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Lucio Silla

Dramma per musica in drei Akten von Giambattista Varesco
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Wiederaufnahme im Theater an der Wien am 4. März 2006
(rezensierte Aufführung: 6. März 2006)
Koproduktion der Wiener Festwochen 2005 mit dem Theater an der Wien


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Theater an der Wien
(Homepage)
In den Fängen des Diktators

Von Rainhard Wiesinger / Fotos von Armin Bardel
Vergrößerung

Michael Schade (Lucio Silla) und Cornel Frey (Aufidio)

Mozarts Karrierestart als italienischer Opernkomponist schien vielversprechend: Auf sein Debütwerk für die Mailänder Hofoper Mitridate, Ré di Ponto (1770) folgte im Auftrag Kaiserin Maria Theresias die Serenata teatrale Ascanio in Alba. Den größten Erfolg errang der junge Komponist mit dem dritten für Mailand entstandenem Werk: Der am 26. Dezember 1772 uraufgeführte Lucio Silla brachte es auf 27 Aufführungen. Dennoch erhielt Mozart nie mehr einen Opernauftrag in Italien. Warum auch die Bemühungen Leopold Mozarts, seinem Sohn eine Stelle bei Hofe zu verschaffen, erfolglos blieben, kann heute nicht geklärt werden. Vielleicht war die teilweise recht düstere und kühne Musik zu Lucio Silla dem damaligen Publikum zu ungewohnt. Doch deckt sich gerade das Dunkel der Musik mit dem Stoff dieser Römeroper: Lucius Sulla ließ sich 82 v. Chr. unbefristet zum Diktator ernennen und regierte mit einem von Proskriptionen und gescheiterten Reformen geprägten System. Bereits 79 v. Chr. dankte der jedoch ab und starb ein Jahr darauf. Von der historischen Figur übernahm Mozarts Librettist Giovanni di Gamerras vor allem deren Vorliebe für besagte Proskriptionen: Der von dem Diktator geächtete Cecilio ist heimlich nach Rom zurückgekehrt, um seine Geliebte Giunia, die jetzt von Silla umworben wird, zu sehen. Doch auch Giuna, die Tochter des vertriebenen Marius, will sich an Silla dafür rächen. Nach diversen Verstrickungen, in die unter anderem auch Cecilios Freund Cinna verwickelt ist, kommt es zu einem happy end, Abdankung des Tyrannen inklusive.

Vergrößerung Patricia Petibon (Giunia)

In Claus Guths Inszenierung (Bühnenbild: Christian Schmidt) regiert Silla in einem verkommenen Tunnel- und Bunkersystem, das eine durchgehend morbide, ja geradezu beklemmende Stimmung vermittelt, die im Verlauf des Abends erheblich an Wirkung und Reiz einbüßt. Allerdings versteht es Guth, die optische Tristesse durch eine bis ins letzte Detail durchdachte Personenführung wieder mit Leben zu erfüllen. Guth misstraut Sillas Verzeihen und dem daraus resultierenden lieto fine des dritten Akts, indem er die plötzliche Güte des Herrschers als Willkürakt eines unberechenbaren Charakters interpretiert. So hat man es von Beginn an mit einem Wahnsinnigen zu tun, der es genießt, seine Untergebenen mit unvorhersehbaren Stimmungsschwankungen immer wieder von neuem zu terrorisieren und zu erschrecken. Erschreckt mag auch mancher Besucher von Nikolaus Harnoncourts Auslegung der Partitur sein: Er will beweisen, dass diese opera seria frei von Starre und spürt so alle Kontraste der emotionsgeladenen Partitur auf und lässt sie dem Concentus musicus ohne glättende Beschönigung umsetzen.

Vergrößerung

Ensemble und Arnold Schoenberg Chor

Höhepunkt der durchwegs überzeugenden Besetzung ist die an Emotionalität kaum zu überbietende Giunia der Patricia Petibon. Bei ihr werden Koloraturen tatsächlich zu einem Mittel des gesteigerten Ausdrucks, ohne dass dabei auch nur der geringste Eindruck von Übertreibung oder Manieriertheit entstünde. Eine große Karriere scheint auch Annette Dasch vor sich zu haben: Als Cinna vermag sie mit ihrem klaren Sopran ebenso zu begeistern wie mit ihrem schauspielerischen Talent. Bühnenpräsenz ist auch Martina Jankovà zu attestieren, der positive Gesamteindruck wird allerdings durch die spitze Höhe wieder etwas relativiert. Bernarda Finks (Cecilio) stilsicher geführten Mezzosopran fehlt es etwas an Persönlichkeit, um mit ihren berühmteren Fachkolleginnen konkurrieren zu können. In der Titelrolle brilliert Michael Schade, der diesmal bei ihm noch nicht erlebte Facetten schauspielerischen Raffinements aufblitzen lässt. Sein zunehmend metallisch gefärbter, aber dennoch geschmeidiger Tenor dürfte wohl bald zu einer idealen Besetzungsvariante für den Idomeneo werden.


FAZIT

Ein musikalisch glanzvoller Abend, der von der Inszenierung wenigstens nicht nachhaltig gestört wird.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Nikolaus Harnoncourt

Inszenierung
Claus Guth

Bühne und Kostüme
Christian Schmidt

Licht
Manfred Voss

Choreinstudierung
Erwin Ortner



Arnold Schoenberg Chor

Concentus Musicus Wien


Solisten

Lucio Silla
Michael Schade

Giunia
Patricia Petibon

Cecilio
Bernarda Fink

Cinna
Annette Dasch

Celia
Martina Janková

Aufidio
Cornel Frey






Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Theater an der Wien
(Homepage)



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