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Partenope
 

Oper in drei Akten, HWV 27

Text nach Silvio Stampiglia
Musik von Georg Friedrich Händel
 


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln


Aufführungsdauer: ca. 3h 10' (eine Pause)

Premiere im Badischen Staatstheater am 19. Februar 2011
(im Rahmen der 34. Händel-Festspiele 2011)
 


 

 



Badisches Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)

Kampf am Billardtisch

Von Thomas Molke / Fotos von Jacqueline Krause-Burberg (Badisches Staatstheater Karlsruhe)

Händels Oper Partenope nimmt sicherlich im Schaffen des Hallenser Komponisten eine Sonderstellung ein. So erfüllt das am 24. Februar 1730 im Londoner King's Theatre uraufgeführte Werk auf den ersten Blick alle Anforderungen an eine opera seria: Die Figuren stammen alle aus der höchsten sozialen Schicht, und die Titelfigur selbst geht auf eine mythologische Gestalt, nämlich die sagenhafte Gründerin der Stadt Neapel, zurück. Auch die Liebeswirrungen, die die Protagonisten erleben, können als durchaus typisch für dieses Genre bezeichnet werden. Die Komik, mit der die Geschichte erzählt wird, scheint aber bereits ein wenig den Geist der späteren opera buffa zu atmen und erklärt, warum das Werk sich in der damaligen Zeit großer Beliebtheit erfreute. Das Libretto, das auf einer Vorlage von Silvio Stampiglia basiert, ist literarisch gesehen sicherlich eines der besten der damaligen Zeit und auch für die heutige Zeit noch sehr modern, weil hier menschliche Schwächen im Zentrum des Geschehens stehen, die mit viel Witz und Ironie präsentiert werden.

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Partenope (Polina Pasztircsák) favorisiert Arsace (Terry Wey, Mitte) als Heiratskandidaten. Emilio (Gideon Poppe, Hintergrund) beobachtet es mit Argwohn.

Partenope, die Königin von Neapel, genießt es, von mehreren Prinzen umworben zu werden. Da ist zunächst Arsace, der Prinz von Korinth, der sich sehr schnell zu ihrem Favoriten entwickelt und den Platz an ihrer Seite sicherlich bald einnehmen könnte, wenn er nicht schon der Prinzessin von Zypern,  Rosmira, die Ehe versprochen hätte, was an sich noch kein Problem darstellen würde, wenn nicht besagte Rosmira als Mann verkleidet unter dem Namen Eurimene ebenfalls am Hof der Königin auftauchen würde, um den verlorenen Verlobten zurückzugewinnen. Arsace erkennt in Eurimene die ehemalige Verlobte und gerät in einen Konflikt, weil er sich zwischen den beiden Frauen nicht entscheiden kann. Der zweite Bewerber ist Armindo, der Prinz von Rhodos, der sich sehr schwer tut, der Königin seine Liebe zu gestehen und lieber still vor sich hin leidet. Ganz anders ist der dritte Bewerber, Emilio, Prinz von Cumae, der direkt mit seinem ganzen Heer anrückt und die Königin vor die Wahl stellt: Ehe oder Krieg. Den Kampf verliert er jedoch gegen Partenope, die von Arsace, Armindo und Rosmira / Eurimene unterstützt wird. Als sie sich dann für Arsace entscheidet, fordert Rosmira / Eurimene den treubrüchigen Verlobten zum Duell. Der Treuebruch reicht der Königin, ihre Gunst nun Armindo zu schenken. Damit hätte Rosmira ihren Verlobten zurück. Doch ihr Zorn ist nicht mehr zu besänftigen. Standhaft will sie an dem Duell festhalten, bis Arsace fordert, dass sie mit nackten Oberkörpern kämpfen sollen. Erst dann gibt sie sich schweren Herzens auch den anderen als Rosmira zu erkennen und verzeiht dem Wortbrüchigen. Einer Doppelhochzeit steht nun nichts mehr im Wege.

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Partenope (Polina Pasztircsák) becirct Armindo (Valer Barna-Sabadus).

