Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Zur Musiktheater-Startseite E-mail Impressum



Don Giovanni
Dramma giocoso in due atti
Text von Lorenzo da Ponte
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

Aufführungsdauer: ca. 3 1/2 Stunden (eine Pause)

Premiere am 12. November 2006
Besuchte Aufführung am 12. Januar 2007

Eine Koproduktion mit dem Grand Théatre de Genève

Homepage

Nationaltheater Mannheim
(Homepage)
Idomeneo
Dramma per musica in tre atti KV 366
Text von Giambattista Varesco
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

Aufführungsdauer: ca. 3 Stunden (eine Pause)

Premiere am 23. Dezember 2006
Besuchte Aufführung am 5. Januar 2007

Eine Kooperation mit dem Theater Aachen

Link zum Theater Freiburg

Theater Freiburg
(Homepage)

Nicht fertig mit Mozart!

Von Christoph Wurzel


Ein Aufatmen geht um in den Feuilletons: Ende des Mozartjahres! Dagegen scheint bei Publikum und Theaterleuten eine ganz andere Stimmung vorzuherrschen: Mozart, ja bitte! So jedenfalls, als im Südwesten am Ende des Gedenkjahres nochmals zwei Mozartproduktionen neu auf die Bühnen kamen: Don Giovanni in Mannheim und Idomeneo in Freiburg, beide mit höchstem Engagement produziert und mit großem Beifall vom Publikum quittiert; beide Produktionen auch in gleichem Maße musikalisch erregend und szenisch spannungsvoll.

Mozarts Geniestreich für den ehemaligen Mannheimer Kurfürsten Carl Theodor für München geschriebener Idomeneo wurde in der Münchner Fassung in Freiburg von Ludger Engels, dem Aachener Opern-Oberspielleiter inszeniert und Don Giovanni in der Prager Fassung von Nikolas Brieger, der in Mannheim einst Schauspieldirektor gewesen war. Beide Regisseure haben den Produktionen eine unverwechselbare Handschrift eingeschrieben und beide erhellen die Handlung aus heutigen Perspektive deutlich, genau und aktuell.

Idomeneo wird in Freiburg als das Drama der ersten Liebesverwirrungen junger Leute gezeigt. In Mannheim landet Don Giovanni final in der Hölle des Pflegeheims, das heißt der Komtur holt ihn gleich mit zwei Dutzend alten Männern in Unterhosen und Schlabberlätzchen zur Feier seines 4. Lebensabschnitts dorthin ab. Das schlimmstmöglich anzunehmende Ende für den Erotomanen! Dieser ironische Schicksalsschlag für einen, der zuvor alle in seinen Bann geschlagen hatte, ist nur das letzte Apercu einer Inszenierung, die den Spagat zwischen Grauen und Komik immer genau zu halten vermag und mit szenischem Witz nicht spart, ebenso wenig wie mit eindringlich tragischen Momenten.


Vergrößerung in neuem Fenster Don Giovanni in Mannheim
(Foto: Hans Jörg Michel):

Füttern, statt feiern:
"Kommst du auch zu meinem Mahle?"
Mihail Mihaylov als Komtur
und Markus Eiche als Giovanni
mit Chor
(Premierenbesetzung)

Der Schluss von Idomeneo, der in der Berliner Deutung so für Aufregung sorgte, ist in Freiburg nicht minder eindringlich als das Mannheimer Giovanni-Finale. Es ist nicht die Stimme von oben, aus dem mystischen Himmel, die Idamantes Erlösung herbeiführt, sondern ganz human und bewegend der Chor, der nach Ilias Bitte um Verschonung des Geliebten dem grausamen Ritual ein Ende bereitet. So sind es die Menschen selbst, die sich von den Verstrickungen ins Böse befreien.

Ludger Engels hat das Dreieck Ilia - Idamante - Elettra schlüssig als eine Geschichte junger Leute erzählt, die ihre Identität noch suchen, sich ihrer Liebe zu- und untereinander ganz unsicher sind, sich noch mehr in äußeren Posen darstellen, als authentisch über ihre Gefühle zu bestimmen. Halt finden sie noch in den Tröstern ihrer Kindheit, einer Puppe oder dem Teddybär. Diese von der Regie subtil ausgefeilten Charakteren sind, wie von Mozarts Musik nur allzu nahe gelegt, Figuren des Stürmens und Drängens. Und treffend ist daher auch die Chiffre, die für diese Handlungskonstellation gefunden wurde, die der Reise, der gepackten Koffer. Natürlich ist es auch das Unterwegssein vom Krieg in Troja in die heimatlichen Gefilde, das hier gemeint ist und Idomeneos seelische Qualen werden noch verständlicher angesichts der grausamen Erlebnisse, die er hinter sich haben muss. Bernard Richter prägt der Titelrolle in dieser Version das packende Portrait eines fast wahnsinnigen Davongekommenen auf.

Vergrößerung

Idomeneo in Freiburg
(Foto: Maurice Korbel):

Unbehaust in dieser Welt:
"Griechenland, du bist an allem Schuld!"
Nicole Chevalier als Ilia und Jana Havranová
als Elettra im Hintergrund

Auch die musikalische Bilanz fällt in beiden Häusern positiv aus. Das Mannheimer Orchester musiziert mit energetischem Schwung, deutlich der Klangrede verpflichtet, trocken, agogisch pointiert und manchmal schroff. Wolfram Koloseus schlägt ein zügiges Tempo an, das dem dramatischen Fluss entgegen kommt und das bisweilen recht handfeste Spiel auf der Bühne unterstützt. Doch auch der ausgekostete lyrische Moment kommt ebenso zu seinem Recht, wie das feinfühlig knisternde "La ci darem" oder Giovannis Ständchen vor dem Fenster von Elviras Zofe. Doch da sein Liebesobjekt gar nicht erscheint, schlägt er unmittelbar darauf das zarte Instrument in Stücke. So pendeln Musik und Spiel in angespannter Konkurrenz hin und her, ebenso wie sich Komik und Ernst in dieser Inszenierung die Hand geben.

