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Die lustige Witwe

Operette in drei Akten
Libretto von Victor Léon und Leo Stein
nach der Komödie L'Attaché d'ambassade von Henri Meilhac
Musik von Franz Lehár


in deutscher Sprache mit französischen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 40' (keine Pause)

Premiere am 14. Dezember 2010 im Grand Théâtre Genève (Genf)


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Grand Théâtre Genève
(Homepage)

The lustige Veuve

Von Joachim Lange / Fotos von Monika Rittershaus


Wenn die Lustige Witwe am Genfer See absteigt, dann wird natürlich international parliert. Im Grand Théâtre kommt zum Operetten–Pondevedrinisch eine flotte Sprachmelange aus Französisch, Englisch und Deutsch hinzu. Wie die echten Diplomaten in ihrem sprichwörtlichen Schweizer Eldorado bewegt sich diesmal das Operetten-Personal problemlos zwischen all diesen Sprachen. Wenn in dem seit 1905 unverwüstlichen Dauerbrenner von Franz Lehár das Französisch dominiert, dann gibt es die willigsten Reaktionen im Publikum. Aber in Christof Loys Neu-Inszenierung springt der Funke einfach nicht über. Selbst da nicht, wo Szenenapplaus eigentlich von selbst kommt oder die Gefahr lauert, dass mitgesungen wird.


Vergrößerung in neuem Fenster In der pondevedrinischen Botschaft

Bühnenbildner Christian Schmidt hat die pondevedrinische Gesandtschaft ein realistisches Großfoyer mit dem kühlen Charme eines hiesigen Verwaltungspalastes verlegt; kommt also über gut helvetische Biederkeit nicht hinaus. Hier ist der Liebes- Pavillon ein Nebenraum mit Jalousie. Der für alles (vom Staubsaugen bis zur Intrige) zuständige Sekretär Nejgus, den Silvia Fenz wunderbar kauzig durch den Tumult balanciert, ist der Herr über einen kleinen Kühlschrank voller Bierflaschen unter der Treppe, gleich neben den Türen zum WC. Und das ist irgendwie symptomatisch für den ganzen Abend. Auch musikalisch. Hier wird weder Champagner getrunken, noch perlt er musikalisch aus dem Graben herauf. Unter der Leitung von Rainer Mühlbach vermag sich das Orchestre de la Suisse Romande nicht einmal beim Studium der Weiber oder Danilos Bericht von seinen Damenbekanntschaften bei Maxims in jenen sprühenden Leichtsinn abzuheben, der die Lustige Witwe eigentlich so attraktiv macht.


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Hanna und Danilo

Was nicht nur, aber auch, an Annette Daschs Hanna Glawari liegt. Sie bleibt stimmlich meist eine Spur zu schmal und in ihrer darstellerischen Präsenz immer etwas zu grob. Loy gönnt ihr zwar den großen Auftritt in Ball-Robe und einen effektvollen Walzer mit Graf Danilo. Er mutet ihr dann aber einen nicht enden wollenden Auftritt in knappen Dessous zu, der in diesem Ambiente völlig deplatziert wirkt. The lustige Veuve halbnackt - das ist dann doch nicht mehr witzig. Und es möbelt ebenso wenig den an sich kreuzbrav erzählten Versuch auf, die ererbten Millionen der Glawari fürs bankrotte Land Pondevedrino zu sichern. Im Grunde genommen erzählt Loy eigentlich nur auf den Happyend-Kuss zwischen Danilo und Hanna zu. An dem hier, von Anfang an, nicht der geringste Zweifel besteht. Und an dem auch die Einlage der Hobby-Grisetten im XL Format (mehr Salon als Cabaret) nichts ändern können, die nur ziemlich müde den ziemlich unverhüllten Sexismus der Herren der Schöpfung konterkarieren.


Vergrößerung in neuem Fenster Charmante Gastgeber: Baron Zita und seine Frau

Aber die sind als Schwerenöter unter der Obhut von Opernveteran José van Dams Baron Zeta auch nur mit dem Esprit mittlerer Bankbeamter ausgestattet. Und doch gibt es große Lichtblicke: Johannes Martin Kränzle ist nämlich ein nahezu idealtypischer Graf Danilo. Wohl einem Ensemble, wie dem der Oper Frankfurt, das einen Sänger zu den Seinen zählen kann, der wie Kränzle bei Wagner genauso glänzt wie bei Lehár! Auch Jennifer Larmore bastelt mit spürbarer Lust und stimmlicher Verve als attraktive und mit allen Wassern gewaschene Zeta-Gattin Valencienne überzeugend am Verhältnis mit ihrem Verehrer Camille de Rosillon, in Gestalt des smarten Bernard Richter.


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Etwas füllige Grisetten auf karger Bühne

Doch diese darstellerischen Glanzlichter erhellen den etwas lauen Gesamteindruck des Abends nicht wirklich. Offensichtlich wollte Loy der Operette im Allgemeinen und der Lustigen Witwe im Besonderen nicht durch irgendeine ambitionierte Überfrachtung zu nahe treten. Ganz klassische entfesseln wollte oder konnte er sie aber nicht. So ist sie im Beamtenmilieu von heute gelandet. Das funktioniert offensichtlich aber nur dann, wenn einer wie Christoph Marthaler die Strippen zieht. Kein Wunder, dass das Publikum Mühe hatte, beim Schluss-Applaus durchzuhalten.


FAZIT

In Genf haben Christof Loys und Rainer Mühlbachs aus Franz Lehárs Dauerbrenner einer ziemlich unlustige Witwe gemacht. Auch wenn es Lichtblicke wie den famosen Danilo gibt, enttäuscht diese Produktion szenisch und musikalisch eher.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rainer Mühlbach

Inszenierung
Christof Loy

Choreographie
Thomas Wilhelm

Bühne
Christian Schmidt

Kostüme
Ursula Renzenbrink

Licht
Olaf Winter

Chor
Ching-Lien Wu



Chor des
Grand Théâtre Genève

Orchestre de la
Suisse Romande


Solisten

Baron Mirko Zeta
José Van Dam

Valencienne
Jennifer Larmore

Danilo
Johannes Martin Kränzle

Hanna Glawari
Annette Dasch

Camille de Rosillon
Bernard Richter

Cascada
José Pazos

Raoul de St. Brioche
Fabrice Farina

Njegus
Silvia Fenz

Bogdanowitsch
Romaric Braun

Sylviane
Magali Duceau

Kromow
Wolfgang Barta

Olga
Cristiana Presutti

Pritschitsch
Omar Garrido

Praskowia
Rosale Berenger

Lolo
Daniela Stoytcheva

Dodo
Cristiana Presutti

Jou-Jou
Rosale Berenger

Frou-Frou
Magali Duceau

Clo-Clo
Lubka Favarger

Margot
Dominique Cherpillod



Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Grand Théâtre Genève
(Homepage)



Da capo al Fine

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