Das Regieteam um den ehemaligen Leiter der Händel-Festspiele, Ulrich Peters, hat die Geschichte nicht in der mythologischen Vorzeit belassen, sondern stellt in sehr modernen Kostümen (Götz Lanzelot Fischer) eine zur Handlung passende Spaßgesellschaft vor, die stets in Partylaune ist. Christian Floeren entwirft einen durch den Einsatz der Drehbühne sehr wandelbaren hohen klassizistischen Palast, der dreigeteilt ist. Auf einem äußeren Kreisring befinden sich separat drehbare Flügeltüren, die verschieden weit auseinander stehen und so unterschiedliche Einblicke in den Palast gewähren. Das Bühnenbild ist voller Symbolik. So befinden sich in dem einen Teil des Palastes vertrocknete Bäume ohne Blätter, die eine gewisse Kälte ausdrücken, die mit der Gefühlskälte der Protagonisten korrespondieren könnte. Zwar reden alle von Liebe, aber richtig ernst ist es den meisten dabei nicht. Die beiden antiken Statuen, die den Palast schmücken, stellen sicherlich ganz bewusst die beiden Göttinnen Diana und Athene dar, die für die selbstbewusste und emanzipierte Partenope durchaus Vorbildcharakter haben könnten. Der Kampf mit Emilio wird im Palast ausgetragen und zwar an zwei Billardtischen in einem hohen Spiegelsaal. Es geht also nicht um Kampf auf Leben und Tod. Die Waffen sind lediglich Queues. Auch die Zahl der drei Freier lässt sich in dem dreigeteilten Bühnenbild häufig wiederfinden. So rahmen drei Säulen den Palast ein. Beim Kampf am Billardtisch wird Carambolage mit drei Kugeln, nicht etwa Poolbillard gespielt. Symbolische Bedeutung mag auch haben, dass es im Teil nach der Pause keine Treppe mehr gibt, die nach oben führt, sondern eine, die nach unten führt. Auch die Räume sind jetzt anders eingerichtet, so dass man sich auf einer anderen Ebene befindet, sowohl räumlich als auch psychologisch.

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Kampf am Billardtisch: von links: Emilio (Gideon Poppe), Rosmira / Eurimene (Karolina Gumos), Armindo (Valer Barna-Sabadus), Ormonte (Christian Miedl) und Partenope (Polina Pasztircsák).

Ulrich Peters gelingt eine sehr ausgeklügelte Personenregie. Die Handlung beginnt bereits während der Ouvertüre. Arsace lehnt verträumt an einer Flügeltür auf der rechten Bühnenseite, als auf der linken Seite Rosmira in einem oliv-farbenen Overall auf der Suche nach dem Geliebten erscheint. Nachdem sie diese kriegerische Kleidung abgelegt hat, unter der sich ein feiner weißer Anzug befindet, wird sie von Wachen aufgegriffen und wenig später der feiernden Gesellschaft übergeben. Am Ende des Stückes, nach dem allgemeinen Jubel, greift Peters genau diese Handlung wieder auf. Arsace verlässt die Gesellschaft und seine Braut Rosmira und erblickt einen neuen Eindringling, der zwar aussieht wie Rosmira, aber vielleicht eine weitere Dame darstellt, der er ebenfalls die Ehe versprochen hat. Das Liebeskarussell dreht sich folglich weiter, so wie die Bühne. Auch die innere Zerrissenheit Arsaces wird visuell sehr gut unterstützt. So steht er zwischen zwei enger beieinander befindlichen Flügeltüren, wenn er zwischen seinen Gefühlen für Partenope und Rosmira schwankt. Dass Arsace musikalisch leidende Töne von sich gibt, wenn er sich eigentlich nur fragt, welche der Frauen er denn nun verlassen solle, entbehrt jedoch nicht einer gewissen Komik.

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Partenope (Polina Pasztircsák, links) und Rosmira / Eurimene (Karolina Gumos, rechts) sind wütend auf den treulosen Arsace (Terry Wey).

