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Musiktheater
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Das Tagebuch der Anne Frank
Monooper in 4 Szenen, 21 Episoden
für Sopran und Kammerorchester op. 60 (2. Fassung)
Text und Musik von Grigori Frid nach dem Tagebuch der Anne Frank
deutsche Adaption von Ulrike Patow

in deutscher Sprache

In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsschauspiel und dem Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München
Koproduktion mit dem National Theater Brno


Aufführungsdauer: ca. 45' (keine Pause)

Premiere im Marstall am 29.10. 2009

Logo: Staatstheater am Gärtnerplatz München

Staatstheater am Gärtnerplatz München
(Homepage)

„Und wenn ich zum Himmel schaue…“

Von Sina Baumgart

Nein, ein sentimentales und naives Mädchen war sie nicht, die Anne Frank. Von Lebensmut und Selbstreflexion zeugen ihre Gedanken, die sie ihrem heute weltbekannten Tagebuch anvertraute. Dabei hätten Verzweiflung und Ängste die Gedankenwelt dieses jüdischen Mädchens beherrschen können, das während des Zweiten Weltkrieges mit seiner Familie und Bekannten zwei Jahre lang in einem Versteck hauste – täglich der Gefahr ausgesetzt entdeckt und damit in ein KZ-Lager deportiert zu werden. Doch Anne Frank war selbstkritisch, ja geradezu philosophisch und versuchte aus ihrer zweifelsohne furchtbaren Lage das Beste zu machen.

Für seine Monooper Das Tagebuch der Anne Frank strich Grigori Frid das hinterlassene Tagebuch zusammen und schuf über exakt identische Textpassagen ein Werk, das der Vorlage vor allem perspektivisch und dem Wesen der Anne entsprechend gerecht wird. Allerdings erscheint Frids Protagonistin ein wenig sentimentaler als im Original, denn die Oper verzichtet auf Annes inneren Kampf mit ihrer eigenen Natur und die Darstellung ihrer widerborstigen Art, die sich nur allzu oft an ihren Leidengenossen rieb. Frid schält vor allem die Ängste, Sehnsüchte des jungen Mädchens heraus, aber auch dessen tiefste Überzeugung, dass die Natur Seelenfrieden schenke und gibt seiner Protagonistin eine dementsprechend emotionalere Note.

Als besonders gelungen erweist sich die musikalische Konzeption der Oper, die als ein gemeinsames und dialogisches Musizieren neuner Instrumentalisten mit einem Sopran angelegt ist. Oftmals dissonant oder gar sperrig mutet die Komposition an, die von tiefen Ostinati, Celestaklängen und kurzen Flöten-, Cello- oder Violinensoli durchzogen ist und sowohl zu sprechende und rezitativische als auch ariose Passage aufweist. Kleine Höhepunkte, die sich vom Heiteren über das Lyrische bis zum Tragischen erstrecken, durchbrechen den oftmals erzählerischen Ton. Geradezu amüsant wirkt so das imitierte Streit-Duett mit Jazz-Anklängen, für das der Sopran einen zickigen Schnatterton übernimmt. Ganz und gar lyrisch wird es zu den Gedanken an den Liebsten Peter, deren träumerischen Gestus der Komponist in einen Walzer-Duktus hüllt.

Erstmals wurde die 1972 in Moskau uraufgeführte Oper nun in München aufgeführt, und zwar als Kooperationsprojekt des Staatstheaters am Gärtnerplatz mit dem Bayerischen Staatsschauspiel, dem Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und dem Nationaltheater Brno. Als Aufführungsort wurden die Räumlichkeiten des Marstalls gewählt, deren Kühle und Beengtheit dem Thema der Oper und deren dramaturgisch-kompositorische Konzeption ausgesprochen gerecht wird.

