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Le nozze di Figaro
(Figaros Hochzeit)


Commedia per musica von Lorenzo Da Ponte
Nach der Komödie “Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro”
von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h 40' (eine Pause)

Koproduktion mit dem Theater Regensburg

Premiere im Großen Haus der Städtischen Bühnen am 7. Februar 2009


Logo: Städtische Bühnen Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)
„Figaro“ rund ums Bett

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Michael Hörnschemeyer


Wer kennt sie nicht, diese wundervoll ironische Kavatine im Dreivierteltakt „Se vuol ballare, signor Contino“, mit der Figaro seinen Herrn selbstbewusst herausfordert. 1786, als die Mozart-Oper auf den ausdrücklichen Wunsch Kaiser Josephs II. sogar mit Tanzeinlage im Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde, waren die sozialrevolutionären Töne und Untertöne des aufstrebenden Bürgertums so präsent, als wenn Beaumarchais der Textdichter selbst gewesen wäre. Wien erfreute sich damals einer kaiserlich unterstützten „regen Buffa-Szene“, die laut Martin Geck „sich selbst auf die Schippe nimmt und für Tagesaktualitäten, Parodie und allerlei kommunikative Späßchen offen ist“.

Vergrößerung in neuem Fenster Figaro (Ivan Dimitrov) und Susanna (Henrike Jacob) in ihrem Schlosszimmer (1.Akt)

Ob „commedia per musica“ (Bezeichnung im ersten Druck des Librettos von Lorenzo da Ponte) oder „das vollkommenste Lustspiel des 18. Jahrhunderts“ (Norbert Miller), ob „dramma giocoso“ (Rossini im Unterschied zu seinen eigenen „opere buffe“) oder einfach nur „opera buffa“ (Bezeichnung in Mozarts eigenhändigem Verzeichnis), wie viele andere damalige Buffa-Libretti lebt „Le nozze di Figaro“ - gepaart mit schnell wechselnden Aktionen - von „Liebe, Eifersucht, Heuchelei, Spott, Verkleidung, Verwechslung, Intrige, Täuschung, Angst, Streit, Gewalt, Versöhnung.“

Zwei Beispiele: Figaro will Kammerzofe Susanna heiraten und bittet den Grafen Almaviva um sein Einverständnis. Aber was ist, wenn der Graf selbst gern diese junge, schöne Frau als Mätresse hätte und um die Heirat zu verhindern, u.a. die aufgestachelte Zofe Marcellina unterstützt, damit sie ihr altes Eherecht mit Figaro einklage. Und welch ein Schicksalsschlag, wenn diese plötzlich vor Gericht in Figaro ihren Sohn wieder erkennt ... Page Cherubino, jugendlicher Amor im Schloss, will Susanna bitten, bei der Gräfin um Fürsprache zu ersuchen, weil der Graf ihn wegen eines Stelldicheins mit der Tochter des Gärtners Barbarina entlassen will. Was aber, wenn Cherubino den Grafen zufällig dabei ertappt, wie er Kammerzofe Susanna zu einem Schäferstündchen überreden will ...wenn daraufhin der Graf zufällig erfährt, seine eigene Frau bzw. Susanna hätten eine Affäre mit Cherubino ...Eine Situation konterkariert die folgende mit ständisch gemischter Schlachtenordnung - versteht sich - wie es der historischen Umbruchsituation entspricht. Ob im Finale des zweiten Aktes die bewusst bedächtig gestaltete Chromatik in der Melodielinie Figaro als Lügner enttarnt, ob angesichts der Verwirrung von Graf und Gräfin beim Anblick Susannas die Musik in eine Art stockenden Herzschlag gerät oder sich die Stimmen bei der anschließenden Versöhnung in Harmonie vereinen, Mozarts Musik veranschaulicht nicht nur jeden Stimmungsumschwung, sondern auch den Triumph der jeweiligen Person oder Gruppe.

Während das Bühnenbild der in Kooperation mit dem Theater Regensburg entstandenen münsteraner Inszenierung ein pastellfarbenes, auf das notwendigste Mobiliar beschränktes Schlosszimmer mit unvollendeter Wandmalerei darstellt, verdeutlicht die Kostümierung - bis auf Cherubino, das aufreizende Negligé der Gräfin und Musiklehrer Basilio - die gesellschaftliche Zugehörigkeit der Figuren.

