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Idomeneo

Dramma per musica in drei Akten von Giambattista Varesco
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere im Theater an der Wien am 27. Januar 2006
(rezensierte Aufführung: 4. Februar 2006)
Koproduktion der Wiener Staatsoper mit dem Theater an der Wien und "Wiener Mozart-Jahr 2006"


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Staatsoper Wien
(Homepage)
Start mit Hindernissen

Von Rainhard Wiesinger / Fotos von Eduard Straub

Nach Jahren kulturpolitischer Diskussionen ist nun das historisch bedeutende Theater an der Wien, in dem 1805 immerhin Beethovens „Leonore“ uraufgeführt wurde und das nach dem zweiten Weltkrieg als Ausweichquartier für die zerstörte Staatsoper diente, wieder aus den Fesseln des Musicalbetriebs befreit und wird ab sofort ganzjährig als Wiens drittes Opernhaus bespielt. Sehr zum Missfallen des verbissen am künstlerisch anfechtbaren Repertoirebetrieb festhaltenden Staatsoperndirektors Ioan Holender wurde das Haus aber nicht ihm, sondern Roland Geyer zugesprochen, der mit wechselnden Erfolg bereits seit Jahren das Festival „Klangbogen“ leitet und in dem „neuen“ Haus nun ein Stagionesystem mit den damit verbundenen Schließtagen etablieren wird.

Allen Unmut zum Trotz wurde die erste Produktion von der Staatsoper beigesteuert: „Idomeneo“ sollte an Mozarts Geburtstag in der Regie Willy Deckers mit Neil Shicoff in der Titelrolle einen publicityträchtigen Start in das Gedenkjahr garantieren. In der Endprobenphase ereignete sich jedoch der Alptraum eines jeden Intendanten: Fast zeitgleich sagten aus gesundheitlichen Gründen Decker und Wiens vor allem im Mozartfach glücklos agierender Musikdirektor Seiji Ozawa ab. Als Ersatz für Ozawa, der mittlerweile alle Verpflichtungen bis 2007 (!) auf Anraten seiner Ärzte zurücklegte, konnte Peter Schneider gewonnen werden, der die besuchte Vorstellung mit kapellmeisterlicher Routine leitete und die Philharmoniker mit sattem Wohlklang und samtigen Piani begleiten ließ.

Interpretatorische Akzentsetzung war angesichts dieser Umstände ohnehin nicht zu erwarten. Auf diesem (mitunter etwas überlauten) Klangteppich verstanden es lediglich die Sopranistinnen überzeugende Interpretationen aufzubauen. Barbara Frittoli ist eine Elettra, die alle technischen Klippen dieser Partie mit technischer Souveränität beherrscht. Dazu kommt, dass ihr dunkler gewordener, an diesem Abend vergleichsweise ruhig geführter Sopran im Lauf der Jahre an individuellen Farben noch gewonnen hat. Spätestens seit ihrem Auftritt als Pamina bei den vergangenen Salzburger Festspielen ist nun auch die österreichische Sopranistin Genia Kühmeier international keine Unbekannte mehr: Ihre silberhelle, mühelos Legatobögen spinnende Stimme ist für die Illia eine ideale Besetzungsvariante. Anlass zur Sorge bereitet dagegen die stimmliche Verfassung Angelika Kirchschlagers: Ihre stilgerechte Phrasierung kann mittlerweile nicht mehr über die verhärtete Mittellage und die immer defizitärer werdende Höhe hinwegtäuschen.

Dass Direktor Holender nach den schlechten Erfahrungen, die er bereits mit den mozartunerfahrenen Tenören Siegfried Jerusalem und Placido Domingo in der Titelrolle machte, nun mit Neil Shicoff wieder auf eine unsichere Aktie in Sachen Mozartstil setzte, kann bestenfalls noch als Mut zur Spekulation gedeutet werden. Missfallenskundgebungen wie bei der Premiere blieben Shicoff in der (hier besprochenen) dritten Vorstellung erspart, sein krampfhaftes Bemühen um eine einigermaßen adäquat auf Linie gesungene Interpretation blieb letztendlich aber erfolglos. Die durch zu dramatische Rollen wie Manrico, Ernani und Gustavo mittlerweile glanzlos und unbeweglich gewordene Stimme ist auch zu keinem tragfähigen Piano mehr fähig, weshalb man den größten Teil des Abends ein enervierendes Dauerforte zu hören bekommt.

Shicoff schien auch am meisten von dem Ausfallen Deckers irritiert zu sein. Ansonsten ein eindringlicher Darsteller gebrochener Charaktere wie Peter Grimes, Kapitän Vere oder Eleazar, erkannte man zwar immer wieder Elemente aus diesen Porträts, zu einem rollenspezifischen Ganzen konnte Shicoff diesmal aber nicht finden. Für seinen unspektakulären, offenbar ganz auf eine intime Personenführung ausgerichteten Regieansatz ließ sich Decker von John Macfarlane die Treppen eines antiken Theaters bauen, auf denen die Bedeutung des Chors besonders unterstrichen wird. Ansonsten werden die amourösen Verbindungen zwischen Idamante, Illia und Elettra in konventionellen Bahnen erzählt.


FAZIT

Ein Abend, der zum Triumph für die Sopranistinnen wurde - und der zeigte, wie leicht mozartunkundige Tenöre in der Titelrolle scheitern können.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Peter Schneider

Inszenierung
Willy Decker

Szenische Mitarbeit
Karin Voykowitsch

Bühne und Kostüme
John Macfarlane

Licht
Andreas Grüter

Choreinstudierung
Erwin Ortner



Arnold Schoenberg Chor

Die Wiener Philharmoniker


Solisten

Idomeneo
Neil Shicoff

Idamante
Angelika Kirchschlager

Elettra
Barbara Frittoli

Ilia
Genia Kühmeier

Arbace
Peter Jelosits

Oberpriester
Marian Talaba

Die Stimme
Walter Fink

Chorsoli
Rutana Calugarescu
Katarina Bradic
Cezar Dima
Michal Kucharko






Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Wiener Staatsoper
(Homepage)



Da capo al Fine

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