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Musiktheater
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Hamlet
12 musikdramatische Tableaux
Musik von Christian Jost
Libretto vom Komponisten
unter Verwendung des englischen Originaltextes und der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel und Ludwig Tieck


In deutscher und englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden 45 Minuten (eine Pause)

Uraufführung am 21. Juni 2009 an der Komischen Oper Berlin


Homepage

Komische Oper Berlin
(Homepage)
Prinzendämmerung

Von Joachim Lange / Fotos von Monika Rittershaus

Wenn es erst nach 18 Jahren an der Komischen Oper in Berlin wieder eine Uraufführung gibt, dann ist das nicht nur überfällig für diese „Opernhaus des Jahres“, sondern es geht auch als Chefsache über die Bühne und wird vom Intendanten Andreas Homoki persönlich inszeniert. Bei der Wahl des Stoffes für dieses Auftragswerk hatte er dem deutschen Komponisten Christian Jost (46) freie Hand gelassen. Als sein eigener Librettist hat der sich mit „Hamlet“ für ein Filetstück des dramatischen Bildungskanons entschieden. Und dabei die dem deutschen Publikum selbst fast schon als Original geltende Variante von August Wilhelm Schlegel und Ludwig Tieck verwendet. Im (eher willkürlichen) Wechsel mit einigen englischen Originalzitaten. Die widerstehen sogar dem immer noch geltenden, antiquierten Sprachdogma des Hauses, nach dem seit Walter Felsensteins Zeiten noch jede Oper in Deutsch aufgeführt wird, und werden nur in den Übertiteln (zweites überfälliges Novum!) übersetzt

Vergrößerung Das Personal des Dramas gibt es auch auf der Opernbühne

Was in der Stückbezeichnung „12 musikdramatische Tableaux nach William Shakespeare“ auf ein Abrücken vom dramatischen Erzählpfad und die für eine Vertonung anvisierte Konzentration auf eine Innenschau deutet, erweist sich allerdings doch mehr als pure Koketterieund wird nur zum Teil eingelöst. Denn Jost bleibt auch in seiner konzentrierenden Adaption des Stoffes so dicht am Stück und seinen deutlich erkennbaren Schlüsselszenen und Zitaten, dass man sich bald fragt, auf welcher Ebene sich die ästhetische oder inhaltliche Legitimation dieser Hamlet-Veroperung denn wohl entfaltet. Am Ende der mehr als zwei langen Nettospielstunden bleibt die Antwort im Verborgenen.

Vergrößerung

Als Hamlet in glänzender Stimmverfassung: Stelle Doufexis

Musikalisch setzt Jost auf ausladende und grandios umgesetzte ariose Aufschwünge, vor allem aber auf eine emotionale Dauererregung. Dieses durchformulierte, atmosphärisch gefärbte Orchesterdräuen breitet mit seinem geradezu süffigen Wohlklang die Arme weit aus, um den Hörer mit lauter, oft meisterlich orchestrierten Finalsätzen einer imaginären Hamlet-Sinfonie zu umarmen; ihn allerdings auch mit dieser zelebrierten Gleichförmigkeit zu erdrücken. Immerhin sorgt der GMD der Komischen Oper Carl St. Clair mit seinem Orchester dabei für eine so durchhörbare wie suggestive Opulenz.

Vergrößerung Zwischen Himmel und Erde…..

Leider setzten Andreas Homokis Personenregie, vor allem aber Wolfgang Gussmanns dominierende Bühnenidee dem nicht genügend produktiven Widerstand entgegen. Der hermetische Einheitsbühnenraum ist zwar erkennbar um eine Verdeutlichung des Psychologischen, des Inneren der Hamlet-Problematik bemüht. Doch die stilisierte weiße Kostümeinförmigkeit für das optisch kaum unterscheidbare Personal, und die schwarze Unkenntlichkeit für den lemurenhaft geisternden Chor der inneren Stimmen treffen auf eine metaphorisch endlose, helixartige Wendeltreppe zwischen Oben und Unten. Und auf eine Fläche, die 'mal die Decke eines angedeuteten, dunklen Innenraumes ist und sich dann zur Spielfläche eines weißen, öffentlichen Raumes absenkt. Doch der stetige Wechsel zwischen diesen Räumen büßt alsbald alles Überraschende ein und verliert sich im vorhersehbar Mechanischen.

Vergrößerung

Dramatische Zuspitzung im Lichte der Öffentlichkeit

Gesungen wird dafür auf höchstem Niveau. Seiner Ehefrau Stella Doufexis etwa hat Jost diesen Hosenrollen-Hamlet maßgeschneidert in die Kehle geschrieben. Sie besticht mit ihrer traumwandlerischen Höhensicherheit ebenso wie die Ophelia von Karolina Anderson. Doch auch das übrige Ensemble glänzt: vom Polonius Jürgen Sachers und dem Laertes von James Elliott über den Horatio des Tom Erik Lie bis hin zu dem auch darstellerisch profilierten Königspaar. Als Gertrud und Claudius haben Gertrud Ottenthal und vor allem Jens Larsen noch am ehesten die Möglichkeit, dramatisches Profil zu zeigen, so wie Rosenkranz (Caren von Oijen) und Güldenstern (Peter Renz) mit Schirm und Melone die eher raren Ausflüge in den szenischen Witz weidlich nutzen. Dass von „Die Zeit ist aus den Fugen“, über "O schmölze doch dies allzu feste Fleisch" bis hin zum vom Chor geraunten „Sein oder Nichtsein“ alles drin ist, was man so kennt, erleichtert diesem „Hamlet“ sein Bühnenleben natürlich. Und doch ist es eine Oper, die nicht aufregt. Der Rest ist Shakespeare.


FAZIT

In Berlin ist eine neue Hamlet-Oper zu erleben, die auf hohem musikalischem Niveau in einer stilisierten, hermetischen Ästhetik präsentiert wird. Sie geht in ihrer vor allem vom Orchester getragenen Atmosphäre aber nicht wirklich über das dramatisch emotionale Potential der Dramenvorlage hinaus.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Carl St. Clair

Inszenierung
Andreas Homoki

Bühnenbild und Kostüme
Wolfgang Gussmann

Chöre
Robert Heimann



Chorsolisten der
Komischen Oper Berlin

Orchester der
Komischen Oper Berlin


Solisten

Hamlet
Stella Doufexis

Horatio
Tom Erik Lie

Claudius
Jens Larsen

Gertrud
Gertrud Ottenthal

Polonius
Jürgen Sacher

Rosenkranz
Caren von Oijen

Güldenstern
Peter Renz

Ophelia
Karolina Andersson

Laertes
James Elliot

Der Geist
Sascha Borris
Miloš Bulajiæ
Markus Vollberg
David Schroeder
Christoph Schröter
Welf-Echhart Wiencke

Innere Stimme
Cornelia Berner
Julia Bossen
Kerstin Bulla-Rohde
Barbara Hetzelberger
Anja Kirov-Vogler
Jana Reh
Antia Rodriguez Mendoza
Jane Richter
Mechthild Sauer
Frank Baer
Mathias Bock
Matthias Gummelt
Volker Herden
Eberhard Krispin
Christian Müller-Bergh
Richard Neugebauer
Henrik Pitt
Thomas Seyfarth



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Komischen Oper Berlin
(Homepage)



Da capo al Fine

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