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L’Étoile

Opéra bouffe in trois actes
Text von Eugène Leterrier und Alberto Vanloo
Mit der Zwischenaktmusik “Souvenir de Munich-Poule”
Musik von  Emmanuel Chabrier

In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Veranstaltungsdauer: ca. 1 3/4   Std. (Keine Pause)

Premiere am 16. Mai 2010


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Staatsoper Berlin
(Homepage)
Der Witz der Saison

Von Christoph Wurzel / Fotos von Monika Rittershaus

Mit einem musikalischen Witz verabschiedet sich das Ensemble der Staatsoper aus dem alten Haus Unter den Linden. Verzapft haben ihn Dale Duesing als Regisseur und Simon Rattle am Dirigentenpult. Der Witz wird pausenlos erzählt und dauert knapp 2 Stunden. So kurz und knackig ist Emmanuel Chabriers opéra bouffe „L’Etoile“, die als letzte Premiere vor der Renovierung des Hauses im Mai Premiere hatte. Um eine Ausgrabung handelt es sich zwar nicht gerade, aber um die echte Entdeckung eines auf unseren Bühnen sträflich missachteten Werkes, einer musikalischen Farce von äußerst geschmackvoller Machart, voller Esprit, Ironie und hintersinniger Komik. „L’Etoile“ steht in bester Tradition der Offenbachschen Gesellschaftssatiren und wurde auch an derselben Stelle, im „Théatre des Bouffes-Parisiens“ im Jahre 1877 uraufgeführt.

Vergrößerung

Magdalena Kožená ist Lazuli

Es wäre fast eine Untertreibung, die Handlung als irrwitzig zu bezeichnen, denn es handelt sich um einen Blödsinn der höheren Art, durch den hier das Personal mit solch sprechenden Namen wie König Uff, Prinzessin Hieroderdort oder Fürst Igel zum Stachelschwein genudelt wird, damit am Schluss das eintritt, was es nur im Märchen (oder eben in Operetten) gibt, nämlich dass ein kleiner Straßenhändler schließlich eine Prinzessin bekommt.
Dieser Straßenhändler heißt Lazuli und wird in dieser Inszenierung von Magdalena Kožená verkörpert, die allerdings (einzige Enttäuschung an diesem Abend) den  erotischen Reiz dieser Hosenrolle und deren stimmliche Leichtigkeit am Anfang zu zögerlich entfaltet. Erst nach und nach zeigt sie den ganzen Charme dieses kleinen cherobinohaften Sträuners, der sich, ohne es zu wissen, ausgerechnet in die Prinzessin Laoula  (mal genügend schüchtern, mal genügend keck: Juanita Lascarro) verliebt hat. Diese allerdings soll  eigentlich mit König Ouf I. verkuppelt werden, auf dass Artikel 14 der Verfassung vollzogen werde und es einen Ouf II. geben kann.

Vergrößerung in

Ein kleiner Gernegroß: König Ouf I.
(Jean-Paul Fouchécourt mit Chor)


Doch  Ouf I., von Jean-Paul Fouchécourt als Mussolini / Berlusconi-Verschnitt urkomisch dargestellt und mit blendendem Tenor facettenreich gesungen, interessiert sich vor allem für sein Lieblingsspiel: die Hinrichtung von Kritikern an seiner Regierung. Sein Volk ist aber nicht so dumm, wie er denkt und findet König und Staat einfach großartig. Nur der kleine, nichts ahnende Lazuli gerät in die Falle, als der König wieder einmal inkognito dem Volke aufs Maul schaut. Aus nichtigem Anlass hat er ihm eine Watschn verpasst. Lazuli müsste  nun eigentlich dran glauben und sitzenderweise mittels eines Pfahls zum Tode befördert werden – Anlass für eines der komischsten Couplets in diesem Werk. Stattdessen wendet sich das Blatt und vom Delinquenten arriviert er zum bestgehüteten Schatz am Hofe – ironisches Ergebnis einer typisch opernhaften Wendung, die der Hofastrologe Siroco eingefädelt hat, von Giovanni Furlanetto bauernschlau und witzig dargestellt.

