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Samson und Dalila

Oper in drei Akten
Text Ferdinand Lemaire nach dem Libretto von Voltaire
Musik von  Camille Saint-Saens


In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Dauer: 3 Stunden – zwei Pausen
Premiere am 15. Oktober 2010

Homepage des Badischen Staatstheaters Karlsruhe
Badisches Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)

Schwach inszeniert


Von Christoph Wurzel / Fotos: Jacqueline Krause-Burberg
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Karlsruhe hat sich für diese Produktion einen Weltstar gesichert: José Cura, den argentinischen Spitzentenor, der auch gerade in der Rolle des Samson weltweit gefragt ist. Und Cura hat sich viel zugetraut - nicht nur die Hauptrolle wollte er singen, sondern auch noch die Regie übernehmen samt Entwurf von Kostümen und Bühnenbild. Nun sind an diesem Stück schon erfahrene Regisseure gescheitert. Und leider auch Cura, der die Tenorrolle wirklich perfekt beherrscht, hier aber erst seine zweite Regiearbeit abliefert, hat dieser Oper von  der verräterischen Verführung des Hebräerhelden Samson durch den Sexappeal der heidnischen Priesterin Dalila kaum überzeugende Seiten abgewinnen können.

 

 

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Kraftlos im Ölfeld-Arbeitslager: Samson (rechts erhöht sitzend: José Cura) und die Hebräer (Badischer Staatsopernchor)

 

Im Programmheft hat Cura dieser Geschichte aus dem Alten Testament, dem es ja an blutrünstigen Konfliktlösungen nicht mangelt, einige Aussagen unterlegt, die aber so neu nicht sind. Denn wer wollte bestreiten, dass Gewalt Hass und Hass neue Gewalt erzeugt und wer wollte nicht hoffen, dass es endlich einmal Generationen gibt, die diesen Teufelskreis durchbrechen? Kinder waren schon oft szenische Symbole derartiger Wunschträume. So auch in dieser Inszenierung: Die Kinder der Hebräer und die Kinder der Philister, der verfeindeten Volksstämme in dieser Oper, versuchen sich in Fronten überbrückenden Friedensgesten – eine Konstruktion, die im Libretto so nicht steht und hier auf der Bühne auch nur als Zutat ein Fremdkörper bleibt, auch weil die politische Gewalt als historische Folie der Handlung sich kaum zur szenischen Realität verfestigt. Für das von ihm ausgemachte Hauptmotiv der Oper Gewalt und Machtgier hat Cura als Bühnenbildner ein Symbol gewählt, das einfach nicht den Kern der Handlung trifft: Öltürme. Denn weder im biblischen Stoff, noch im beginnenden Industriezeitalter der Entstehungszeit dieser Oper steht darin irgendeine Form wirtschaftlicher Ausbeutung im Mittelpunkt. Gerade die beiden Konnotationen aber, die dieses Stück beherrschen, bleiben bei dieser Regie unterbelichtet: die religiöse und die erotische.

 

Vergrößerung in neuem FensterEinschläfernder Verführungsversuch: Dalila (Julia Gertseva) und Samson (José Cura)

Diese beiden aber sind die Mächte, die sich in dieser Oper zu unheiliger Allianz verbinden. Die aus religiösem Eifer und nationalem Hass handelnde Dalila bleibt in Karlsruhe eine Verführerin auf Sparflamme, daran ändert auch die beeindruckend voluminöse und makellos geführte Mezzostimme von Julia Gertseva nicht viel. Es knistert einfach nicht - weder zu Beginn des 2. Akts beim erotischen Vorglühen im Lesbennest (mit zahlreichen Gespielinnen aus dem Bewegungschor) noch in der eigentlichen Verführungsszene mit Samson, wo auch laszives Geräkel nicht weiterhilft. Dabei müht sich Jochem Hochstenbach mit der vorzüglich aufspielenden Staatskapelle heftig, so viel Atmosphäre aus der Musik herauszulocken wie möglich. Er lässt die Klangfarben reich schillern und kostet die sinnliche Chromatik aus. Auch Cura selbst singt sich prächtig durch die Partie, heldisch genug, mit einigen Allüren freilich (Schluchzer und Schleifer), auch lyrisch und innig, aber er spielt derart sediert, dass  stellenweise die Handlung auf der Stelle tritt und damit prompt in die entscheidende Falle tappt, die bereits im dramaturgisch schwachen Handlungsgerüst des Librettisten angelegt ist: Er fällt dem oratorischen Grundgestus der Oper zum Opfer. Nichts von den Leerstellen und Widersprüchen vermag dieses Regiekonzept zu erklären oder aufzulösen.

So bleibt der Szene nicht viel übrig, als die Kulisse für eine musikalisch gleichwohl gelungene Präsentation abzugeben, in der auch die Nebenrollen (Stefan Stoll als heidnischer Priester und  Lukas Schmidt als Philistergeneral) sehr gut besetzt sind. Da  verwundert es auch nicht mehr, wenn selbst der dramatische Höhepunkt verpufft und am Schluss der Philistertempel nur in Zeitlupe und nicht einmal vollständig zusammenstürzt - kraftlos wie diese ganze Inszenierung. 

 

Fazit

 

José Cura war als Sänger überragend. Aber inszenieren hätte er nicht sollen.


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(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

 

Musikalische Leitung
Jochem Hochstenbach

Regie und Ausstattung
José Cura

Chor
Ulrich Wagner

Licht
Gerd Meier

Dramaturgie
Annabelle Köhler

 

Badische Staatskapelle

Badischer Staatsopernchor

Extrachor des
Badischen Staatstheaters

Statisterie des
Badischen Staatstheaters


Solisten

Dalila  
Julia Gertseva

Samson
José Cura

Oberpriester des Dagon
Stefan Stoll

Abimelech, Befehlshaber der Philister
Lukas Schmid

Der alte Hebräer
Ulrich Schneider (Stimme)
Walter Schreyeck (Darsteller)

Kriegsbote
Andreas Heidecker

Erster Philister
Sebastian Haake

Zweiter Philister
Alexander de Paula


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Badischen Staatstheater
Karlsruhe

(Homepage)



Da capo al Fine

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