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Ein fröhlicher Spaß im doublierten OpernhausVon Michael Cramer / Fotos von Thilo Beu
Das Design des Opernhauses einschließlich des gespiegelten Intendantenbalkons geht nahtlos auf die Bühne über optisch eine hübsche Idee (Bühne und Kostüme: Stefan Riekhoff) und gleichzeitig ein Fingerzeig, dass wir eigentlich alle in diesem Spiel um Liebe, Eifersucht, betrogene Ehepartner und listige Rache mitspielen. Kein 17. Jahrhundert, sondern die Zeit in den 60ern, mit hübschen Kostümen und einem Falstaff, der in Umfang und Beinkleid an den berühmten Obelix erinnerte. Ensemble im chaotischen und durchlöcherten Wohnzimmer
Der Schweizer Tom Ryser, quirliger und vielschichtig beschäftigter Regisseur, Choreograf und Schauspieler, hat aus der etwas angestaubten, nur im deutschen Sprachraum und nicht allzu oft gespielten Nicolai-Oper Die lustigen Weiber von Windsor ein durchweg hübsches Sommertheater gezaubert, welches auch Opernbesucher anlocken dürfte, denen Wagner und Verdi einfach zu schwer ist. Die Oper muss sich im Angebot breit aufstellen, um gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ihre Berechtigung zu unterstreichen. Otto Nicolai war zu Lebzeiten ein geachteter Musiker, wenngleich seine Werke bis auf Die lustigen Weiber weitgehend in Vergessenheit gerieten. Übertrumpft wurde er dann 50 Jahre später von Verdi mit Falstaff, dem letzten Meisterwerk des greisen Italieners. Aber kein Grund, Nicolai in der Versenkung verschwinden zu lassen, wie die durchweg eindrucksvolle Aufführung in Bonn und die eingängige, romantische, klanglich raffinierte Musik mit vielen Ohrwürmern zeigt. Zwar ist Verdis Falstaff ein intellektueller Trinker, während er bei Nicolai eher nur säuft. Aber mit dem Derben, Komischen und Heiteren dieser Oper kann man gut leben, man muss nicht immer tief schürfen; das Premierenpublikum im voll besetzten Hause war - gemessen am Applaus - hoch zufrieden. Falstaff auf Freiersfüßen: Soledad Maria Steinhardt, Melina Faka, Bea Nichele Wiggli (Elfen), Philipp Meierhöfer (Sir John Falstaff), Julia Kamenik (Frau Fluth)
Die beweglichen Opern-Seitenwände öffnen den Blick auf eine popartig bunte Landschaft mit knallgrüner Wiese, strahlend blauem Himmel und einer echten englischen Telefonzelle, auf der Falstaff von der Mutterbrust schwärmt. Sie lassen sich schließen zum Wohnraum mit einem engen Spalt, durch die sich die korpulenten Herrn unter allgemeiner Heiterkeit durchzwängen müssen. Und sie können partiell demontiert werden, um etwa dem Herrn Fluth das Suchen und um dem Chor als lauernder Meute den Blick auf das Intrigenspiel zu ermöglichen. Zu einer Sommernachstraum-Stimmung passen auch die zahlreichen Luftballons und die Elfenkostüme des Chores und der Protagonisten in der mondbeschienenen Schlussszene. Schon einfach hübsch anzuschauen - wenn nicht die Personenführung und Bewegungsregie einige Wünsche offen ließ. Die Rache des Ehemannes wird geplant: Melina Faka, Soledad Maria Steinhardt, Bea Nichele Wiggli (Elfen), Philipp Meierhöfer (Falstaff), Giorgos Kanaris (Herr Fluth)
Der Heiratskandidat Fenton (Randall Bills) ließ den körperlichen Charme, seine angebetete Anna (Emilya Ivanova) für sich zu gewinnen, schon ein wenig vermissen. Auch Falstaff (Philipp Meierhöfer) hatte zwar das notwendige Außen- und komödiantisches Spielformat, es fehlte aber schon ein Stückchen, um seine vermeintliche Würde und gleichzeitige Dummheit wirklich glaubhaft zu machen. Insbesondere bei den langen Arien und auch im steifen Schlussbild bewegte sich kaum jemand, außer vielleicht die Sänger selbst wenn die Regie nicht drei Ballett-Elfen (Melina Faka, Soledad Maria Steinhard und Bea Nichele Wiggli) erdacht hätte, entsprungen wie aus dem Sommernachtstraum. Entzückend in Optik, Bewegung und Mimik organisierten sie die Geschichte quasi unsichtbar, zogen den Vorhang auf und zu, bauten einen Schrank auf, schleppten Möbel und Getränke, musizierten, foppten jedermann und wickelten Falstaff in eine Pappröhre ein, um ihn dann bekannterweise ins Wasser zu befördern. Ein Glück, denn diese Damen halfen sehr originell über manchen Durchhänger der Inszenierung hinweg. Schlussszene im Park: Bea Nichele Wiggli, Soledad Maria Steinhardt, Melina Faka (Elfen), Ensemble
Stimmlich waren keinerlei Ausfälle zu vermelden, gesungen wurde durchweg auf sehr ordentlichem Niveau; die Palme gebührt Emilya Ivanova für ihre klangvolle und überzeugende Darstellung der Anna. Aber auch die beiden lustigen Weiber (Julia Kamenik als Frau Fluth und Anja I. Bartz als Frau Reich) sollten hier für ihren höhensicheren klaren Sopran bzw. fülligen Mezzo besonders erwähnt werden, ebenso wie der sonore, sehr bewegliche Bass des Sir John Falstaff; schon ein besonderer Genuss. Die Herren der Schöpfung Fluth (Giorgos Kanaris) und Reich (Ramaz Chikviladze) sowie die weiteren Heiratskandidaten Junker Spärlich (Mark Resenthal) und Dr. Cajus (Piotr Micinski) fügen sich mit ordentlichen Stimmen angenehm in das Team ein. Das Beethoven-Orchester unter dem stellvertretenden GMD Robin Engelen, einem kölschen Jung in Bonn, musizierte manchmal etwas kräftig, aber sehr spritzig und mit feurigem Elan, wenn es auch bei manchen szenischen Übergängen etwas hakte. Der von Ulrich Zippelius einstudierte Chor meisterte seine Rolle gesanglich und szenisch tadellos.
Eine optisch durchweg hübsche und originelle Inszenierung mit sehr ordentlichen Gesangsleistungen und einem spritzigen Orchester. Die Bewegungsregie lässt kleinere Wünsche offen, dafür sind die Sommernachtstraum-Nixen fast ein Highlight des Abends. Gut geeignet, um Opern-Muffel zu reaktivieren. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Choreinstudierung
Dramaturgie
Solisten
Sir John Fastaff
Herr Fluth
Herr Reich
Fenton
Frau Fluth
Frau Reich
Anna Reich
Dr. Cajus
Junker Spärlich
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