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Im Sturm der Bilder - ein Ring als Wille und Video
Von Joachim Lange / Fotos von Tato Baeza Das neue Opernhaus in Valencia ist selbst ein ziemlich spektakuläres Kunstwerk. Der heimische Stararchitekt Santiago Calatrava hat den Palau de les Arts Reina Sofia vor drei Jahren wie ein Ufo in dem zum Kulturendlospark umfunktionierten Flussbett landen lassen. Als eine kühne Mischung aus mittelalterlicher Helm- und fantastischer Tierform. Mittlerweile sind neben dem großen 1640-Plätze Saal und dem Konzertauditorium auch alle anderen Bühnen spielbereit. Opernhaus in Valencia
Und der hauseigene, mit dem Maggio Musicale Fiorentino koproduzierte "Ring des Nibelungen", mit dem Intendantin Helga Schmidt ihr Haus neben der übermächtigen Opern-Konkurrenz in Madrid und Barcelona national und international etablieren will, ging nach dem Doppelauftakt in der letzten Saison jetzt mit "Siegfried" in sein zweites Jahr. Dabei bedient sich die gut vernetzte Österreicherin natürlich aus dem Pool international gängiger Wagnerstars, wobei sie den aktuell auch in Wien gefeierten finnischen Wotan Juha Uusitalo gar als eigene Entdeckung reklamiert. Für die szenische Realisierung aber setzt sie auf La Fura dels Baus (vor allem Carlos Padrissa). Den Spaniern hatte ja Gerard Mortier in Salzburg mit La Damnation de Faust den Sprung in den internationalen Opernbetrieb ermöglicht. Weil der Hausmatador Zubin Mehta am Pult des Orquestra de la Comunitat Valencia, das in den letzten Jahren deutlich an Profil gewonnen hat, einen sich breit entfaltenden, aber doch erstaunlich durchhörbaren und detailfreudigen Wagnerklang garantiert, hält sich das Risiko in Grenzen. Gerhard Siegel ist als Mime ohnehin nicht zu schlagen, Franz-Josef Kapellmann ein höchst zuverlässiger Alberich, Catherine Wyn-Rogers eine nicht allzu dunkle, aber raumgreifende Erda und Jeniffer Wilson eine beeindruckende erwachende Brünnhilde. Hatte sich der Russe Leonid Zakhozhaev als Siegfried schon in Baden-Baden für die kleine Spitzenriege der noch mühelos strahlenden Wagnertenöre empfohlen, so wiederholte er das jetzt mit einer obendrein höchst akzeptablen deutschen Diktion. Siegfried (Leonid Zakhozhaev) allein im Wald Vielleicht hat das auch daran gelegen, dass man den deutschen Wagnerroutinier Hans-Peter Lehmann speziell für die Personenführung ins Team geholt hat. Doch gegen die wiederum entfesselte Bilderüberflutung konnte auch er nicht viel ausrichten. Optischer Hauptakteur sind nämlich sechs in der Mitte leicht eingeknickte, fahrbare Riesenbildschirmwände. Wie Christoph Schlingensief setzten die Spanier vor allem auf die Erweiterung der Szene in die Dimension der Videos. Aber anders als den Deutschen treibt sie dabei nicht der assoziative Deutungsehrgeiz um, sondern eine mit fröhlicher Unbefangenheit eskalierende illustrative Bebilderungswut. Mit Erinnerungseinblendungen an das faszinierend grafisch dichte Nibelheim mit seiner futuristisch visionären Menschenproduktion oder an die aus Menschenmolekülen zusammengesetzte, grandiose Walhallskulptur. Vor allem aber auch mit dem leuchtend schwebenden Wunderschwert im Hintergrund oder einem kubistischen Metallwurm, der dann aber doch ein Herz hat. Ein Ungeheuer aus Metall, das doch ein Herz hat ...
Mit einer kosmischen Perspektive auf eine Erde, unter deren Kontinenten das Urfeuer brodelt. Und mit grandiosen Kamerafahrten durchs Hochgebirge auf den tatsächlich von Feuern umloderten Walkürenfelsen zu. Hier ist man mehr im Herrn der Ringe, als im Ring. Dort liegt Brünnhilde im Brustpanzer natürlich immer noch auf ihrer Geburtstagstorte und wartet auf ihren rastagelockten Erwecker. Im "Siegfried" dominiert diese auf sich selbst reflektierende Bebilderung endgültig. Sie schrammt dabei (vor allem im zweiten Aufzug mit einem endlos überblendeten und sich bewegenden Gewirr von Unruhekonstruktionen, und dann im dritten mit blubbernden und zerspringenden Videoblasen) allzu oft den rein illustrativen Kitsch. Es ist eine Rückkehr des längst versunkenen Prospektetheaters im Gewand bestechend gut gemachter, postinterpretierender Videobilder. Die Chance jedenfalls mit ihrem naiv märchenhaften Zugang aus dem im Rheingold aufgezeigten Gegensatz von Alberichs abstruser Menschenproduktion und Wotans netzwerkartiger Menschenbildnerei auch inhaltlich Kapital zu schlagen, wurde jedenfalls vertan. Dennoch: einhelliger Jubel!
In Valencia rundet sich musikalisch respektabel ein Ring, der allerdings szenisch selbst hinter den selbst gesetzten, vor allem video- und raumorientierten Vorgaben zurück bleibt. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Video
SolistenSiegfriedLeonid Zakhozhaev
Brünnhilde
Wanderer
Mime
Alberich
Erda
Fafner
Waldvogel
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