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Helden
im
Guckkasten Vor solch einem Drachen sich zu fürchten,
wäre wirklich schwer. So wird der Bühnen-Siegfried das Fürchten bei ihm
auch nicht lernen können. Im Übrigen ist Naturalismus zu suggerieren,
sichtlich auch nicht die Absicht dieser Inszenierung. Im Gegenteil:
Mimes kleine Schulstube, der Wald vor der Neidhöhle, Erdas wilde Gegend
am Felsenberg und der Brünnhildenfelsen sind in einen engen Guckkasten
gezwängt, der als Bühne auf der Bühne den Akteuren einen verschmälerten
Handlungsraum gönnt. Der Drachen ist aus Pappe und kommt auf Plakaten
aufgepinselt hinter einem gemalten Blättervorhang aus nebliger Tiefe
hervor, bis Siegfrieds Schwert dann irgendwo sein Ziel findet und ein
stattlicher Sänger (Hans-Peter König) zu Boden plumpst. Stellenweise wirkt diese Inszenierung von
Willy Decker, die nun zum Jubiläum „25 Jahre neue Semperoper“ wieder
aufgenommen wurde, doch etwas wie Puppentheater und mitunter naiv. Wie
etwa der große braune Bär aus Plüsch, den Jung-Siegfried sich im 1. Akt
zum Spielkameraden wählt. Bislang hat eben noch kein pubertierender
Jugendlicher diese Rolle gespielt, und Alfons Eberz macht darin das
schlimme Kind auch in Dresden nicht besonders glaubhaft. So laviert die
Szenerie bisweilen an etwas unbeholfenen Stilisierungen
herum. Aber andererseits gelingen auch Szenen von großer
Suggestion, die davon leben, dass sie exakt gearbeitet sind und stark
dargestellt werden. So wie die Wissenswette, wenn der dumme Mime
zweimal triumphierend glaubt die Oberhand gewonnen zu haben, bei der dritten Frage aber dennoch kläglich versagt.
Wolfgang Schmidt spielt diesen unsicher wuselnden, wirbelnden Versager
ganz ausgezeichnet. Und der Wanderer des Terje Stensvold ist der
überragende Herr dieses ungleichen Kampfes. Das wird spannend erzählt
und erhellt die Situation deutlich. Auch wenn der rastlos wandernde
Wotan zu Erda vordringt, die unter einer langen Schleppe schlafende
Wala aufstört, umhertreibt und ihr schließlich gewaltsam die Binde von
den Augen reißt, ist das eine Szene, die genau alles ausdrückt, was
hier erzählt werden soll. Stark wirkt gerade durch seine konzentrierte
Abstraktheit an dieser Stelle auch das Bühnenbild einer zerberstenden
Kugel.
3.
Akt:
Besuch
bei
der
Wala
Ansonsten enthält sich die Szene
weitgehend der Interpretation, sie erzählt geradlinig die Geschichte
und stellt die Räume zur Projektion der Phantasie zur Verfügung. Am
Schluss des zweiten Akts schreitet Siegfried mit seinem im Waldvogel
personifizierten Kindheits-Ich wie durch ein Tor des Erwachsenwerdens
hinaus in die blauen Sphären seiner Entdeckung des Lebens, was hier
bedeutet: der Liebe. Brünnhilde liegt dort wie schwebend auf einem
Wolkenboden und auch jetzt gewinnt der Raum gerade wegen seiner
konzentrierten Leere eine eigene Aura 2.
Akt:
Aufbruch
ins
Leben
Durch
den
überstürzten Abgang
Fabio Luisis aus Dresden mussten für die
Chef-Produktionen neue Dirigenten gefunden werden. Für „Siegfried“
sprang der Leiter der New Israeli Opera in Tel Aviv Asher Fisch ein,
der die Staatskapelle hervorragend in den Griff bekam. Er entwickelte
ein fülliges Klangbild, das den Sängern dennoch ein leichtes
Durchkommen ermöglichte, vor allem in den Zwischenspielen sich aber zu
hoher dramatischer Dichte aufschwang; ein exzellentes Dirigat mit
ausgeprägtem Sinn für den großen Bogen ebenso wie für das kleinste
Detail. Die Staatskapelle bestätigte ihren hervorragenden Ruf als
Wagnerorchester mit allergrößtem Nachdruck. Der Klang war aufs Schönste
geformt, die einzelnen Stimmen subtil koloriert (Blech! Holz!).
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Produktionsteam
Musikalische
Leitung
Inszenierung
Bühnenbild
Kostüme Produktionsdramaturgie
Solisten
Siegfried
Mime Wanderer
Fafner
Erda
Brünnhilde Waldvogel
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©
2010
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Online
Musik
Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de
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Fine -