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Musiktheater
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Luisa Miller
Melodramma tragico in drei Akten von Giuseppe Verdi

Libretto von Salvatore Cammarano
nach Friedrich Schillers Drama "Kabale und Liebe"



Aufführungsdauer: 3 Stunden, 2 Pausen

Premiere am Theater Bielefeld
am 22. September 2007


Logo: Theater Bielefeld

Theater Bielefeld
(Homepage)

Verzweiflung, Misstrauen und Intrigen
Verdis psychologisches Drama "Luisa Miller" am Theater Bielefeld gefeiert

Von Kilian Vollmer / Fotos von Matthias Stutte


Immer wiederkehrende Sujets der Operngeschichte sind wohl Liebe, intrigante Machenschaften und der oft tragische Tod. Konzentriert ist dies schon in Schillers "Kabale und Liebe", was dem jungen Giuseppe Verdi als hervorragende Vorlage für sein tragisches Melodram "Luisa Miller" diente. Als eines der Frühwerke des bedeutenden italienischen Opernkomponisten wurde es lange Zeit vom deutschen Musiktheater kaum beachtet. Sehr verwunderlich, wie GMD Peter Kuhn meint. Umso erfreulicher, dass dieses spannende Werk jetzt im Rahmen der jährlichen Verdi-Aufführungen (zuletzt "Aida") am Theater Bielefeld präsentiert wurde, zudem mit fast ausschließlich hauseigenen Künstlern.

Vergrößerung in neuem Fenster Miller beim Verhör

Knappheit und Erhabenheit waren Verdi wichtig, wie er schon in einem Brief an den Librettisten Piave bezüglich der Planung von "Macbeth" schrieb. Konzentriert ist auch die Handlung in "Luisa Miller", was in der Bielefelder Inszenierung von Helen Malkowsky, Oberspielleiterin des Staatstheaters Nürnberg, überzeugend als psychologischer Thriller umgesetzt wurde.

Der Zensur fällt die komplexe Schilderung der einzelnen Charaktere zum Opfer, dafür treten die emotionalen Spannungen der tragischen und von Intrigen und Standesdenken immer wieder auf die Probe gestellten Liebe zwischen Luisa und ihrem Geliebten Rudolfo, Sohn des Grafen von Walter, umso mehr zu Tage. Zudem ist es faszinierend, wie geschickt Verdi immer wieder vom typischen Klischee, bei ihm sei das Orchester nur eine Begleitmaschine für die Belcanto-Arien der Sänger, abweicht und die Musik die Verzweiflung, das Perfide und das Misstrauen der Handelnden unterstützt und verstärkt.

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Rudolfo ist angewidert vom Grafen von Walter

Eigentlich spielt die ganze Handlung in Tirol und man könnte das Stück auch als Schilderung des Konflikts zwischen Bürgertum und Adel aufziehen. Nicht so am Theater Bielefeld, wo sehr geschickt auf eine einseitige Deutung verzichtet wird und die Inszenierung sowohl Kritik am Feudalismus der damaligen Zeit als auch die Dramatik der jüngsten Stasi-Vergangenheit aufzeigt. Immer wieder verwandelt sich das klassizistische Schloss des Grafen von Walter in das Reich des Sekretärs Wurm, in dem man sich wie in einem dunklen Stasi-Verhörraum fühlt. Immer wieder auftretende düstern gekleidete Wachhabende tun ihr Übriges, diesen Eindruck zu verstärken. Man wähnt sich wie im Film "Das Leben der Anderen". Überhaupt fällt auf, wie intensiv und emotional die Figuren geführt werden.

