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King Arthur
"Dramatic opera" in 2 Teilen
Libretto: John Dryden
Musik: Henry Purcell
Münsteraner Fassung: Igor Folwill


Die Dialogtexte sind von Winfield Hutton und Jens Ponath übersetzt.
Die Gesangsnummern sind in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln.

Aufführungsdauer: ca. 3 Std. (eine Pause)

Premiere im Großen Haus der Städtischen Bühnen
am 1. September 2007


Logo: Städtische Bühnen Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Michael Hörnschemeyer


Lieben Sie geistvolle, abwechslungsreiche Unterhaltung? Drastische Schäfererotik oder schillernde Sirenen? Das pralle Leben mit Krieg und Versöhnung, Hass und Liebe? Haben Sie keine Angst vor historischer Aufführungspraxis barocker Musik, Koloraturen? Münster eröffnet die Spielzeit 2007/08 mit "King Arthur" von John Dryden und Henry Purcell!

Vergrößerung in neuem Fenster Wendelin Starcke-Brauer (Erzähler),
Wolf-Dieter Kabler (Merlin)

Das Libretto dieser "dramatic opera" hatte Dryden schon 1684 verfasst in der Absicht, das englische Königtum unter Berufung auf das Charisma der legendären Artusfigur zu verklären. Charles II erlebte die ihm zugedachte Würdigung nicht mehr. Das Stück blieb zunächst unveröffentlicht und wurde 1691 nach einer Textrevision mit der Musik Purcells uraufgeführt. Er, dem aufgrund der Originalität seiner Melodieerfindungen 1698 posthum der Titel "Orpheus Britannicus" verliehen wurde, hat es in besonderer Weise verstanden, den Ernst und die Gemessenheit italienischer mit der Leichtigkeit und Balladenhaftigkeit französischer Musik zu verbinden.

"King Arthur" ist eine Semi-Oper, eine Mischform aus Schauspiel, Musiktheater und Tanz - typisch für das 17. Jahrhundert in England, weil sich mit dieser Mischform das Aufführungsverbot für Sprechtheater umgehen ließ; typisch für das Opernschaffen Purcells, der neben "King Arthur" noch "Dioclesian", "The Fairy Queen", "The Tempest", "The Indian Queen" nach verschiedenen Vorlagen komponierte und typisch auch für die barocke Auffassung der Oper als Gesamtkunstwerk, wo bildhaftes Schauen im Vordergrund steht und schöne Bilder, Bewegung, Abwechslung und Überraschung verlangen. Harnoncourt sprach anlässlich der wegweisenden Salzburger Neuinszenierung von 2004 sogar vom "ersten Musical der Geschichte".

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Benjamin Kradolfer Roth (Oswald),
Marek Sarnowski (Guillamar) und Chor

Kern der Handlung ist der Wettstreit zweier Liebender um die schöne, blinde Emmeline. Aber die Rivalen Arthur, König der Briten, und Oswald, König der Sachsen, bzw. ihre Völker führen auch Krieg, wobei schon zu Beginn des Stückes die christlichen Briten die feindlichen Angelsachsen, die noch durch Opfergaben die Götter Wotan, Thor und Freia um Unterstützung bitten, weitgehend zurückgedrängt haben.
Es wettstreiten außerdem der Zauberer Merlin und der Luftgeist Philidel für die eine Partei, der Zauberer Guillamar und Erdgeist Grimbald für die andere sowie SchäferInnen, Cupido, Frostgeist, Nymphen und andere Naturgeister.

Vergrößerung in neuem Fenster Schäferszene
Julia Neumann (Schäferin),
Benjamin Kradolfer Roth (Oswald),
Annette Johansson (Schäferin)

Zunächst betrachtet das Publikum sich selbst im Münsteraner Theater. Eingebettet von Parkettbestuhlung mit weißer Stahlrohrkonstruktion, der bienenkorbähnlichen Architektur der Ränge und Lampenhimmel begrüßt man sich auf der Bühne bei Smalltalk und dem obligaten Gläschen Sekt. Und nachdem die Zuschauer Platz genommen haben, die Ouvertüre rhythmisch artikuliert und tänzerisch bewegt unter der Leitung des Barockspezialisten Jaap ter Linden erklingt, nimmt ein Erzähler (Wendelin Starcke-Bauer) das Publikum an die Hand und sorgt während des Abends für Orientierung im bunten Bilder- und Szenenwald.