Vergrößerung in neuem Fenster

Gräfin Almaviva (Annette Johansson), Figaro (Ivan Dimitrov) und Susanna (Henrike Jacob) (2.Akt)

Regisseur Wolfgang Quetes nutzt die Ouvertüre, um in einer Art scherenschnittartigem Schattenspiel den Zusammenhang der Geschichte zu dem 1775 erschienenen Werk Beaumarchais' „Le Barbier de Séville“ herzustellen. Im Mittelpunkt seiner aktions- und bewegungsfreudigen Gesellschaftssatire steht das Bett. Figaro sitzt nach der Ouvertüre auf der Bettkante, um die Maße zu notieren. Graf Almaviva legt Susanna gleich beim ersten Aufeinandertreffen flach und wäre gefühllos zur Tat geschritten, wenn nicht der Wäschekorb dazwischen gewesen wäre... Cherubino würde - während seiner Arie Nr.6 ("Non so più cosa son") - gern Kopfkissen, Bettdecke oder Unterwäsche herzen und drücken, wenn Susanna nicht dazwischenfunken würde. Verbale Bosheiten z.B. zwischen Susanna und Marcellina oder der tumultartige Charakter der Schlusszene des 2. Aktfinales werden in derben Kissenschlachten ausgetragen. Szenen wie diese, aber auch ein durchaus handgreiflich reagierender Figaro oder der leicht betrunken torkelnde Gärtner, der vor lauter Aufregung die gräflichen Räumlichkeiten mit Gartenholschken betritt, sie in einer anderen Szene zwar auszieht, aber so in den Eingang stellt, das die als nächste eintretende Person stolpert, - Szenen wie diese rücken die Inszenierung in die Nähe einer Posse, was die gestische Differenziertheit der Musik umso deutlicher hervorscheinen lässt.

Lebendig und schwungvoll unterstreicht das Sinfonieorchester Münster unter der Leitung Fabrizio Venturas die Atemlosigkeit des Geschehens und verdeutlicht zugleich mit spielfreudiger, differenzierter Gestaltung, wie sehr hier die Musik dramatischer Funktionsträger ist. Mit etwas weniger Beweglichkeit, aber ebenso engagiert und sich gesanglich im Laufe der vier Akte beständig steigernd, präsentiert sich das Solistenensemble.

Stimmlich solide und kraftvoll interpretiert Matteo Suk den Grafen, Ivan Dimitrov ist ein ebenso kraftvoller Figaro, dessen Cavatina Nr.3 ("Se vuol ballare") etwas mehr ironischen Schwung vertragen könnte. Judith Gennrich ist ein schillernder, in der Höhe manchmal metallisch glänzender und gleich darauf ins Pianissimo zurückgenommener Cherubino. Anna Preckeler als Barbarina meistert ihren ersten Bühnenauftritt solide und stimmsicher. Henrike Jakob stellt eine mit aufblitzenden Spitzentönen und koketten Staccati ausgestattete, dynamisch, beweglich gestaltende, kesse Susanna dar. Mit brillantem schauspielerischem Talent beherrscht sie das Geschehen. Gelegentlich hat man jedoch – vor allem im ersten Akt - den Eindruck, dass sie im voluminösen Orchesterklang unterzugehen droht. Besonders viel Applaus erhielt Annette Johansson als Gräfin für ihre differenzierte Gestaltung des Accompagnato-Rezitativs und der Arie im 3. Akt "Dove sono i bei momenti". Dynamisch differenziert - wunderbar der gehaltene Pianissimo-Ton zur Verdeutlichung des Zusammenhangs von Rezitativ und Arie - , mit lyrischer Wärme und klangvollem Funkeln gestaltete sie einen empfindsamen, edlen Charakter.


FAZIT

Kurzweilig, aber nicht aufregend.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Fabrizio Ventura

Regie
Wolfgang Quetes

Bühne
Manfred Kaderk

Kostüme
Ute Frühling

Choreinstudierung
Donka Miteva

Dramaturgie
Ralph Blase


Chor der Städtischen
Bühnen Münster

Statisterie der Städtischen
Bühnen Münster

Sinfonieorchester
der Stadt Münster


Solisten

Graf Almaviva
Matteo Suk

Gräfin Amaviva
Annette Johansson

Susanna, Verlobte des Figaro
Henrike Jakob

Figaro
Ivan Dimitrov

Cherubino, Page des Grafen
Judith Gennrich

Marcellina
Suzanne McLeod

Bartolo, Arzt in Sevilla
Plamen Hidjov

Basilio, Musiklehrer
Andrea Shin

Don Curzio, Richter
Fritz Steinbacher*
Christian-Kai Sander

Barbarina, Tochter des Antonio
Anna Preckeler*
Dialekti Kampakou

Antonio, Gärtner des Grafen
Donald Rutherford*
Kai Uwe Schöler

Zwei Mädchen
Christina Holzinger*
Dialekti Kampakou*
Megumi Nanda
Heike Splittgerber



Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Städtische Bühnen Münster
(Homepage)



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