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Il matrimonio segreto

Dramma giocoso per musica in zwei Akten
Libretto von Giovanni Bertati nach der Komödie The Clandestine Marriage
von George Colman d. Ä. und David Garrick
Musik von Domenico Cimarosa


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 10' (eine Pause)

Premiere im Central in der Alten Paketpost Düsseldorf am 25. Juni 2011


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Rheinoper
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Spiel mit den Schränken

Von Thomas Molke / Fotos von Hans Jörg Michel

Mit Beginn der Intendanz von Christoph Meyer in der Spielzeit 2009 / 2010 ist auch das Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein als Nachfolger des Jungen Ensembles neu eingerichtet worden, um jungen Künstlern nach Abschluss ihres Studiums die Möglichkeit zu geben, neben angebotenen Meisterkursen auch in kleineren Rollen an einem großen Opernhaus den Alltag des Opernbetriebes in allen seinen Facetten kennen zu lernen. Daneben haben die jungen Künstler auch stets gegen Ende der Spielzeit die Möglichkeit, in einer eigenen Produktion ihr Können unter Beweis zu stellen. Nach Maurice Ravels L'Enfant et les Sortilèges in der letzten Spielzeit, ist die Wahl in diesem Jahr auf ein recht unbekanntes Dramma giocoso von Domenico Cimarosa, der italienischen Antwort auf Mozart, gefallen: Il matrimonio segreto, 1792 anlässlich der Unterzeichnung der Allianz zwischen Österreich und Preußen gegen die französische Revolutionsregierung mit so großem Erfolg vor Kaiser Leopold II. in Wien uraufgeführt, dass der Kaiser - so sagt man - die Aufführung am gleichen Tag noch einmal habe wiederholen lassen.

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Die ältere Tochter Elisetta (Jaclyn Bermudez) in ihrem Schrank.

Die Handlung basiert auf der 1766 uraufgeführten englischen Gesellschaftssatire The Clandestine Marriage des Dramatikers George Colman d. Ä. und des Schauspielers David Garrick, die in Anlehnung an den sechsteiligen Bilderzyklus Marriage à-la-mode, mit dem der englische Maler William Hogarth die arrangierten Ehen der britischen Upperclass des 18. Jahrhunderts karikierte, mit beißendem Spott das damalige Publikum unterhalten wollte. Aus dieser Sozialkritik der literarischen Vorlage ist bei Cimarosa und seinem Librettisten Bertati ein sanftes Verwirrspiel geworden. Der vermögende Kaufmann Geronimo möchte seine Töchter Elisetta und Carolina an einen Adeligen verheiraten, um selbst einen Adelstitel zu erlangen. Doch die jüngere Tochter Carolina ist bereits heimlich mit dem Diener Paolino verheiratet. Dieser präsentiert seinem Dienstherrn den Grafen Robinson als möglichen Heiratskandidaten für Elisetta in der Hoffnung, dass Geronimo aus Dankbarkeit der Verbindung zwischen ihm und Carolina zustimmt. Doch auch der Graf verliebt sich unglücklicher Weise in die deutlich attraktivere Carolina und ist sogar bereit, für sie auf die Hälfte der Mitgift zu verzichten, was Geronimo sehr gelegen kommt. Verkompliziert wird die Situation der Lage noch durch Geronimos Schwester Fidalma, die ebenfalls ein Auge auf Paolino geworfen hat. Erst als Paolinos und Carolinas heimlicher Fluchtversuch misslingt, Graf Robinson plötzlich doch bereit ist, Elisetta zu ehelichen, und Fidalma ihre Ansprüche auf Paolino zurückstellt, lenkt auch Geronimo ein und gibt der nicht standesgemäßen Verbindung seinen Segen, um endlich wieder seine Ruhe zu haben.

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Fidalma (Melanie Lang) vor ihrem Setzkasten.

Das Regieteam um Mechthild Hoersch versucht nicht, eine fehlende dramaturgische Tiefe des Stückes durch die Inszenierung auszugleichen, sondern präsentiert eine spielerisch leichte Umsetzung, die der Vorlage gerecht wird. Dabei besteht das Bühnenbild von Sarah Büchel größtenteils nur aus verschiebbaren Schränken, die den einzelnen Figuren als Zimmer dienen und sehr viel über den jeweiligen Charakter aussagen. So besteht Fidalmas Zimmer größtenteils aus einem Setzkasten mit Puppen, die als Gesicht alle Paolinos Konterfei zeigen. Elisetta ist ein Modepüppchen, das in ihrem Schrank neben diversen Schuhen eine ganze Vielzahl von Kleidern und Hutschachteln ihr eigen nennt, wohingegen Carolinas Schrankzimmer eine Schlagzeugausstattung zeigt, die sie wesentlich emanzipierter und fortschrittlicher als ihre Schwester wirken lässt. Wieso Paolino als Maler dargestellt wird, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Vielleicht soll eine Verbindung zwischen Malerei und Musik hergestellt werden, da Hogarths Bilderzyklus letztendlich auch als Vorlage für die Oper galt, aber dies ist reine Spekulation. Geronimo verfügt in der Mitte der Bühne über den einzig nicht verschiebbaren Schrank, der aber außer einem großen Portrait des Kaufmanns, hinter dem sich sein prall gefüllter Safe befindet, nichts weiter über seinen Charakter preisgibt, als dass er der Herr des Hauses ist, was sich auch in der Größe seines Schrankes und der darüber angelegten Veranda manifestiert.

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Geronimo (Lukasz Konieczny, links) und Graf Robinson (Dmitry Lavrov, rechts) verhandeln bei Pasta.

