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Lohengrin

Romantische Oper in drei Aufzügen
Text und Musik von Richard Wagner


in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 4h 15' (zwei Pausen)

Premiere am 18. Dezember 2009 im Opernhaus Leipzig
(Übernahme einer Produktion der Staatsoper Hamburg und dem Gran Teatre del Liceu Barcelona)


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Oper Leipzig
(Homepage)
Klassenkeile

Von Joachim Lange / Fotos von Andreas H. Birkigt


Dieser Lohengrin ist ein typischer Peter Konwitschny. Er gehört zum Kernbestand einer ganzen Reihe von bedeutenden Inszenierungen seiner produktiven Jahre mit Ingo Metzmacher in Hamburg. Die Produktion hatte dort, nach ihrer kontrovers aufgenommenen Premiere 1998, bald Kultstatus erlangt. Wohl vor allem, weil sie eine Art Durchbruch in der Rezeption dieser Wagneroper war, die unter dem romantischen Pathos und einer deutschtümelnden oder auch antimilitaristischen Interpretationspatina auch die geplatzten ersten Träume und Utopien der Jugend thematisiert.


Vergrößerung in neuem Fenster Ankunft Lohengrins im Klassenzimmer

Konwitschny nähert sich in dem wilhelminischen Klassenzimmer von Helmut Brade der etwas schräg romantischen Geschichte vom Inkognito-Schwanenritter mit der wunderbaren Gralsmusik und den gewaltigen Chören mit einem so heiligen Unernst, dass es schon wieder auf seine Weise ernst wird. Da wird das „deutsche Schwert“, das martialisch drohend gegen die aus dem Osten anstürmenden Ungarn geschwungen wird, zum Holzschwert der Pennäler. Da fährt ein ziemlich heutiger Lohengrin, sozusagen als moderner Durchschnittsmensch, aus der Versenkung geradewegs zwischen (schul-) uniformierte Jungen.


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Elsa in Bedrängnis

Da hat sich eine verängstigte Elsa im Schrank versteckt, und Telramund und Ortrud werden an die Bänke gefesselt und über Nacht in der Schule eingeschlossen. Da weht eine Prise von Feuerzangenbowle, mit einem wüsten drunter und drüber bei den Schülern. Mit Klassenkeile als Pausenfüller. Die große Gerichtseiche im ersten und das Münster im zweiten Aufzug sind nur Schautafeln. Im dritten gibt es dann fürs Brautgemach sogar die vom homo sapiens, mit den Details der männlichen und weiblichen Anatomie. Zum Hochzeitsmarsch werden die Fenster dann verdunkelt, aus einer Gardine wird der Schleier für Elsa, die Turnmatten werden als Brautbett zusammengeschoben, und alle kommen mit Geschenken.


Vergrößerung in neuem Fenster Ortrud vermasselt Elsa den Auftritt

Wenn Elsa dann doch fragt, mit wem sie sich da eigentlich einlässt, bricht der Ernst des Lebens ein. Das Klassenzimmer verschwindet, im Zuschauerraum wird es hell, und wenn dann der kleine Gottfried, der schon bei Lohengrins erstem Auftauchen Arme schwingend den Schwan gegeben hatte, am Ende allein und mit Stahlhelm aus der Versenkung hochfährt, dann hat die (drohende Weltkriegs-) Realität des Lebens die Träume der Schulzeit überholt.

Für alle Darsteller ist das eine herausfordernde Reise in die eigene Jugend. Sie spielen die wilden Kinder, mit Eifer und bis ins letzte Detail ausgefeilt, lustvoll und genau. Da funktioniert diese Inszenierung immer noch, auch wenn ihr heute der Überraschungseffekt fehlt, gerade die Klassenzimmer-Metapher, ein dutzend Jahre und ein paar Amokläufe später, einiges von ihrer herzerfrischenden Unschuld eingebüßt hat und etliche politisch brisante Deutungen – von Konwitschny indirekt ermutigt – nachgefolgt sind (ob nun Katharina Wagners Wende-Lohengrin in Budapest oder gerade Andrea Moses Deutung in Dessau).


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Klein Gottfried mit Stahlhelm – die pessimistische Schlusspointe der Inszenierung

Im Graben (und mit den Bläsern auch schon mal vom Rang und aus den Seitenlogen) liefern der neue GMD Ulf Schirmer und das Gewandhausorchester einen hochpräzisen Orchesterklang ab, der freilich manchmal jede poetische Zurückhaltung fahren lässt und voll auf die Wagnertube drückt. Bei den Protagonisten überzeugt lediglich Hans-Joachim Ketelsen als Telramund, mit seiner kraftvoll und kultiviert eingesetzten Stimme voll. Gun-Brit Barkmins Elsa ist ermutigend, während Stefan Vinkes Lohengrin sich mit seinen Schmettertönen so verausgabt, dass er zwar durchhält, aber die lyrische Schönheit der Partie weitgehend unterschlägt. Die für Susan Maclean einspringende Gabriele Schnaut schießt als darstellerisch überzeugende Ortrud ihre ziemlich scharfen Pfeile ab. König Heinrich (James Moellenhoff) und der Heerrufer (Jürgen Kurth) haben ihre Mühe – der heimische Chor (unter Sören Eckhoff) ist in Hochform. Der Jubel des Publikums war mit ein paar Buhs gewürzt.


FAZIT

Die Wiederbegegnung mit Peter Konwitschnys Hamburger Lohengrin-Inszenierung hat auch in Leipzig ihren Reiz.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Ulf Schirmer

Regie
Peter Konwitschny

Szenische Einstudierung
André Bücker

Bühne und Kostüme
Helmut Brade

Mitarbeit Kostüme
Inga von Bredow

Choreinstudierung
Sören Eckhoff

Dramaturgie
Werner Hintze



Chor der Oper Leipzig

Gewandhausorchester Leipzig



Solisten

Heinrich der Vogler
James Moellenhoff

Lohengrin
Stefan Vinke

Elsa von Brabant
Gun-Brit Barkim

Friedrich von Telramund
Hans-Joachim Ketelsen

Ortrud, seine Gemahlin
Gabriele Schnaut

Der Heerrufer
Jürgen Kurth

Vier brabantische Edle
Tommaso Randazzo
Timothy Fallon
Tomas Möwes
Miklós Sebestyén

Edelknaben
Hitomi Okuzumi
Haike Hauptmann
Cornelia Röser
Claudia Schwarzmann



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Oper Leipzig
(Homepage)



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