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Musiktheater
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Die Liebe zu den drei Orangen

Oper in vier Akten und einem Prolog
Text vom Komponisten nach Carlo Gozzi
Deutsch von Jürgen Benthien und Eberhard Sprink
Musik von Sergej Prokofjew



in deutscher Sprache mit Übertiteln
Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere im Theater Krefeld am 2. Oktober 2010



Homepage

Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)
Komödie. Oder doch mehr Schwank. Auf jeden Fall gutes Ensembletheater.

Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Stutte


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Im Spielkartenland: Die Zauberer Tschelio und Fata Morgana spielen um das Schicksal des Prinzen

„Bist Du ein Zauberer, oder bist Du vom Theater?“ Das ist in der Liebe zu den drei Orangen nicht immer ganz klar. Sergej Prokowjew wirbelt die unterschiedlichen Ebenen kräftig durcheinander, gleich im Prolog schon, in dem verschiedene Gruppen von Theaterbesuchen darüber streiten, was gespielt werden soll: Tragödie, Komödie, romantisches Liebesstück oder Schwank. Dieses Publikum im Theater auf dem Theater greift immer wieder ein, und solche Vielschichtigkeit dürfte den Komponisten mehr interessiert haben als der eigentliche Märchenstoff. Antirealistisch, antipsychologisch, auch antipathetisch soll diese Oper sein, zwischen 1919 und 1921 entstanden, und stellt sich damit gegen die große romantische Oper und ihre Nachfahren wie Richard Strauss oder Giacomo Puccini. Tempo, Witz und Ironie statt großem Pathos – wobei Prokofjew keineswegs so radikal war, alles über Bord zu werfen. In den einzelnen Szenen nämlich darf sich die Musik durchaus entfalten, 'mal impressionistisch zart, dann wieder grell und scharf.

Vergrößerung in neuem Fenster Die Bösen: Prinzessin Clarisse, Minister Leander und Smeraldina

In Krefeld beschwören Chefdirigent Graham Jackson und die sehr guten Niederrheinischen Sinfoniker die vielfältigen Klangfarben äußert plastisch herauf. Übervater Richard Wagner klingt immer wieder an, wobei er von Prokofjew selten exakt zitiert, aber oft mitgedacht wird. Es wagnert gehörig durch den Abend, aber immer sehr differenziert und transparent. Manchmal klingt das alles fast zu schön, könnte noch mehr parodistisch aufgeladen sein.

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Der Prinz zwischen König und Höfling Pantalon

Natürlich steht in der Regieanweisung, dass König Treff gekleidet sein soll wie der König im Kartenspiel, und das Kartenspiel selbst hat ja auch dramaturgische Funktion (die Zauberer spielen Karten um das Schicksal des Prinzen). Dennoch wirkt das Bühnenbild (Ausstattung: Robert Schrag) mit aus überdimensionalen Spielkarten gefalteten Türmen und Begrenzungen ein wenig behäbig. Überzeugender sind Schrag die meisten Kostüme gelungen, etwa das vertrottelte Aussehen des Prinzen, der, kaum von einer Dauerdepression genesen, per Fluch zur Liebe zu den drei berühmten (aber märchenhaft schwer zu erlangenden) Orangen verdonnert wird. Dennoch bleibt die Märchenhandlung ein buntes, aber harmloses Spektakel, das recht brav der Vorlage folgt, ohne deren Absurdität vollends auszureizen – ein tieferer Interpretationsansatz lässt sich da nicht erkennen.

Vergrößerung in neuem Fenster Hofnarr Truffaldino in den Fängen der unheimlichen Köchin

Die Vorzüge der wenn auch nicht übermäßig witzigen, so doch durchweg amüsanten Inszenierung liegen in der ordentlichen und recht detaillierten Personenregie. Da bewährt sich ein spielfreudiges Ensemble ohne Ausfälle, aus dem musikalisch die beiden Tenöre herausragen: Daniel Kirch ist zwar mehr Spiel- als Heldentenor und etwas eng in der Höhe, gestaltet den Prinzen aber facettenreich und mit dem richtigen Maß zwischen Ernst und Karikatur. Markus Heinrich hat als Truffaldino die „direktere“ Stimme mit mehr metallischem Glanz, den er kontrolliert einsetzt. Aber auch in den vielen anderen Partien hört man durchweg Erfreuliches: Das ist schönstes Ensembletheater, wie es vielleicht vor 30 Jahren an den Stadttheatern die Regel war, heute bei geschrumpften und zusammengestrichenen Personalplänen aber kaum noch zu realisieren ist. Umso mehr wiegt, dass die Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld Mönchengladbach, die sich finanziell hart am Rande des Abgrunds bewegen müssen, diese Kultur bewahren können.

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Fast am Ziel: Der Prinz und die letzte der drei Orangen

Überhaupt kann man die Aufführung auch so sehen, dass hier unprätentiös Repertoirepflege betrieben wird, die nicht nach irgendwelchen Regietheatersternen greift, aber solide das Stück in den Mittelpunkt stellt. Anteil daran haben nicht zuletzt die klangprächtigen Chöre, die hier, auch szenisch gefordert, Beachtliches leisten, auch wenn es (noch) ein paar Wackler zwischen Chor und Orchester gibt. Und noch etwas ist erwähnenswert: Es wird, im Chor wie von den Solisten, durchweg textverständlich gesungen, sodass die Übertitel weitgehend entbehrlich sind.


FAZIT

Nicht unbedingt eine spektakuläre, aber eine durch und durch solide Produktion. Familientauglich.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Graham Jackson

Inszenierung
Ansgar Weigner

Bühne und Kostüme
Robert Schrag

Chor
Heinz Klaus
Maria Benyumova

Dramaturgie
Ulrike Aistleitner



Statisterie des Theater
Krefeld Mönchengladbach


Solisten

* Besetzung der Premiere

König Treff / Köchin / Herold
Matthias Wippich

Der Prinz, sein Sohn
Daniel Kirch

Prinzessin Clarisse, Nichte des Königs
Eva Maria Günschmann

Leander, Erster Minister
Christoph Erpenbeck

Truffaldino, ein Spaßmacher
Markus Heinrich

Pantalon, ein Höfling / Farfarello, ein Teufel
Michael Kupfer

Tschelio, ein Zauberer
Hayk Dèinyan

Fata Morgana, eine Zauberin
* Janet Bartolova /
Dara Hobbs

Linetta
Nele van Deyk

Nicoletta
Marianne Thijssens

Ninetta
Isabelle Razawi

Smeraldina
Susanne Seefing

Zeremonienmeister
Ben Heijnen /
* Rochus Triebs



Weitere
Informationen

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Theater Krefeld-
Mönchengladbach

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