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Musiktheater
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Bénédict und Béatrice
Viel Lärm um Béatrice und Bénédict
ein musikalisches Spektakel in 5 Akten
Libretto: William Shakespeare
Musik: Héctor Berlioz

Münstersche Fassung: Ralph Blase und Wolfgang Quetes

Die Dialogtexte sind nach der Übersetzung von Wolf Graf Baudissin eingerichtet.


Die Gesangsnummern sind in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln.

Aufführungsdauer: ca. 2h 50' (eine Pause)

Premiere im Theaterinnenhof und Großen Haus
der Städtischen Bühnen am 2. Juni 2007


Logo: Städtische Bühnen Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)
Viel Lärm um Bénédict und Béatrice

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Michael Hörnschemeyer


Was lieben Sie an Shakespeares Komödie "Viel Getue um Nichts" ("A much ado about nothing")? Etwa die wunderbare Reue des Claudio und Prinzen Don Pedro, als die Wahrheit ans Licht kommt? Denn eifersüchtige Männer denken angesichts weiblicher Schönheit eben immer falsch über ihre tugendsamen Frauen.

Oder haben Sie Spaß an den verbal ausgetragenen Machtkämpfen der Geschlechter, zwischen der selbstbewussten, schlagfertigen, vaterlosen Béatrice, die keiner will, weil sie nichts zu vererben hat und Bénédick, dem "Narren" des Prinzen, den zwar keiner ernst nimmt, der aber - anders als der Vater Leonato - den Unschuldsbeteuerungen der Frauen Glauben schenkt ?

Fasziniert Sie die Strategie von Verwandten und Freunden, beide zu verkuppeln: Bénédick wird beruhigt, während Béatrice mit sozialer Isolation gedroht wird? Oder lieben Sie die clownesken, wortwitzigen Späße der Gesetzeshüter Holzapfel und Schlehwein?

Héctor Berlioz'(1803 - 1869) Begeisterung für Shakespeare-Dramen und -Themen zeigt sich in den Kompositionen von 1831, "Le roi Lear", op.4, große Ouvertüre nach der Tragödie von Shakespeare, 1839, "Roméo et Juliette", op.17, dramatische Sinfonie mit Soli und Chören und schließlich in der Komposition der komischen Oper "Béatrice et Bénedict", dessen Libretto er selbst aus "Viel Getue um Nichts" zusammenstellte. 1833 hatte er erstmalig "A much ado about nothing" als italienische Oper bearbeiten wollen.

1858, anlässlich einer Auftragskomposition zur Eröffnung des Baden-Badener neuen Operngebäudes, nahm Berlioz die Komödie erneut in den Blick, konnte sich der kompositorischen Ausgestaltung jedoch erst nach Vollendung der Oper "Les Troyens", Ende 1860, widmen. Die Musik der 1862 in Baden-Baden uraufgeführten zweiaktigen, komischen Oper "Bénédict et Béatrice" steht einerseits in der Tradition der französischen "grand opéra" des 19. Jahrhunderts mit Chören, Tanz und exotischen Bühneneffekten. Andererseits ist es eine Spieloper mit wenigen dramatischen Handlungsanteilen, vielen, gesprochenen Dialogen und 15 Gesangsnummern.

Kern des von Berlioz selbst verfassten Librettos ist die ironische, bissige Liebesbeziehung von Bénédict und Béatrice. "Dann sind da Héro und Claudio, das gefühlvolle Paar, deren Gegensatz zum anderen überaus glücklich ist. Ich fügte zum Shakespeare'schen Grundgedanken noch eine musikalische Karikatur hinzu, einen grotesken Kapellmeister namens Somarone - ein großer Esel, dessen Eseleien Gelächter auslösen. Vor allem ist da ein Schluss-Scherzo von kurioser Wirkung, wo die beiden Hauptfiguren (Bénédict und Béatrice) ihren natürlichen Charakter wiedergewinnen." schreibt Berlioz über den Inhalt seiner Oper in einem Brief an die Gräfin Carolyne von Sayn-Wittgenstein.

Mal kammermusikalisch durchsichtig, filigran orchestriert, mal sinfonisch komplex verflochten, mal in gefühlvollen Melodien und virtuosen Koloraturen badend, mal in leicht beschwingtem Parlando mit schnellen, kurzen Wendungen fortschreitend - die Musik ergibt ein ausgesprochen vielschichtiges Bild. Berlioz' Zeitgenossen waren begeistert, für heutige Ansprüche erfordert der große, gesprochene Textanteil, die Chorleiter-Groteske viel Phantasie - man erinnere sich an die letzte Inszenierung 2002 in Gelsenkirchen.