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Zwar ein Gesandter, aber kein Geschickter: Fürst Hérisson de Porc Èpic ( hinten: Douglas Nasrawi) mit (v.l.) seiner Gattin Aloés (Stella Doufexis), Prinzessin Laoula (Juanita Lascarro) und dem Sekretär Tapioca (Florian Hoffmann)

Nicht nur die kleinen persönlichen Unzulänglichkeiten werden  hier aufs Korn genommen, sondern auch die große Diplomatie – vertreten durch den Botschafter des Nachbarkönigreichs, Fürst Hérisson de Porc Èpic, dessen diplomatische Initiativen aber stets zum kompletten Gegenteil seiner Absichten führen. Douglas Nasrawi gibt ihn als glänzende Parodie und singt ihn mit ausnehmend komödiantischem Temperament. Weiter gehört zu dieser komischen Delegation Stella Doufexis (mit tadellos sitzender Stimme) in der Rolle seiner Ehefrau Aloés, die allerdings eher dem blassen Sekretär Tapioca (rollenangemessen: Florian Hoffmann) zugeneigt ist und ihm dies im Kussquartett auch sehr anschmiegsam und schmachtend zu vermitteln vermag, während sich auf der anderen Seite Lazuli schon mit der Prinzessin vergnügt.

Vergrößerung  Ziemlich ungefährliche Liebschaften: Lazuli liebt Laoula
(v.l.: Magdalena
Kožená und Juanita Lascarro) und
Tapioca
liebt Aloés (Florian Hoffmann und Stella Doufexis)

Die ganze Chose geht natürlich gut aus, ein lieto fine, wie es im Buche steht beendet zum Leidwesen des Zuschauers diesen vergnüglichen Opernabend viel zu früh. Von derart witzigen Volten und komischen Verwicklungen hätte man sich ohne weiteres gern noch länger verwirren lassen, den ironischen Anspielungen auf ungezählte andere Opern wäre man lustvoll gern weiter gefolgt. Und  über die haargenau gesetzten szenischen Pointen in Dale Duesings Regie in dem originellen Bühnenbild von Boris Kudlicka, der alles im „Hotel L’Etoile“ unterbringt, hätte man weiter gern gelacht. Man konnte es an diesem Abend so oft wie selten wohl in einem Opernhaus.

Simon Rattle gab in „L’Etoile“ mit einem furiosen Dirigat seinen glänzenden Einstand in der Staatsoper. Die ironische Doppelbödigkeit der exzellent instrumentierten Partitur kitzelte er mit hörbarem Vergnügen heraus, Chabriers musikalischer Witz kam so kongenial zu Gehör, wie er auch szenisch über die Bühne kam. Und das Orchester folgte willig diesem Programm. Was musikalischer Humor auch hergibt, hier war es zu hören – ob in der Tristan-Parodie im eingefügten "Souvenir de Munich-Poule" bis hin zum likörseligen Glucksen, Hicksen und Schunkeln bei der Chartreuse-Probe.

FAZIT

Ein musikalisch-szenisches Vergnügen ersten Ranges. Das Stück ist eine Wucht, die Produktion trifft genau ins Schwarze.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Sir Simon Rattle

Inszenierung
Dale Duesing

Bühnenbild
Boris Kudlicka

Kostüme
Kaspar Glarner

Licht
Olaf Winter

Chorleiter
Eberhard Friedrich

Dramaturgie
Klaus Bertisch


Chor der Staatsoper
Unter den Linden

Statisterie der Staatsoper

Staatskapelle Berlin


Solisten

König Ouf I.
Jean-Paul Fouchécourt

Lazuli, ein Straßenhändler
Magdalena Kožená

Laoula, Prinzessin des
benachbarten
Königreichs Mataquin
Juanita Lascarro

Siroco, Wahrsager des Königs Ouf I.
Giovanni Furlanetto

Fürst Hérisson de Porc Èpic,
Botschafter von Mataquin
Douglas Nasrawi

Aloés, seine Frau
Stella Doufexis

Tapioca, sein Sekretär
Florian Hoffmann

Patacha
Jaroslaw Rogaczewski

Zalzal
Jens-Eric Schulze



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Staatsoper Unter den Linden Berlin
(Homepage)



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