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Wiener Sittenbilder, leicht entschärft
Von Stefan Schmöe /
Fotos von Pál Csillag, Ungarische Staatsoper Budapest Diese Arabella müsse inszeniert werden, als handele es sich um die Uraufführung des Werkes, so äußert sich Regisseur Géza Bereményi in seinem Programmheftbeitrag. Da das Stück in Ungarn wenig Resonanz erfahren und bei großen Teilen des Publikums unbekannt sei, solle es unverfälscht durch Regiezutaten für sich selbst sprechen. Das ist kein ganz falscher Ansatz (auch wenn man der Opernbühne einer europäischen Metropole etwas mehr Mut und Vertrauen in die Aufnahmefähigkeit seines Publikums wünschen möchte), und so erzählt diese Produktion sehr brav und unaufgeregt in historischem Ambiente die Geschichte nach. Störend ist (neben der aufdringlich oft wechselnden Beleuchtung) allerdings, dass permanent im Hintergrund oder gar über dem eigentlichen Bühnenbild eine Winterlandschaft mit Schloss (eine Verweis auf die Ländereien von Artabellas unverhofft erscheinenden Brautwerbers Mandryka?) zu sehen ist, als künstlerisch nicht eben gelungener Prospekt ausgeführt. Weil die solide Personenregie recht ordentlich die Charaktere nachzeichnet (was bei den komödiantischen Aspekten besser gelingt als in den ernsten Momenten), sieht das trotzdem nicht allzu sehr nach Ausstattungstheater aus und erzeugt in den besseren Momenten tatsächlich einige Spannung. Arabella (Eszter Sümegi)
Es zeigt sich aber auch, dass die zu inszenierende Wahrheit nicht unbedingt im Libretto, schon gar nicht in den Regieanweisungen liegt, sondern zwischen den Zeilen gelesen und vor allem aus der Musik herausgehört werden muss das gelingt Bereményi in seiner sehr konventionellen Erzählweise nicht immer. Arabellas Arie (die sich dann zum Duett weitet) Aber der Richtige, wenn's einen gibt für mich auf dieser Welt, das sollte dann doch mehr als gepflegte Konversation unter unverheirateten Schwestern und müsste auch in einer solchen Regie dementsprechend pointiert werden nicht nur da bleibt die Produktion doch sehr an der Oberfläche. Schlimmer aber ist, dass Bereményi sich selbst letztendlich untreu wird und den Schluss abwandelt. Ein utopisches Finale im Treppenhaus eines billigen Hotels, wie Strauss und Hofmannsthal vorschreiben - ob ihm selbst das zu viel der Zumutung für sein Publikum erschien? Jedenfalls entschwindet die Treppenhauskulisse in den Schnürboden und der Ballsaal des zweiten Aufzugs wird für die das Stück beschließende Szene zwischen Mandryka und Arabella noch einmal herangefahren. Damit gleitet aber nicht nur die Ästhetik endgültig in den Kitsch ab, sondern zugunsten des vermeintlich schönen Bildes (oder soll man sagen: Der allereinfachsten Opernkonvention mit Anrecht auf den ungebrochen schönen Schluss?) wird die Oper eben nicht im Original, sondern mit abgemildertem Schluss erzählt dem Werk gerecht wird man so sicher nicht. Zdenka (Rita Váradi)Foto: Pál Csillag, Ungarische Staatsoper Budapest
Dabei steht mit Stefan Soltész ein Dirigent am Pult des sehr guten Orchesters, der große, aber nie sentimentale Oper veranstaltet. Der Essener Generalmusikdirektor hat nicht zuletzt mit seinen Strauss-Interpretationen seine Essener Philharmoniker zu einem der besten deutschen Opernorchester gemacht; das Orchester der Budapester Staatsoper klingt im Vergleich wärmer und weicher, man könnte auch sagen: plüschiger, die Interpretation ist dadurch etwas konventioneller als man es in Essen gewohnt ist. Aber die großen Bögen sind ebenso ausgehört und durchgestaltet wie die Details. Und auch wenn Soltész die schönen Stellen recht streng angeht und keineswegs zu dick aufträgt, dafür aber insgesamt einen sehr eleganten Tonfall pflegt und die Oper als sehr homogenes Werk gestaltet, gibt es sie dann doch, die berückend schönen Momente.
Arabella (Bernadett Wiedemann) und die Lartenaufschlägerin (Zsuzsanna Fülöp)
Mit Eszter Sümegi ist die Titelpartie großformatig besetzt. Stimmlich in allen Belangen souverän trumpft sie mitunter fast zu sehr auf nach einem jungen Mädchen auf der Suche nach der großen Liebe hört sich das nicht unbedingt an, ist zugegebenermaßen auch nicht so komponiert da hört man viel mehr eine Wiedergängerin der Rosenkavalier-Marschallin (die sie in Budapest ja ebenfalls singt, siehe unsere Rezension nebenbei: gerade der Budapester Rosenkavalier zeigt, dass man Strauss konventionell inszenieren kann, ohne bieder zu werden). Aber auch wenn das eine oder andere Detail allzu selbstsicher und allzu strahlend erklingt eine Arabella, die jeden Ton und jeden Aufschwung so fulminant aussingen kann, findet man nicht allzu oft. Ensemble (3. Aufzug)Foto: Pál Csillag, Ungarische Staatsoper Budapest
Der Däne Frank Larsen Morten ist ein sehr nobler, durchaus stimmgewaltiger (aber immer überaus kultivierter) Mandryka, allerdings mit deutlichen Problemen bei den sehr hohen Tönen. Bravourös ist die jubelnde Zdenka von Zita Váradi, glutvoll und nicht zu leicht von der Stimmé. Tenor Dániel Pataki Potyók ist ein hell timbrierter und etwas enger, aber nicht zu greller, höhensicherer und konditionsstarker Matteo. Sicher in den Koloraturen, aber stimmlich etwas leichtgewichtig ist die Fiakermilli von Erika Miklósa. Bernadett Wiedemann als stimmgewaltige, aber zum Forcieren neigende Mutter Adelaide und Lázsló Svétek als etwas unausgeglichener, aber charmant komödiantisch agierender Vater passen sich ordentlich ein; die drei gräflichen Verehrer Arabellas bleiben bei ihren kurzen Auftritten stimmlich ziemlich blass. FAZIT Musikalisch hat diese Arabella insgesamt sehr gutes Format. Szenisch gibt sich die Budapester Staatsoper mutlos: Die ohnehin sehr konventionelle, aber an sich solide Regie endet leider in Operettenpeinlichkeit.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Chor
Solisten
Arabella
Mandryka
Zdenka
Graf Waldner
Adelaide
Matteo
Elemer
Dominik
Lamoral
Fiaker-Milli
Kartenaufschlägerin
Welko
Zimmerkellner
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