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Premiere im Opernhaus Kassel am 7. Mai 2011 Lorenzo Fioroni ist am Staatstheater Kassel
zum
Wagner-Spezialisten ernannt worden. Nach seinen eigenwilligen, aber
charismatischen Inszenierungen des Fliegenden Holländers und der Meistersinger von Nürnberg greift der Regisseur nun zum Lohengrin - und
greift kräftig daneben. Den ersten Akt hat Fioroni in die Zeit der
französischen
Revolution verlegt. Üppige Kostüme (Sabine Blickenstorfer)
und ein wunderschönes
Bühnenbild (Paul Zoller) schmeicheln dem Auge. Die Revolution
klopft nicht nur
lautstark an die Tür, sie dringt auch mit aller Macht in den
Thronsaal. Bauern
mit Heugabeln plündern und verwüsten, nehmen Adelige gefangen
und werden erst durch
die Erscheinung eines himmlischen Helden wieder beruhigt. Sie unterwerfen sich mit Handküssen dann doch
wieder ihrem König. Das ist weder Zufall noch göttliche
Fügung, sondern ein
abgekartetes Spiel. Während des Vorspiels berichtet Elsa dem
König von den
anstehenden Problemen. Dieser engagiert einen Schauspieler, der als
deus ex machina
mit viel Brimborium und barockem Bühnenzauber samt Feuerwerk im
Flugwerk aus dem
Schnürboden herabschweben soll. Der Plan geht auf. Die Himmel
öffnen sich, die
Monarchie ist gerettet. Ach ja, da ist auch noch Elsa, die bei der
ganzen
Geschichte fast in den Hintergrund gerät. Um den Helden ist sie
nicht zu
beneiden: Lohengrin ist in seiner arroganten Selbstverliebtheit ein
Ekelpaket –
aber in seinem barocken Kostüm mit Pumphosen, Puffärmeln und
Strahlenkranz zumindest
ein güldenes. Das mittelalterliche Gottesgericht wirkt hier arg
deplaziert,
vielleicht wird deshalb zum a -capella-Quintett Menuett getanzt.
Lohengrin
kämpft nicht, sondern wehrt durch andere Mächte Telramunds
Schläge ab. Telramund (Espen Fegran), Ortrud (Lona
Culmer-Schellbach) Telramund und Ortrud verbleiben am Schluss
als vereinsamte
Anführer der Revolution, die verzweifelt aber jetzt unbeachtet die
Fahne der
Freiheit schwenken. Wasser, Wolken und der
Schwan auf dem Flugwerk werden mit
den Mitteln der barocken Bühnentechnik dargestellt – sind aber im
heutigen
Comic- bzw. Computeranimations-Stil gezeichnet. Das Haupt-Szenenbild
reicht nicht ganz bis an die Seiten des
Proszeniums, so dass auch die Arbeit hinter der Bühne sichtbar
wird.
Kostümschneider, Maskenbildner, und Bühnentechniker werden
von Lohengrin
instruiert. Das verdeutlicht, dass kein Wunder geschieht, sondern eines
vorgegaukelt wird. Die Bühnenarbeiter sind fast alle
dunkelhäutig und tragen
Sklavenkleidung. Das kann eine ironische Anspielung auf die
Rollenverteilung eines
Theaterbetriebes sein, führt uns aber vor allem in den zweiten
Akt. Hier befinden wir uns in den amerikanischen
Südstaaten, kurz
vor dem Bürgerkrieg und der Sklavenbefreiung. Telramund wird von
einem Aufseher
(dem Heerrufer) vor den Augen der anderen Sklaven, die als
Dienstmädchen und
Butler kostümiert sind, ausgepeitscht und ist nicht verbannt,
sondern zum
Sklaven degradiert. Während des Duetts mit Ortrud müssen
beide beim Vorbereiten
eines Picknicks mitarbeiten. Elsa lässt sich sehr romantisch im
Kreis des nun wie eine
grüne Lichtung beleuchteten, die Bühne im halbrund
begrenzenden
Streifenvorhangs nieder. Einen kurzen Moment denkt man an die
Bühnenbilder
Neu-Bayreuths. „So zieht das Unheil in dies Haus!“ singt Telramund
nicht für
sich, sondern verstellt Elsa dabei den Rückweg ins Haus. Die
ankommenden Gäste errichten ein Kreuz in der Mitte der
Bühne, an das Elsa ihren Brautstrauß steckt (der dann
später von Lohengrin
wieder abgenommen und Elsa zurückgegeben wird. Duldet er keinen
Gott neben
sich?). Elsa (Edith
Haller), Ortrud (Lona Culmer-Schellbach), Chor
Den Sängern gelingt dies
auch nur sehr bedingt. Martin
Homrich gibt sein Debüt als Lohengrin und demonstriert mit einer
sehr
unausgewogenen Leistung, dass er für diese Rolle noch sehr viel
Entwicklungspotenzial besitzt. Mario Klein verfügt über
schönes Material, doch
die Stimme ist zu klein für den König. Er klingt fast immer
angestrengt und zu
schwach. Lona Culmer-Schellbach gehört seit Jahrzehnten zum
Ensemble
und man hat ihr viele großartige Abende zu danken. In der
vorletzten Lohengrin-Produktion
stand sie als Elsa auf der Bühne, hat aber schon vor vielen Jahren
die
Sopranpartien verlassen und sich dem Mezzo-Fach gewidmet.
