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Der Flügelschlag des Lebens
Von Dr. Joachim Lange / Fotos von Matthias Creutziger Als Hans Werner Henzes Oper L'Upupa und der Triumph der Sohnesliebe vor sechs Jahren bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde, umwehte dieses Ereignis auch ein Hauch von Abschiednehmen. Doch der 1926 geborene Grand Seigneur seiner Zunft überraschte seine Fans und die Musikwelt vor zwei Jahren an der Lindenoper in Berlin mit einer frappierend frischen, grandios sperrigen Phaedra, deren Novität so manchen seiner viel jüngeren Kollegen alt aussehen ließ. Auch den Schicksalsschlag, der ihm seinen um Jahre jüngeren Lebenspartner Fausto von der Seite riss, verarbeitete er zu einem eindrucksvollen Stück Musik, das Riccardo Chailly letzten Herbst im Leipziger Gewandhaus mit großem Erfolg uraufführte. Für Henze ist das Leben immer noch Komponieren. Zur jüngsten Dresdner Premiere, der nach Salzburg und Hamburg mittlerweile dritten Inszenierung, von L'Upupa war der greise Meister eigens aus Italien angereist. Er nahm denn auch in der Pause von der Loge aus die Ovationen, die die Mitwelt dem größten lebenden deutschen Komponisten bei seinem Auftauchen mittlerweile bereitwillig zollt, huldvoll entgegen. Auf Abenteuerfahrt: John Mark Ainsleyå (Der Dämon), Jacques-Greg Belobo (Dijab), Claudia Barainsky (Badi´at), Markus Butter (Al Kasim), Bewegungschor
Die Geschichte, die sich Henze selbst aus der arabischen Märchenwelt gefischt und zu einem Libretto mit elf Tableaus verarbeitet, mit etwas Zauberflöte und viel Parabelartigem angereichert hat, handelt von einem alten Vater dreier ungleicher Söhne. Dem alten Mann fliegt der geliebte Wiedehopf (der in Italien, wo Henze selbst so einen Vogel einst im Garten seines Domizils vorfand) davon, als er nach ihm greifen will. Für seine drei Söhne wird dessen Wiederbeschaffung eine Art Prüfung. Nur einer besteht sie mit Hilfe seines guten Dämons. Nach etlichen Abenteuern kehrt er, samt befreiter Prinzessin und einer geheimnisvollen Schatzkiste im Gepäck, zurück. Die beiden anderen Brüder erweisen sich als hinterlistige egoistische Nichtsnutze, versuchen gar, ihn aus dem Weg zu räumen. Ungleiche Brüder: Georg Zeppenfeld (Gharib), Markus Butter (Al Kasim), Jacek Laszczkowski (Adschib)
Das ganze Geschehen ist eine Art Wanderung dieses einen Sohnes, Al Kasim, durch die Welt und zu sich selbst. Als sich dann freilich alles zum Guten fügen könnte, der Vater zufrieden, die falschen Brüder bestraft, die Braut zur Stelle ist und sogar schon von Hochzeit geredet wird, da verzieht sich dieser Wandersmann aus Passion plötzlich einfach wieder. Er ist dann mal weg, hat eine Verabredung mit seinem Dämon. In Dresden macht er sich auf den Weg über die gewaltige, sich ständig in- und gegeneinander drehende Treppenlandschaft, mit der Roland Aeschlimann die Bühne für Nikolaus Lehnhoffs unaufgeregt erzählende Inszenierung eindrucksvoll beherrschend zugestellt hat. Auch wenn man jetzt den Dämon wie ein Denk-mal, sozusagen bedeutungsoffen, im Zentrum erblickt, kommt diese Inszenierung über eine luxuriös ausgestattete Märchenstunde, in den prachtvoll bunten Kostümen von Andrea Schmidt-Futterer, nicht hinaus. Wobei sich Henze selbst über die knapp drei Bruttostunden in seiner Fabulierlust an der einen oder anderen Stelle selbst schon mal arabesk verplaudert hat. Ewige Wanderschaft:
Am Pult der Sächsischen Staatskapelle bietet Gastdirigent Stefan Lano deren gesamte Klangopulenz für Henzes mediterran durchwehte, gleichwohl auf Orchesterpracht setzende Musik auf. Vom ersten bedeutungsschwangeren Flügelschlag, der aus dem Graben aufsteigt und durchs Haus huscht, über den rhythmischen Parlando-Sound bis hin zu den so kleinen wie faszinierenden symphonischen Verwandlungsmusiken. Auch das Sängerensemble überzeugte durchweg. Von Claudia Barainskys beweglicher Braut Badi'at, über Christa Mayers Malik und Jacques-Greg Belobo bin hin zum profunden Wolfgang Schöne als altem Vater. Die Hauptlast tragen der eloquente Markus Buttler als guter Sohn Al Kasim und sein höchst beweglicher, guter Dämon John Mark Ainsley. Al Kasim und sein Dämon: Markus Butter (Al Kasim), John Mark Ainsley (Der Dämon)
Auch die extreme Counterpartie des Adschib ist mit Jacek Lazczkowski erstklassig besetzt, was in einen interessanten Kontrast zum Bass Georg Zeppenfeld als dem anderen Bruder steht. Es gab viel Beifall.
Hans Werner Henzes poetische Oper kommt auch bei ihrer Dresdner Inszenierung auf hohem musikalischen Niveau und szenisch märchenhaft daher. Auch bei ihrer insgesamt dritten Inszenierung ist ihr szenisches Potential noch nicht ausgeschöpft. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Bewegungschor
Licht
Choreinstudierung
SolistenBadi'atClaudia Barainsky
Der Dämon
Der alte Mann
Malik
Dijab
Al-Kasim
Adschib
Gharib
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