In Freiburg gelingt es Sébastien Rouland, die emotionalen Untergründe von Mozarts Musik freizulegen. Das Orchester musiziert höchst engagiert und klangschön (Bläser!). Im Eifer des Gefechts gerät Rouland an wenigen Stellen die Koordination etwas außer Kontrolle. Aber als Gesamteindruck bleibt eine musikalisch eminent theatralische und dramatisch animierte Aufführung, die auch hier mit dem Bühnengeschehen bestens korrespondiert.

Ein junges Ensemble in Freiburg spielt und singt auf hervorragendem Niveau. Bernard Richter als Idomeneo meistert seine Koloraturen brillant. Die Ilia gibt Freiburgs Sopran-Liebling Nicole Chevalier anrührend, warm und wahrhaftig. Auch Yaroslava Vikharova als Idamante und Jana Havrová als Elettra nehmen mit überzeugendem Spiel und ausgereifter Gesangsdarstellung für sich ein. Im Abschieds-Quartett des 3. Akts gelingt ein eindrucksvolles Ensemblespiel, in dem sich die Stimmen auf ideale Weise vermischen. Roberto Gionfriddo singt die immer etwas beiseite liegende Rolle des Arbace mit heftigem Engagement und meistert die Koloraturen zwar mit etwas Anstrengung, aber dennoch korrekt. Nicht unwesentlich ist natürlich der Chor, dem Mozart eine wichtige Rolle zuweist. Hier ist er, ganz im Sinne der antiken Tragödie, Betrachter und Akteur zugleich. So spielt er auch musikalisch durchaus keine Hintergrundsrolle.

In Mannheim hat man für Don Giovanni ebenfalls ein stimmiges Ensemble zur Verfügung. Auch hier bleibt der Eindruck einer runden Ensembleleistung zurück. Die Damen singen durchaus mit Verve und koloratursicher dazu. Ludmila Slepneva ist eine präsente Anna und Marie Belle-Sandis verleiht der frustrierten Elvira, die schon mal Trost in der Flasche sucht, deutlich Kontur. Eine nicht nur zarte, sondern auch durchaus mal dominante Zerlina gibt als Gast Silke Schwarz. Thomas Berau verleiht der Titelfigur deutlich etwas von der Brüchigkeit eines mit sich selbst uneinigen Lebemannes. Gesanglich liefert er beste Qualität. Rainer Zaun als Gast spielt und singt den Leporello prächtig als Opportunisten heraus, mal im Protest, dann wieder bestochen mit Geld und zynisch gegenüber Giovannis Opfern. Die Liste der Liebschaften seines Herrn trägt er als Oberkörper-Tattoo mit sich herum, was er Elvira auch schadenfroh präsentiert. Nicht zu verachten auch der prägnante Masetto von Martin Busen, sowie als Mannheimer Bassinstanz Mihail Mihaylov in der Rolle des Komturs.


FAZIT

Zweimal Mozart als lebendiges zeitloses Musiktheater. Ein Beweis mehr, dass diese Opern niemals veralten.



Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
Don Giovanni
in Mannheim

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Wolfram Koloseus

Inszenierung
Nicolas Brieger

Bühne
Raimund Bauer

Kostüme
Margit Koppendorfer

Licht
Alexander Koppelmann

Chor
William Spaulding

Choreografische Mitarbeit
Rosemary Neri

Dramaturgie
Klaus-Peter Kehr


Chor und Orchester
des Nationaltheaters Mannheim

Statisterie des
Nationaltheaters Mannheim


Solisten

* Premierenbesetzung

Don Giovanni
Markus Eiche *
/ Thomas Berau

Donna Anna
Cornelia Ptassek *
/ Ludmila Slepneva

Don Ottavio
Carsten Süß a.G *
/ Charles Reid

Commendatore
Michail Mihaylov

Leporello
Taras Konoshchenko *
/ Rainer Zaun a.G.

Donna Elvira
Marie-Belle Sandis

Zerlina
Marina Ivanova *
/ Silke Schwarz a.G.

Masetto
Martin Busen



Idomeneo
in Freiburg

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Sébastien Rouland

Inszenierung
Ludger Engels

Bühne
Christian Vahl

Kostüme
Gabriele Rupprecht

Licht
Bernhard Oesterle

Choreographie
Teresa Rotemberg

Choreinstudierung
Bernhard Moncado

Dramaturgie
Andri Hardmeier
Kai Wessler


Hammerflügel
Clemens Flick

Opernchor des Theaters Freiburg

Philharmonisches Orchester
der Stadt Freiburg


Solisten

Idomeneo
König von Kreta
Bernard Richter

Idamante
sein Sohn
Yarolava Vikharova

Ília
trojanische Prinzessin und Tochter des Priamus
Nicole Chevalier

Elettra
Prinzessin und Tochter des Agamemnon, des Königs von Argos
Jana Havranová

Arbace
Vertrauter des Königs
Roberto Gionfriddo

Kreter
Teojaner
Oberpriester
Stimme des Orakels
Mitglieder des Opernchors
des Theaters Freiburg



Weitere Informationen
erhalten Sie vom

Nationaltheater Mannheim
(Homepage)

Theater Freiburg
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Musiktheater-Startseite E-mail Impressum

© 2007 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -