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Un ballo in maschera
(Ein Maskenball)


Dramma per musica in tre atti
Dichtung nach Eugène Scribes Drama Gustav III. ou le bal masqué
von Antonio Somma
Musik von Giuseppe Verdi


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)

Wiederaufnahme im Opernhaus Düsseldorf am 26. September 2009

Premiere im Theater Duisburg am 9. Dezember 2006


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Rheinoper
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Ein großes Versprechen für die Zukunft

Von Thomas Tillmann /

Einen "Maskenball für die Rheinoper" hatte ich bei meiner Premierenkritik Stein Winges "die längste Zeit kreuzbrave, belanglose Neuinszenierung" der Verdioper genannt, und es gibt keinen Grund, nach dieser Wiederaufnahme den einmal formulierten Eindruck zu korrigieren. Für die neue Intendanz der Rheinoper, die schnell ein akzeptables Repertoire auf die Beine stellen muss, sind solche Produktionen natürlich praktisch, die niemanden wirklich verärgern oder stören und in einigermaßen zeitgemäßer Optik daherkommen, und wenn man dann noch eine Reihe von prominenten Gästen engagiert, die schnell eingewiesen sind, kann eigentlich nicht viel schief gehen.

Und so freute man sich über eine durchaus gelungene, wenn auch nicht sensationelle Repertoirevorstellung, nach der sich der erfahrene Mario Malagnini über den meisten Applaus freuen konnte, der sich als Gustavo zwar manche Freiheit herausnahm (wie etwa eine Verbeugung zusammen mit der Sopranistin nach dem heftig akklamierten Duett des zweiten Aktes) und in den dramatischen Passagen besonders in der Höhe, die nicht die Farbe und Durchschlagskraft des Restes der wunderbar leicht ansprechenden Stimme hat, an gewisse Grenzen kam, aber nichtsdestotrotz mit seiner unverstellten, die Grenzen des Material sehr wohl kennenden Art des Singens, einer edlen, eleganten Gesangslinie, einem hervorragenden Parlando und unverkrampft-natürlichem Spiel sehr für sich einnahm und den Rollenvorgänger Viktor Afanasenko total deklassierte.

Boris Statsenko ist der einzige Protagonist aus der Originalbesetzung und war einmal mehr ein umjubelter Renato, auch wenn ich den vielen mit größter Kraft herausgebrüllten Tönen nach wie vor misstraue, sie als Zeichen der Überforderung und nicht des Ausdrucks werte und mich über die freilich eher spärlich eingesetzten leisen freue. Wenig Anlass zur Freude gab Mariana Pentcheva als Ulrica, für die sie gleich mehrere Stimmen mitzubringen schien, von denen die für die sehr tiefen, kraftvollen, wenn auch etwas unfeinen Töne noch die angenehmsten waren (der Dirigent des Abends erwies sich als echter Kavalier, als er die meisten problematischen hohen Töne zudeckte) und nicht den gemeinen wobble aufwiesen wie diejenigen der Mittellage, von denen die höheren auch gern etwas zu tief gerieten oder leisere der Künstlerin im Halse stecken blieben - kein Applaus nach der großen Szene war die angemessene Reaktion des Publikums. Immerhin, danach gewann die Sängerin an Sicherheit und Überzeugungskraft, aber die Partie ist nun einmal relativ kurz, da muss man gleich zu Beginn "punkten". Meine Gesprächspartner an diesem Abend hatten mehr Freude an Ekaterina Morozovas Oscar, mir hatte die Stimme die längste Zeit zu wenig Farbe, besonders die herausgegellten Fortetöne (kleine Stimmen werden nie schöner, wenn man forciert), und wer so überspielt, der hat immer etwas zu verbergen. Respekt allerdings verdiente ihr "Saper vorreste", in dem auch die Stimme liebenswürdiger klang (vielleicht hatte sie auch eine bessere Position auf der Bühne?).

Aufhorchen ließ Opernstudiomitglied Richard Sveda als Cristiano, Timo Riihonen erwies sich erneut als Gewinn fürs Ensemble, diesmal als Graf Horn, während Adrian Sampetrean als Ribbing zwar ohne Fehl sang, aber nicht die klangliche Fülle und Präsenz des Kollegen erreichte. Alexandru Ionitza hatte ich damals ebenso für seinen sehr prägnanten Richter gelobt wie den Rheinopernchor, der sich auch diesmal wieder auf hohem Niveau präsentierte.