Musikalisch bewegt sich die Inszenierung auf sehr hohem Niveau. Michael Hofstetter formt die deutschen Händel-Solisten zu einem sehr homogenen Klangkörper, der die vielschichtige Partitur zwischen Lamento und Hasstiraden sehr virtuos zum Besten gibt. Abgerundet wird das hochkarätige orchestrale Niveau von hervorragenden Sängerdarstellern. Polina Pasztircsák meistert die sehr anspruchsvolle Titelpartie mit strahlendem Sopran und perlenden Koloraturen. Ihre Kostüme wechselt sie so häufig wie den Favoriten ihrer Gunst. Energisch und selbstbewusst spielt sie eine moderne junge Frau, die ihre Reize geschickt einzusetzen weiß. Grandios zeigt sie in ihrer Arie "Spera e godi", wie sie nahezu gleichzeitig Armindo anhimmeln und Arsace zum Teufel wünschen kann. Dass ihr Diener Ormonte (Christian Miedl) ihr während des Fechtunterrichts in der Arie "T'appresta forse amore" unterbreitet, dass sich mit Emilio nun noch ein dritter Heiratskandidat angekündigt hat, lässt sie in ihrer Kampfeslust nur noch wilder werden. Karolina Gumos stellt als verlassene Rosmira mit ihrem warmen Mezzo darstellerisch und gesanglich einen ebenbürtigen Gegenpart dar. Ihre verzweifelten Liebesbekundungen, aber auch ihre Hasstiraden wirken wesentlich ehrlicher als die der Königin. Während Karolina Gumos ihren Zorn und ihr Leid emotional sehr überzeugend aussingt, wird sie in den leiseren Passagen bisweilen leider etwas vom Orchester überdeckt.

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Happy End mit Champagner: von links: Emilio (Gideon Poppe), Armindo (Valer Barna-Sabadus), Partenope (Polina Pasztircsák), Rosmira (Karolina Gumos) und Statisterie.

Neben diesen beiden großartigen Frauenpartien stellt die größte Herausforderung des Werkes die Besetzung der drei Heiratskandidaten dar. Dabei hat Emilio noch die undankbarste Rolle, da er ja schon nach dem verlorenen Kampf aus dem Rennen ist. Ensemblemitglied Gideon Poppe füllt diese vom Libretto am schwächsten gezeichnete Rolle mit einem sehr forschen Tenor aus, der vor den zahlreichen musikalischen Verzierungen keineswegs zurückschreckt, sondern sie mit Bravour meistert. Psychologisch differenzierter gezeichnet sind Arsace und Armindo. Der Countertenor Terry Wey, der die Rolle des Arsace schon 2009 am Theater an der Wien mit großem Erfolg verkörpert hat, verleiht mit seiner sehr lyrischen Stimme dem Prinzen die Unentschlossenheit, die ihn zwischen den beiden starken Frauen schwanken lässt. Sehr überzeugend gibt er auch den Verführer, der die Frauenherzen höher schlagen lässt und gegen den der introvertierte Armindo normalerweise keine Chance hat. Aber der Countertenor Valer Barna-Sabadus lässt mit seiner mädchenhaft hohen Stimme nicht nur das Herz der Königin höher schlagen. In Karlsruhe hat man sich für eine Bearbeitung der Partitur von 1737 entschieden, in der die eigentlich als Alt angelegte Rolle in die Sopran-Lage transponiert wurde. Und es ist nahezu unglaublich, wie Valer Barna-Sabadus diese hohen Töne mit glockenklarem Klang meistert. Von diesem jungen Sänger wird in Zukunft noch einiges zu erwarten sein.

So gibt es am Ende minutenlangen Applaus für eine erstklassige Solistenriege, ein hervorragend aufspielendes Orchester und eine sehr stimmige Inszenierung, die den Witz der Vorlage hervorragend herausarbeitet und das Werk nicht gegen den Strich bürstet. Schade, dass die Inszenierung insgesamt nur viermal auf dem Spielplan steht.

 

FAZIT

Für dieses Jahr gibt es wohl nur noch Stehplätze an der Abendkasse, aber wenn, wie zu hoffen ist, diese Inszenierung bei den 35. Händel-Festspielen wieder aufgenommen wird, sollte man sich frühzeitig um Karten bemühen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Michael Hofstetter

Regie
Ulrich Peters

Bühne
Christian Floeren

Kostüme
Götz Lanzelot Fischer

Licht
Stefan Woinke

Dramaturgie
Annabelle Köhler


Deutsche Händel-Solisten

Statisterie des Badischen
Staatstheaters


Solisten

Partenope
Polina Pasztircsák

Rosmira
Karolina Gumos

Arsace
Terry Wey

Armindo
Valer Barna-Sabadus

Emilio
Gideon Poppe

Ormonte
Christian Miedl




Weitere
Informationen

erhalten Sie unter

 
Badisches Staatstheater
Karlsruhe
(Homepage)



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