Bei dem Auftritt des Grafen mag das Herz des einen oder anderen Anhängers von Oldtimern höher geschlagen haben, wird Robinson doch mit einer schwarz glänzenden Isetta hereingeschoben. Das "EN" - Nummernschild suggeriert, dass dies eine Leihgabe für die Opernproduktion ist. Der Auftritt mit der Isetta passt in das 60er Jahre-Ambiente, das auch in den Kostümen von Inga Gürle angedeutet wird. So stattet sie Elisetta mit weiten Taftröcken und ständig wechselnden kräftigen Farben aus. Besonders das schwarze Kleid mit den roten Rosen und den weißen Totenköpfen im zweiten Akt zeigt, dass man sich mit dieser Frau besser nicht anlegen sollte. Denn sie weiß genau, was sie will. Und das ist: Graf Robinson. Ob die Isetta, mit der er auftritt, ein Wortspiel zu Elisetta sein soll, kann nur vermutet werden. Fidalma wird als ältliche Jungfer gekleidet, deren schwarzer durchschimmernder BH unter der blassen Bluse andeutet, dass das Feuer der Liebe in ihr noch nicht verloschen ist. Carolina trägt - natürlich - Hosen, wobei ihre Frisur an Sandy aus Grease erinnert.

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Zickenkrieg zwischen Carolina (Alma Sadé, links), Fidalma (Melanie Lang, Mitte) und Elisetta (Jaclyn Bermudez, rechts).

Musikalisch hat man ein Arrangement von Alexander Krampe gewählt, das die Cembalo-Rezitative durch deutsche Sprechtexte ersetzt und damit ein wenig an die deutsche Spieloper erinnert. In der Wortwahl wirken die deutschen Texte durchaus aktualisiert, behindern allerdings ein wenig den Fluss der Musik. Dem Aufführungsort angepasst spielt man in einer sehr reduzierten orchestralen Besetzung, die zwischen den Zuschauern platziert ist und so - wie die Nähe zur Bühne - eine sehr intime Atmosphäre schafft. Christoph Stöcker erzeugt mit den Mitgliedern der Düsseldorfer Symphoniker einen sehr leichten und präzisen Klang, der musikalisch in vielen Momenten stark an Mozart erinnert, glaubt man doch zum Beispiel an einer Stelle Papageno aus der Zauberflöte, an anderen Stellen Anklänge an Don Giovanni und Le nozze di Figaro herauszuhören.

Stimmlich bewegt sich die Aufführung auf einem Niveau, das von den jungen Solisten noch einiges erwarten lässt. Melanie Lang überzeugt mit kräftigem Mezzo als leicht frustrierte Fidalma vor allem in Mimik und Gestik. Mit überbordendem komödiantischem Talent gibt sie eine auf Freiersfüßen wandelnde Jungfer, die häufig ihren Trost im Alkohol sucht. Auch Jaclyn Bermudez zeigt als Elisetta komödiantisches Talent und erstaunliche Sicherheit auf High Heels. Wie sie auf hohen Stöckelschuhen über die Bühne wirbelt oder krabbelt, regt die Zuschauer häufig zum Schmunzeln an. Dazu verfügt sie über einen großen Sopran, der ihre Mimi in der kommenden Spielzeit als Ensemble-Mitglied am Stadttheater Hagen mit Spannung erwarten lässt. Auch Alma Sadé stattet die jüngere Schwester Carolina mit einem sehr schönen Sopran aus.

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Junge Liebe auf der Flucht: Paulino (Ovidiu Purcel) und Carolina (Alma Sadé).

Lukasz Konieczny gibt mit profundem Bass einen ständig Geld zählenden Geronimo, der in der Rolle allerdings ein wenig zu jung wirkt, was auch die Tanzeinlage bei seiner Auftrittsarie unterstützt. Warum in der Inszenierung auf die im Libretto vorgegebene Schwerhörigkeit verzichtet wird, ist nicht nachvollziehbar. Dmitry Lavrov gefällt mit kräftigem Bariton als Graf Robinson, wobei beide Sänger an einigen Stellen leichte Probleme mit den Tempi der Musik haben, was aber vielleicht auf eine gewisse Premierennervosität zurückgeführt werden kann. Höhepunkt der Sängerriege ist sicherlich der junge rumänische Tenor Ovidiu Purcel als Paolino, der ab der nächsten Spielzeit fest zum Ensemble des Opernstudios gehören wird. Mit großen lyrischen Bögen gestaltet er den findigen Diener und weckt mit seinem Gesang Hoffnungen auf einen neuen großen Mozart-Tenor. Zahlreiche Partien dieses Komponisten hat er auch bereits an der Rumänischen Nationaloper Cluj zum Besten geben dürfen. Mit großer Spannung darf sein weiterer Werdegang an der Deutschen Oper am Rhein beobachtet werden.

So gab es am Ende verdienten und einhelligen Beifall für alle Beteiligten, und das junge Ensemble, des Opernstudios empfiehlt sich mit dieser Produktion für sein Abschlusskonzert am 13. Juli 2011 im Opernhaus.

FAZIT

Ein leichter, beschwingter Opernabend ohne viel Tiefgang, der einfach nur unterhält. Muss auch mal sein.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Christoph Stöcker

Inszenierung
Mechthild Hoersch

Bühne
Sarah Büchel

Kostüme
Inga Gürle

Licht
Ansgar Evers

Dramaturgie
Bernhard F. Loges




Mitglieder der
Düsseldorfer Symphoniker

Akkordeon
Alexander Pankov

Cembalo
Pavel Sarkissian


Solisten

* Besetzung der Premiere

Geronimo
Lukasz Konieczny

Elisetta
Jaclyn Bermudez

Carolina
Alma Sadé

Fidalma
*Melanie Lang /
Judita Nagyová

Graf Robinson
Dmitry Lavrov

Paolino
Ovidiu Purcel



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



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