Da wechseln musikalische, das Geschehen deutende Tableaux in englischer und den dramatischen Handlungsvorgang tragende Sprechpassagen in deutscher Sprache, reale mit allegorischen Szenen. Unterstützt wird die Orientierung im immer lebendiger werdenden Szenen- und Ortswechsel von einfallsreichen Regie- und Bühnenbildideen. Nach dem Triumphchor der Soldaten (1. Teil) zum Beispiel werden die auf dem Boden verteilten grau-braunen Soldatenmäntel zur Darstellung von Leichenschändung und -plünderung benutzt, um im nächsten Moment in kleinen Häufchen angeordnet und Nebel getränkt den Hintergrund für die tödlichen Gefahren im Moor zu bilden.

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Im Zauberwald
Sébastien Stengel (Nymphe), Ilja Harjes (Arthur) und Chor

Igor Folwill (Regie), Manfred Kaderk (Bühnenbild) und Ute Frühling (Kostüme) streben kein wirklichkeitsgetreues sondern vielmehr ein symbolhaltiges, theatralisch intensiviertes, manchmal poetisches manchmal derbes, sinnliches und unterhaltendes Abbild von Wirklichkeit an - ganz im Sinne barocker Opernpraxis. Sehr eindrucksvoll die Darstellung der naiv, empfindsamen, blinden Emmeline (Tina Amon Amonsen) und die des Arthur und die Briten geleitenden, spritzig-witzigen Luftgeists Philidel (Isabel Hindersin).

Am meisten beeindruckt hat mich die Frost-Szene im zweiten Teil. Nach einer instrumentalen Einleitung erweckt Cupido (Julia Neumann) koloraturgewandt, strahlend, in einem panzerartigen, goldenen Gewand. den Frostgeist aus seiner gefühllosen, kalten Einsamkeit. Während sich die Musik nach Moll wendet, in kurzer, abgehackter Achtelbewegung und chromatischem Auf und Ab dahinschreitet, Kälte, Erstarrung und Leid ausstrahlt, erscheint der Frostgeist in einem silbernen Kühlschrank-ähnlichen Kasten und bricht für einen kurzen Moment diese ernsthafte Eindringlichkeit, um dann sein wiederum ernsthaftes Klagen, sein Flehen "Let me freeze again....to death" anzustimmen. Sehr ausdrucksstark auch die Textbehandlung des zu Frost erstarrten Volkes (Opernchor der Städtischen Bühnen). Genial lautmalend wird die Klangkulisse ergänzt vom rhythmischen Knistern silbriger Alu-Umhänge, die wenig später in goldene, sonnendurchflutete Gewänder gewendet in Kostüme für den hymnischen Tanz auf die lebensspendende Liebe überführt werden.


FAZIT

Eine gelungene Inszenierung und empfehlenswerte Einführung in barockes Musiktheater!


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jaap ter Linden
/ Peter Meiser

Inszenierung
Igor Folwill

Bühnenbild
Manfred Kaderk

Kostüme
Ute Frühling

Dramaturgie
Jens Ponath


Opernchor der Städtischen
Bühnen Münster
Schauspieler und
Sinfonieorchester
der Stadt Münster


Solisten

von Schauspiel und * Musik

Erzähler
Wendelin Starcke-Brauer

Arthur
Ilja Harjes

Conon
Rudolf Zollner

Emmeline
Tina Amon Amonsen

Mathilda
Carolin M. Wirth

Oswald
Benjamin Kradolfer Roth

Merlin
Wolf-Dieter Kabler

Guillamar
Mark Sarnowski

Aurelius
Christoph Tiemann

Albanakt
Gian-Philip Andreas

Philidel
Isabel Hindersin

Grimbald
Elmar Andree

Erster Sopran (Cupido/Sirene/Seherin u.a.)
Julia Neumann

Zweiter Sopran (Venus/Sirene/She u.a.)
Annette Johansson

Countertenor (Priester/Geist/Nymphe u.a.)
Sébastien Stengel

Tenor (Sergeant/Schäfer/Priester u.a.)
Andrea Shin

Bariton (Äolus/He u.a.)
Jaroslaw Sielicki

Laute und Theorbe
Michael Dücker / Andreas Nachtsheim

Violoncello (Basso Continuo)
Helmut Krack / Monika Krack

Cembalo
Peter Meiser / Bastian Heymel



Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Städtische Bühnen Münster
(Homepage)



Da capo al Fine

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