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Mehr biblisches Oratorium als Oper
Gegen die Liebe ist seine Kraft machtlos. Und er, der Stärkste von allen, der die Kette eines ganzen Volkes zersprengte, wird unter mir zusammenbrechen! So der Schluss der Eröffnungsarie des 2.Aktes der 1877 in Weimar uraufgeführten dritten Oper von Camille Saint-Saëns Oper Samson et Dalila. Ruhig und sicher, dass sie Samson, den Anführer der Hebräer, besiegen wird, erklingt der Triumph der Oberpriesterin der Philister Dalila, Inbegriff der Femme fatale. Auf die dramatische Thematik, die Verstrickung von Liebe, Hass und Verrat, die in diesem Akt zugespitzt, in den Vordergrund gerückt wird, verweist der rot gefärbte Bühnenhintergrund. Ansonsten enthält sich die konzertante Aufführung des Musiktheaters im Revier in Gelsenkirchen jeglicher regietheatralischen Interpretation. Statt aufwendigem Bühnenbild, komplizierter Bühnentechnik und Kostümen erinnert die konzertante Darbietung der 1877 in Weimar uraufgeführten dritten Oper von Camille Saint-Saens eher an eine plastische, biblische Oratorienkomposition, wie es z.B. der 1. Akt mit den weitläufigen Chor- und fehlenden Handlungsanteilen nahelegt. In diesen Abschnitten wirkt die Oper wie eine über die Handlung hinausweisende Erzählung, die sich zwar überwiegend an die literarische Vorlage, das 16.Kapitel im Buch der Richter des Alten Testaments hält, wesentliche Handlungselemente wie z.B. die Überwältigung Samsons jedoch als bekannt voraussetzt. Plastische, transparente Oratorienbilder, musikdramatisches Strömen und Farbenreichtum der Grand Opéra - es waren vor allem diese vielen musikalischen Facetten, die spannungsvoll von den homogen ausgewählten Solisten, Chor und Neuer Philharmonie Westfalen unter der Leitung von Heiko Mathias Förster präsentiert wurden. Mezzosopranistin Anna Agathonos war eine bewusste Dalila voll inniger, melancholisch sinnlicher Weiblichkeit, deren Stimme in den tiefen Registern zwar die kraftvolle Laszivität vermissen ließ, in der Höhe dafür umso mehr ihr verlockendes Funkeln entfaltete. Sie überzeugte vor allem in der musikalischen Gestaltung großer melodischer Spannungsbögen. Ricardo Tamura gestaltete Samson wie einen beharrlichen Krieger mit kraftvollem, heldentenorialem Glanz, allerdings vielleicht erkältungsbedingt wenig dynamischen Differenzierungen. Bariton Björn Waag präsentierte die genussvollen Hasstiraden des Oberpriesters überzeugend mit geradezu metallischer Schärfe. Michael Tews, der auch in der Rolle des alten Hebräers zu hören war, überzeugte mit klangvollem Bassregister und einer musikalisch und gestisch differenzierten Interpretation des Abimelech. Chor und Extrachor des Musiktheaters sangen textverständlich und dynamisch variantenreich. Zusammen mit der Neuen Philharmonie Westfalen entstand z.B. im Einleitungschor ein großer, dynamischer Spannungsbogen, der die klagende Anrufung der Hebräer anschaulich vergegenwärtigte und der, dank der variantenreichen, differenzierten und geradezu sinnlichen Gestaltung des Orchesters bis zum Schluss anhielt.
Samson et Dalila als Oratorium zu spielen ist vielleicht nicht die schlechteste Lösung. Hörenswert. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Chor
Solisten
Dalila
Samson
Abimelech / ein alter Hebräer
Oberpriester des Dagon
Ein Bote
1. Philister
2. Philister
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