Vergrößerung in neuem Fenster Rudolfo gesteht dem strengen Miller seine Liebe zu dessen Tochter

Herrscher des dunklen Reichs und Ausführender sämtlicher Intrigen gegen das junge Glück dieses Reichs ist Wurm, vom frisch gekürten Bielefelder Operntaler-Preisträger Michael Bachtadze beeindruckend eindringlich gespielt. In seinem Netz aus Intrigen verfängt sich Luisa, von Melanie Kreuter im Großen und Ganzen überzeugend dargestellt, wenn auch gelegentlich nicht ganz einheitlich in der Stimmgebung. Wunderbar aber die Spannung, die sie ihrer Figur gibt.

Ihren nicht gewünschten Liebhaber aus dem Adelshaus gibt Héctor Sandoval kraftvoll und geschmeidig. Ganz große Klasse, wie er nach Intrigenspielen, Lügen und Verzweiflung seine Luisa am Ende mit in den Tod nimmt. Neben seinem Heldentenor eine schauspielerische Glanzleistung.

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Luisa wird als Hure beschimpft

Nicht minder eindrucksvoll Alexander Marco-Buhrmester in seiner Rolle als Luisas Vater. Das Duett mit seiner Tochter wird durch seine variable elegante Stimme und die Perfektion im Zusammenspiel und musikalischem Ausdruck zum Höhepunkt des Abends.
Stimmlich leider nicht ganz so grandios der etwas eintönig geführte Bass Jacek Janiszewskis als Graf Walter, als Vater Rudolfos nicht minder bestimmend und egoistisch wie Miller.

Vergrößerung in neuem Fenster Verzweiflung pur: Melanie Kreuter als Luisa Miller

Federica, Herzogin von Ostheim, hätte als ihre literarische Vorlage Lady Milford große Auftritte gehabt. Von Verdi und seinem Librettisten gekürzt, ergeben sich für Susanne Reinhard, neu im Bielefelder Ensemble, leider nur wenig Möglichkeiten, ihre stimmliche Klasse unter Beweis zu stellen. Hier darf man auf Weiteres aber sehr gespannt sein.
Einen rundum gelungenen Einstand feierte Dshamilja Kaiser als Laura, auch hier hofft man auf weitere größere Rollen in der nahen Zukunft.

Wenn man sich auf etwas verlassen kann in der Arbeit des Theater Bielefeld, dann ist es die großartige Einstudierung des Opernchores und des Extrachores durch Hagen Enke. Wie in vergangenen Spielzeiten besticht das gar nicht mal so große Ensemble durch Spannung und homogenen Klang.

Von der ersten bis zur letzten Minute auch hochgespannt die Bielefelder Philharmoniker, die unter der Leitung ihres Chefdirigenten durch Prägnanz, schlanken, aber kraftvollen Klang und überzeugende (Binnen-)Dynamik zu gefallen wissen.


FAZIT

Mit der diesjährigen Verdi-Inszenierung gelingt dem Theater Bielefeld gleich zu Saisonbeginn ein hochspannendes und bis auf kleine Ausnahmen sehr überzeugendes psychologisches Drama.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Peter Kuhn

Inszenierung
Helen Malkowsky

Bühne
Harald B. Thor

Kostüme
Tanja Hofmann

Choreinstudierung
Hagen Enke

Dramaturgie
Helene Sommer, Uwe Sommer

Musikalische Assistenz
Malte Hellwege

Musikalische Einstudierung
Merijn van Driesten
Eberhard Fritsche
Malte Hellwege
Carolin Nordmeyer
Witolf Werner

Italienisches Sprachtraining
Fabio Vettraino


Opernchor und Extrachor
des Theater Bielefeld
Statisterie
Bielefelder Philharmoniker


Solisten


Graf von Walter
Jacek Janiszweski

Rodolfo, sein Sohn
Héctor Sandoval

Federica, Herzogin von Ostheim
Susanne Reinhard

Wurm
Michael Bachtadze

Miller, Soldat a.D.
Alexander Marco-Buhrmester

Luisa, seine Tochter
Melanie Kreuter

Laura
Dshamilja Kaiser

Ein Beamter
Lassi Partanen


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Bielefeld
(Homepage)



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