicht ansingt, sondern sich häufig von ihm abwendet, während sie Mark Morouse in der dritten Szene nahezu gar nicht aus den Augen lässt. Auch wie ihre Verabscheuung des Stiefvaters allmählich dem Gefühl der Macht weicht, die sie über ihn ausüben kann, und sie sich kalt berechnend auf den Schleiertanz einlässt, ist mimisch hervorragend von Bjerno dargestellt. Der Wahn, der sie ergreift, nachdem sie den Kopf des Jochanaan in ihren Händen hält, äußert sich in bewusst schrillen Tönen. Ansonsten zeichnet sich ihr dramatischer Sopran mit großem Volumen in den tiefen Lagen und enormer Durchschlagskraft in den Höhen aus. Die Neue Philharmonie Westfalen präsentiert einen Schleiertanz, der vor Erotik knistert und vor dem geistigen Auge des Zuhörers Träume wahr werden lässt. Wenn sich Salome am Ende fragt, ob man ihrem Verlangen wirklich Folge leistet, entwickelt sich die Musik beim tiefen Gemurmel der Kontrabässe und dem Schlagen auf die Saiten zu einem Hör-Drama, mit dem man manchen Thriller kongenial untermalen könnte. Großen Applaus für einen packenden und eindringlichen Abend gibt es am Ende für alle Beteiligten.

FAZIT

Das Musiktheater im Revier hat bewiesen, dass auch eine konzertante Oper das Publikum fesseln kann und keineswegs langweilig sein muss. Ob man diese Spannung einer konzertanten Aufführung auch auf die Operette Der Zigeunerbaron übertragen kann, bleibt abzuwarten.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rasmus Baumann

Kostüme
Andreas Meyer

Künstlerische Umsetzung
Carsten Kirchmeier

Licht
Helmut Justus

Dramaturgie
Juliane Schunke

 

Neue Philharmonie
Westfalen

 

Solisten

Herodes
William Saetre

Herodias
Gudrun Pelker

Salome
Majken Bjerno

Jochanaan
Mark Morouse

Narraboth
Lars-Oliver Rühl

Ein Page der Herodias
Almuth Herbst

1. Jude
Hongjae Lim

2. Jude
E. Mark Murphy

3. Jude
Georg Hansen

4. Jude
Artavazd Zakaryan

5. Jude
Joachim G. Maass

1. Nazarener
Dong-Won Seo

2. Nazarener
Rafael Bruck

1. Soldat
Joachim G. Maass

2. Soldat
Sejong Chang

Ein Kappadozier
Dong-Won Seo

 


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