Zwischenzeitlich hat
sie eine Stimmkrise glücklich bewältigt, stößt
jetzt aber immer stärker auf
stimmliche Grenzen, die sie auch mit ihrer immer noch enormen
Bühnenpräsenz nicht
kaschieren kann. Die Partie der Ortrud liegt nunmehr jenseits ihrer
Möglichkeiten. Einen soliden Heerrufer lässt Mark Morouse
hören. Edith
Haller überzeugt mit intensiver szenischer Gestaltung als Elsa und
lässt dabei
wunderschöne, zumeist kristallklare Töne hören. Ihr
Sopran klingt dabei
allerdings eher unbeweglich, wie zu fest aneinander gereihte Perlen,
die auch
schon mal scharfe Kanten haben können. Den besten Eindruck
hinterlässt Espen
Fegran, der als Telramund mit seinem kernigen Bariton eine ideale
Verbindung
von kultivierter Stimmkraft und eindrucksvoller Bühnenpräsenz
demonstriert. Ein besonderes Lob gebührt Marco Zeiser
Celesti, der den
Chor für eine grandiose Leistung vorbereitet hat. GMD Patrik
Ringborg hat keine Scheu vor
bombastischen Klängen und klanglichen Effekten durch Platzierung
von
Blechbläsern im Zuschauerraum, kann aber auch mit den sanften
Klängen des
zweiten Aktes berühren und bewegen. Das Staatsorchester folgt ihm
willig und
engagiert. Kleinere Patzerchen und Ungenauigkeiten fallen da kaum ins
Gewicht. Wieder einmal hat ein Regisseur eine Idee
über ein Werk
gestülpt. Wer so etwas mag, möge sich sein eigenes Urteil
bilden. Ich finde es
scheußlich. Sängerisch gibt es mehr Schatten als Licht –
aber einen grandios
singenden Chor. Musikalische
Leitung
Inszenierung
Bühnenbild Kostüme Chor Dramaturgie
Staatsorchester
Kassel Opernchor, Extrachor Statisterie des
Heinrich
der
Vogler,
Lohengrin Elsa
von
Brabant Friedrich
von
Telramund Ortrud,
seine
Gemahlin
Der
Heerrufer
des
Königs Vier
brabantische Edle Vier
Edelknaben Weitere
Informationen
Lohengrin
Romantische Oper in drei
Akten
Musik und Text von Richard Wagner
Aufführungsdauer: 5 Stunden (zwei Pausen)
Staatstheater Kassel
(Homepage)
Der Held, der
keiner war
Von Bernd
Stopka / Fotos N. Klinger
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Produktionsteam
Patrik Ringborg
Lorenzo Fioroni
Paul Zoller
Sabine Blickenstorfer
Marco Zeiser Celesti
Merle Clasen
Dorothee Hannappel
und Kinderchor des
Staatstheaters Kassel
Staatstheaters Kassel
Solisten
deutscher König
Mario Klein
Martin Homrich
Edith Haller
Espen Fegran
Lona Culmer-Schellbach
Mark Morouse
Manfred Bettenhäuser,
Seong Ho Kim
Ji Hyung Lee
Bernhard Modes
Andrzej Tymczuk
Mitglieder des
Kinderchores CANTAMUS
erhalten Sie vom
Staatstheater
Kassel
(Homepage)
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