Michael Güttler hat sich als Einspringer für Valery Gergiev am Mariinsky-Theater und als Begleiter von Anna Netrebko einen Namen gemacht und überzeugte im ersten Teil etwa mit einem sehr ausgewogenen Vorspiel, gutem Timing und reizvoll betonten Mittelstimmen. Gerade nach der Pause klang dann vieles doch eher wuchtig als glutvoll und elegant, manche Passage hätte auch etwas mehr Drive haben können, und zudem hörte man einmal mehr, dass sich nichts daran geändert hat, dass an diesem Haus zu wenig geprobt wird, was einen generelle Überlegungen zum Repertoirebetrieb dieser Größe anstellen lassen könnte.

Eigentliche Attraktion der Wiederaufnahme (und zweier weiterer Vorstellungen, in einer dritten singt die gleichfalls sehr interessante Barbara Haveman!) war natürlich Eva-Maria Westbroek, die in den letzten Jahren eine rasante Karriere hinlegt, nicht nur im deutschen Fach, in dem sie sich einen besonders guten Namen gemacht hat, sondern auch im italienischen (die Amelia sang sie im Februar diesen Jahres in Frankfurt, im heimatlichen Amsterdam gab und gibt sie unter anderem in den Concertgebouwmatineen die Maddalena di Coigny, Wally und Gioconda, im Dezember ist sie im Muziektheater auch als Minnie in Puccinis herrlicher Fanciulla del West zu erleben, und auch die ganz großen Häuser rufen: Im Juni 2010 ist sie Sieglinde in einer Neuproduktion der Walküre in San Francisco, im August 2010 Chrysothemis bei den Salzburger Festspielen, einen Monat später singt sie die Leonora in einer Wiederaufnahme von La forza del destino an der Wiener Staatsoper, im Dezember desselben Jahres folgt eine Neuproduktion des Tannhäuser an Covent Garden, im April 2011 die Sieglinde in einer Ring-Neuproduktion an der Met, im März 2012 schließlich die Kaiserin an der Scala). Die Stimme an sich ist eine herrlich ausladende, wunderbar gesunde, saftige, in allen Lagen gleichermaßen präsente, die einem schmerzlich bewusst macht, welche Kompromisse man sonst häufig im jugendlich-dramatischen Fach machen muss, und so gab es viele bemerkenswerte Phrasen, die frentischen Applaus ganz sicher rechtfertigen, auch solche des erfüllten Pianos, was zeigt, welches Potential über das bedeutende Material hinaus vorhanden ist. Aber es gibt auch manchen Ton, der die Angst der Interpretin vor der Lage oberhalb des Systems erkennen lässt (nicht nur in der von jeder Sängerin gefürchteten Phrase hinauf zum hohen C in der ersten Arie), Intonationsungenauigkeiten auch. Und auch stilistisch erlebte man eher ein Fresco als eine durchdachte Rolleninterpretation, was darauf hindeuten könnte, dass das Tempo, das die Niederländerin sich selber verordnet, doch zu hoch ist, da jagt eine Vorstellungsserie und ein wichtiges Rollendebüt das nächste, da scheint keine Zeit mehr zu sein, wirklich intensiv an den Partien zu arbeiten, eben nicht nur mit Korrepetitoren, die einem beim "Draufschaffen" der Rolle helfen, sondern mit erfahrenen Coaches, die einem beibringen, wie eine Phrase wirklich elegant klingt, wie die ganz Großen der Vergangenheit die Klippen angegangen sind und vieles Nützliche mehr.


FAZIT

Eine insgesamt gelungene Wiederaufnahme mit einem wirklich guten Tenor und einer Sopranistin, die die Opernwelt erobern wird, so oder so.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Michael Güttler

Inszenierung
Stein Winge

Bühne
Hartmut Schörghofer

Kostüme
Tine Schwab

Licht
Franck Evin

Choreographie
Falco Kapuste

Chor
Christoph Kurig

Dramaturgie
Steffi Turre

Spielleitung
Volker Böhm



Der Chor der Deutschen
Oper am Rhein

Die Düsseldorfer
Symphoniker

Statisterie der Deutschen
Oper am Rhein


Solisten

Gustavo III.
Mario Malagnini

Renato Graf
Anckarström
Boris Statsenko

Amelia
Eva-Maria Westbroek

Ulrica Arfvidsson
Mariana Pentcheva

Oscar
Ekaterina Morozova

Cristiano
Richard Sveda

Graf Horn
Timo Riihonen

Graf Ribbing
Adrian Sampetrean

Ein Richter
Alexandru Ionitza

Ein Diener Amelias
keine Angabe






Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



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