Als Generalintendant der Städtischen Bühnen Münster hat Wolfgang Quetes in der letzten Musiktheater-Premiere dieser Spielzeit einen alten Regie-Traum verwirklicht, eine eigene Textfassung zu erstellen, in der Shakespeare-Komödie und Berlioz-Oper "miteinander verschmelzen",

Vergrößerung in neuem Fenster Doppelbesetzung der Rollen

Was auf den ersten Blick fasziniert - die Rollen von Héro, Béatrice und Bénédict sind doppelt besetzt -, offenbart sich als "musikalisches Spektakel", bei dem der aufmerksame Berlioz- und Opernliebhaber alle Chorszenen und Terzette vermisst. Statt humorvoller, spritziger, volltönender aber auch zarter, ja sinfonischer Einführung des Orchesters in die Atmosphäre der Oper erklingt "Greensleeves" auf der Blockflöte! Die Verschiebung der Ouvertüre war notwendig geworden, weil für die Ankunft Don Pedros die Ruine des Romberger Hofes im Theaterinnenhof bespielt wird. (Der Romberger Hof ist ein zum Theatergebäude umgebauter, klassizistischer Adelshof. Das 1895 eröffnete Lortzing-Theater wurde im zweiten Weltkrieg zerstört. Ruinenreste des Romberger Hofes mit zwei Platenen sind im Foyer des neuen, 1956 eröffneten Theatergebäudes erhalten und können als natürliche Theaterkulisse genutzt werden).

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Ruinen des Romberger Hofes als Theaterkulisse

Überhaupt kann von "Verschmelzung" keine Rede sein! Immer da, wo die stark gekürzte, nach der Übersetzung von Baudissin eingerichtete, manchmal provokante Textfassung einen Bezug zu Berlioz zuläßt, werden Arien, maximal Duette eingeschoben, im zweiten Teil, nach der Pause, sind dies gerade mal zwei Musiknummern! Manchmal jedoch befruchten sich die Ergänzungen, werden Figuren musikalisch weitergedacht, z.B. wenn Julia Neumann als Héro die pubertierende Leidenschaft mit jugndlich-schlankem Ton und mühelosen Koloraturen darstellt (Nr.3: Je vais le voir) oder aber lyrisch-zart im Duett-Notturno mit Suzanne Mc Loed dahinschmilzt (Nr.8: Nuit paisible et séreine). Manchmal ergibt sich ein humorvolles Spiel im Spiel, wenn auch Gasttenor James Mc Lean als Bénédict nicht überzeugte. Judith Genrich als Béatrice dagegen umso mehr. Mühelos wechselt sie zwischen luftigem Parlando, wortreichen Duetten und dramatischen Szenen, leidenschaftlich erregten Koloraturen, wenn auch ihre Partien häufig so eingefügt sind, dass die Schauspiel-Szene schlicht wiederholt wird.

Vergrößerung in neuem Fenster Bühnenbild, Ouvertüre

Ein trotz des sachlich-schlichten, lediglich mit Lichteffekten arbeitenden Bühnenbildes von Heinz Balthes im Ergebnis unbefriedigendes Experiment, zumal die schauspielerischen Leistungen bis auf Christiane Hagedorn als Béatrice eine lebendige, glaubhafte Darbietung der Shakespeare-Poesie vermissen lassen.


FAZIT

Für OpernfreundInnen zu wenig Musiktheater, für SchauspielfreundInnen ein abwechslungsreiches Spektakel.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Thorsten Schmid-Kapfenburg

Inszenierung
Wolfgang Quetes

Bühne
Heinz Balthes

Kostüme
José Manuel Vásquez

Dramaturgie
Ralph Blase


Sinfonieorchester
der Stadt Münster


Solisten

von Schauspiel und * Musik

Don Pedro
Johannes-Paul Kindler

Claudio
Matthias Caspari

Bénédict
Marek Sarnowski
* James McLean

Don Juan
Johannes-Paul Kindler

Konrad
Gian-Philip Andreas

Borachio
Frank-Peter Dettmann

Leonato
Wendelin Starcke-Brauer

Héro
Nicola Schößler
* Julia Neumann

Béatrice
Christiane Hagedorn
* Judith Genrich

Margarethe
Kathrin-Marén Enders

Ursula
* Suzanne McLeod

Mönch
Frank-Peter Dettmann

Holzapfel
Benjamin Kradolfer

Schlehwein
Kathrin-Marén Enders

Kammerdiener
Willie Kortemeyer
Dominik Schünemann
Rainer Wübbelt

Schreiber
Thomas Holznienkämper
Horst Cordes



Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Städtische Bühnen Münster
(Homepage)



Da capo al Fine

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