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Zwischen Liebe, Tod und Musik
Von Annika Senger / Fotos: Innsbrucker Festwochen Rupert Larl
Im Rahmen der CADENZA BAROCKTAGE fand Claudio Monteverdis Oper L'Orfeo unter musikalischer Leitung von René Jacobs zurück auf die Bühne der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Auch genau 400 Jahre nach seiner Komposition und Uraufführung in Mantua kann das Drama um den verzweifelt liebenden Sänger das Publikum noch immer faszinieren. Etwa verwirrend ist, dass La Musica und Euridice beide von Sunhae Im gesungen werden ohne Kostümwechsel: Als La Musica flirtet sie bereits im Prolog im Brautkleid mit Orfeo, was seine große Liebe zur Musik unterstreicht. Dass sich ein tödliches Drama anbahnt, ist aus dieser Szene jedoch noch nicht zu ersehen. Sehr leicht, beschwingt und voller etwas holpriger Koloratur-Verzierungen, die sie auch in der Rolle der Euridice beibehält, ist Ims Interpretation der Musica. Der teenagerartig in einem schlabbernden Anzug um sie werbende Orfeo Stéphane Degout singt technisch einwandfrei und erinnert interpretatorisch stark an spätere italienische Opern à la Verdi. Der erste Akt, in dem die Hirten und Nymphen Orfeos Glück mit Euridice bejubeln und den Hochzeitsgott Hymenäus anrufen, ist ganz von lebhaftem Tanz und Bewegung erfüllt. Es wird immer wieder geklatscht, und Papierblätter werden ausgelassen in die Höhe geworfen. Der Chorgesang verschmilzt mit der Rhythmik zu einer eindringlichen Einheit. Erst die Messaggiera Sylvia beendet das ausschweifende Fest mit der Hiobsbotschaft, dass Euridice beim Blumenpflücken von einer Schlange gebissen und gestorben sei. Marie-Claude Chappuis verkörpert diese Rolle sehr souverän, technisch perfekt und mit großer Emotionalität. Da Ausdruck und Kraft ihrer Mezzosopran-Stimme das Publikum bereits elektrisieren, benötigt sie für ihre Partie keine typisch barocken Verzierungen, die sie in ihrer Interpretation vollkommen auslässt. Während das Bühnenbild in den ersten beiden Akten noch einen grünen Wald darstellen sollte, kommt im dritten Akt eine sehr düstere Atmosphäre auf: Die Hoffnung Speranza begleitet Orfeo zum Styx, dem Fluss vor der Unterwelt. Leider geht Arlene Rolph in ihrer Rolle völlig unter: Sie singt so leise, dass sie kaum den Zuschauerraum erreicht und verschluckt Töne, mit denen sie eigentlich ein Kernthema der Oper ausdrücken sollte: Lasst alle Hoffnung fahren, ihr, die eintretet! Ein humorvoll ruppiger Caronte, der Orfeo zunächst die Überfahrt über den Styx verweigert und ihn unsanft in den Schwitzkasten nimmt, entlockt dem Publikum trotz der Verzweiflung des Helden ein wenig Gelächter. König der Unterwelt Plutone (Antonio Abete) fesselt hingegen mit seiner mächtigen, klaren Bass-Stimme, die auch in den letzten Winkel des Raumes vordringt. Sein Gesang reißt abrupt ab, als Orfeo sich fragt, ob Euridice ihm tatsächlich zurück in die Welt der Lebenden folgt. Das Ende der Geschichte ist bekannt: 2007 dreht sich Orfeo noch genau wie 1607 nach seiner Geliebten um, und Sunhae Im verfällt in einen traurig anmutenden Klagegesang, bevor sie in den Orchestergraben hinabsteigt.
Solide, glutvoll dargebotene Inszenierung mit einigen versierten Solisten und einem superben Orchester. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Solisten
La Musica / Euridice
Orfeo
Messaggiera / Proserpina
Speranza
Caronte
Plutone
Apollo
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