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Der Schmied von Gent
Große Zauberoper in 3 Akten von Franz Schreker
nach der Erzählung Smetse Smee von Charles De Coster

in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (zwei Pausen)

Deutsche Erstaufführung im Theater Chemnitz am am 30. Januar 2010


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Theater Chemnitz
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Ein Imbiss vor der Himmelspforte

Von Joachim Lange / Fotos von Dieter Wuschanski

Eine große Zauberoper nannte Franz Schreker seinen Dreiakter Der Schmied von Gent. Die Nazis griffen den schon bei seiner Berliner Uraufführung 1932 an und pöbelten ihn nach nur fünf Vorstellungen wieder aus dem Spielplan. So wie den seit Der ferne Klang (1912) und Die Gezeichneten (1918) höchst erfolgreichen, jüdischen Komponisten aus Hochschul-Amt und Akademie-Würden. Massivere Bedrohung und Verfolgung blieb ihm nur erspart, weil er 1934 in Berlin starb. Es gehört zu den Nachwirkungen der desaströsen Selbstverstümmlung der europäischen Kultur durch die Nazis, dass Schrekers Opern auch heute noch, wenn nicht als Geheimtipp, so doch zumindest als bemerkenswerte Ergänzung des Repertoires neben dem ungebrochen etablierten Richard Strauss gelten. Zumal die Nachkriegsjahrzehnte mit ihrer selbst zum Dogma erhobenen avantgardistischen Abkehr von aller Spätromantik und deren Erben kaum den Raum für historische Gerechtigkeit ließen.

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Souveräner Titelheld: Oliver Zwarg

Für die Oper in Chemnitz gehört jetzt die für Schrekers Verhältnisse geradezu volkstümliche Geschichte des flämischen Schmiedes Smee, der gegen die spanischen Herren mosert, auf einen Sieben-Jahres-Pakt mit dem Teufel eingeht und der Hölle dann doch ein Schnippchen schlägt, in eine Reihe mit Ausgrabungen. Nach Mascagnis Iris, Nicolais Templario und Pfitzners Rose vom Liebesgarten wieder mit der für dieses Haus typischen musikalischen Sorfgalt. Dabei schlägt vor allem GMD Frank Beermann Kapital aus der Wagner- und Strauss-Praxis, mit der die Robert Schumann Philharmonie in den letzten Jahrzehnten zu einem der besten Opernorchester in ihrer Liga geworden ist. Bei Beermann bleibt auch noch das effektvollste Auftrumpfen himmlischer Trompetenstöße oder das Dräuen der Hölle stets kultiviert und gezügelt und mit den Stimmen seiner exzellenten Protagonisten verwoben.

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Der Schmied und die Verführung der Hölle

Vor allem der unangestrengt präzise durch die Riesenpartie des Titelhelden Smee steuernde Oliver Zwarg und Undine Dreißig in der Rolle seiner Frau lassen kaum Wünsche offen. Das irisierend Strömende des originären Schrekerklangs freilich scheint vor allem im symphonischen Furor der instrumentalen Zwischenspiele auf. Sonst geht es in dem collageartigen Streifzug durchs musikalisch Gängige der Zeit ziemlich tümelnd-handfest und chorlied-derb zu.

In der Geschichte wird nicht nur gereimt, was das Zeug hält, da kommt sogar mal eben die heilige Familie höchst selbst auf einem Esel durch die Szene geritten. Deren großzügige Bewirtung dem Schmied bei der Lebensendabrechnung im Himmel auch prompt gutgeschrieben wird. Außerdem erfüllt ihm Josef drei Wünsche, die er dazu nutzt die drei Sendboten der Hölle, die ihn nach seinen sieben guten Erdenjahren holen wollen, auf einen Pflaumenbaum und auf einen Lehnstuhl zu bannen und in einen Sack zu stecken, wo er sie so verprügelt, dass sie den Teufelspakt wieder herausrücken und ihn entkommen lassen.

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Der Handwerker als Künstler

Das Problem für jede szenische Umsetzung ist damit der Bogen, der vom rebellischen Handwerkermilieu im spanisch beherrschten Flamen über das Faustische bis zur geradezu operettenhaften Apotheose im Himmel geschlagen wird. In die Hölle lassen sie ihn nicht rein, weil drei ihrer Sendboten Smee auf Erden in die Falle gegangen waren und verprügelt wurden. Und für den himmlischen Buchhalter Petrus zählt lange Zeit der Teufelspakt mehr als die Chuzpe, mit der er ihm entkommen ist. Der Handwerker, der vor der verschlossenen Himmelspforte eine Imbissbude aufmacht, das ist bei Schreker potenziell so unterhaltsam wie Orpheus in der Unterwelt.

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Auf Erden Konkurrenten und auf dem Weg zu Himmel eine Reisegemeinschaft

Und bei Beermann hört man das auch. Allerdings kann der Regisseur Ansgar Weigner damit kaum wirklich etwas anfangen. Auch der Platz, den er seinem Schmied als Komponisten-Alter Ego an der Rampe inmitten von Notenblättern zu weist und auf den er ihn am Ende aus der musikalisch grandios aufrauschenden himmlischen Vereinnahmung auch wieder entkommen lässt, bleiben bloße Behauptung, die eine allzu bieder nacherzählte Geschichte nur bebildern, aber nicht zu szenischer Souveränität verhelfen (Bühne: Siegfried E. Mayer, Kostüme: Claudia Möbius). Schade, dass man in Chemnitz den Mut zum selten gespielten Werk, nicht auch mit dem zu einer querständigeren Inszenierung verbindet. Gerade Der Schmied von Gent hätte sie nötig.


FAZIT

Auch wenn das Stück einen beherzteren inszenatorischen Zugriff vertragen würde, so hat sich Chemnitz erneut auf hohem musikalischem Niveau mit einer Ausgrabung Verdienste erworben und dabei gleichzeitig die Leistungsfähigkeit kleinerer Opernhäuser auf diesem Gebiet bewiesen.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Frank Beermann

Inszenierung
Ansgar Weigner

Bühne
Siegfried E. Mayer

Kostüme
Claudia Möbius


Robert-Schumann-
Philharmonie Chemnitz



Solisten

Smee
Oliver Zwarg

Smees Frau
Undine Dreißig

Slimbroek
Edward Randall

Flipke
André Riemer

Herzog Alba / Erster Adliger
Martin Gäbler

Henker Jakob Hessels / Zweiter Adliger
Victor Sawaley

Dritter Adliger
Thomas Mäthger

Astarte / Sopran-Solo
Judith Kuhn

Josef
Matthias Winter

Maria
Susanne Thielemann

Petrus
Kouta Räsänen

Ein Knappe
Christiane Barth

Tenor-Solo
David Sitka




Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Chemnitz
(Homepage)



Da capo al Fine

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