Geradezu schlicht und daher umso wirkungsvoller wird die Oper von Heinz Lukas-Kindermann (Regie) und Daniel Dvoøák (Bühne und Kostüm) in Szene gesetzt: Eine leicht gekippte, fensterartige Konstruktion in kaltblauem Licht fungiert als bespielbares Haus, in dem nur Holztreppe und Stuhl aufgestellt sind. Sie symbolisiert die für Anne Frank belastende Trennung von Versteck und Außenwelt, macht ihren sehnsüchtigen Blick nach draußen deutlich und zeigt zugleich das Verkehrte der Welt. Ganz wie eine von uns entsteigt die Protagonistin zu Beginn der Oper mit ihrem Tagebuch dem Publikum, bevor sie umso isolierter von ihren „Mitmenschen“ in ihr Versteck verschwindet, im soliden 40er Jahre-Kleid, mit Judenstern gebrandmarkt. Verzweifelt schreibt sie ihre Sehnsucht nach Lachen und Außenwelt an die Wände und stampft ihren Zorn in den Boden. Eine schockierend abrupt aufgerissene Tür, durch die gleißendes Licht auf die Protagonistin fällt, deutet schließlich das Ende Anne Franks an: die Entdeckung ihres Verstecks und der Transport in ein KZ.

Geradezu schlicht und daher umso wirkungsvoller wird die Oper von Heinz Lukas-Kindermann (Regie) und Daniel Dvoøák (Bühne und Kostüm) in Szene gesetzt: Eine leicht gekippte, fensterartige Konstruktion in kaltblauem Licht fungiert als bespielbares Haus, in dem nur Holztreppe und Stuhl aufgestellt sind. Sie symbolisiert die für Anne Frank belastende Trennung von Versteck und Außenwelt, macht ihren sehnsüchtigen Blick nach draußen deutlich und zeigt zugleich das Verkehrte der Welt. Ganz wie eine von uns entsteigt die Protagonistin zu Beginn der Oper mit ihrem Tagebuch dem Publikum, bevor sie umso isolierter von ihren „Mitmenschen" in ihr Versteck verschwindet, im soliden 40er Jahre-Kleid, mit Judenstern gebrandmarkt. Verzweifelt schreibt sie ihre Sehnsucht nach Lachen und Außenwelt an die Wände und stampft ihren Zorn in den Boden. Eine schockierend abrupt aufgerissene Tür, durch die gleißendes Licht auf die Protagonistin fällt, deutet schließlich das Ende Anne Franks an: die Entdeckung ihres Verstecks und der Transport in ein KZ.

Die junge Sopranistin Thérèse Wincent ist wie gemacht für die Rolle der tragischen, aber doch unsentimentalen Anne Frank. Mit klarer und mädchenhafter Stimme versteht sie eine selbstbewusste, bisweilen fast spitzbübische, dann wieder verängstigte und sehnsüchtige Anne zu spielen. Fließend wechselt sie zwischen Sprechen, sprechendem Singen und ariosem Gesang und hat keinerlei Mühe sich von dem bisweilen starken Orchesterklang abzuheben. Auch die musikalische Leistung der Instrumentalisten, die gut sichtbar neben dem Spielraum Anne Franks platziert sind, kann sich hören lassen. Unter Oleg Ptashnikov agieren die Musiker, die allesamt Orchestersolisten des Staatstheaters am Gärtnerplatz sind, äußerst dynamisch und engagiert. Nur kurzzeitig fehlt es dabei an Präzision, wenn Sängerin und Orchester nicht immer ganz exakt zusammenfinden.


FAZIT

Ein eindringliches Werk in schlichter, aber wirkungsvoller Inszenierung mit gelungener Besetzung.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Oleg Ptashnikov

Inszenierung
Heinz Lukas-Kindermann

Bühne und Kostüme
Daniel Dvorák



Solisten des Orchesters des
Staatstheater am Gärtnerplatz


Solisten

Anne
Thérèse Wincent


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Staatstheater am Gärtnerplatz München
(Homepage)





Da capo al Fine

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