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Schönbergs Vermächtnis
Von Rainhard Wiesinger / Fotos: Wiener Staatsoper GmbH / Axel Zeininger Mit der Last der Gesetzestafeln: Franz Grundheber (Moses)
Nach mehr als drei Jahrzehnten widmete die Wiener Staatsoper Schönbergs unvollendeter, 1954 in Hamburg posthum uraufgeführter Oper Moses und Aron wieder eine Neuinszenierung. Im Zentrum der Werkrezeption stand immer die Frage, weshalb die mehr als 2000 Takte umfassende, und auf nur einer Zwölftonreihe basierende Partitur unvollendet blieb. Spekulationen waren dabei stets Tür und Tor geöffnet, die Auswertung von Briefen des 1951 in Los Angeles verstorbenen Komponisten macht allerdings deutlich, dass Schönberg bis zuletzt die Hoffnung nicht aufgab, das Werk abschließen zu können. Das entstehungsgeschichtliche Umfeld von Moses und Aron führt in die frühen 20er-Jahre, und somit in eine Zeit, die sowohl in weltanschaulicher als auch in kompositionstechnischer Hinsicht einen Wendepunkt im Schaffen des Komponisten darstellt. Ausgelöst wurde dies zum einen durch den in Österreich und Deutschland immer stärker um sich greifenden Antisemitismus, wodurch sich Schönberg mit umso größerer Entschiedenheit politischen und religiösen Themen des Judentums zuwandte. So arbeitete er unter anderem an einem Text für eine Kantate Moses und der brennende Dornbusch, der dann in die Konzeption eines im Oktober 1928 textlich abgeschlossenen Oratoriums Moses und Aron einging. Thomas Moser (Aron)
Dass Schönberg die Vertonung vorerst nicht in Angriff nahm, dürfte mit dem damaligen Entwicklungsstand der Zwölftontechnik zu erklären sein, die zunächst auf kammermusikalischen Gebiet erprobt wurde und mit den breit angelegten Orchestervariationen aus dem Jahr 1928 wieder größere Formgebilde möglich werden ließ. 1930 fasste Schönberg den Entschluss, Moses und Aron als Oper zu vertonen. Bereits zwei Jahre später lag die Partitur der ersten beiden Akte vor. Die Arbeit am dritten setzte der Komponist während der ersten Jahre im amerikanischen Exil fort, ohne aber zu einem Ergebnis zu kommen. Für die 1951 in Florenz anvisierte, letztendlich aber nicht realisierte Uraufführung, schlug Schönberg vor, den dritten Akt als Schauspiel auf die Bühne zu bringen. Eine Idee, auf die im Lauf der Aufführungsgeschichte immer wieder zurückgegriffen wurde. Franz Grundheber (Moses, r.) und Thomas Moser (Aron)
Die Wiener Staatsoper verzichtet auf diesen Anhang und lässt den Torso mit Moses Zerschlagung der Gesetztafeln enden. Wie schon bei der Premiere von Mozarts Idomeneo (unser Bericht) sah sich die Direktion abermals mit dem Problem konfrontiert, einen Ersatz für den erkrankten Regisseur Willy Decker zu finden. Mit Reto Nickler verpflichtete man einen Routinier, der alle gängigen Klischees des modernen Regietheaters von koffertragenden Choristen bis hin zu Videoinstallationen in dezenter Weise bedient. Der neuralgische Punkt für jede Inszenierung, der Tanz um das goldene Kalb ist in Nicklers Arbeit eine Multimediainstallation, die sich mit der Vergänglichkeit einer ichbezogenen Gesellschaft auseinandersetzt und auch vor drastischen Sequenzen wie die einer Schönheitsoperation nicht zurückschreckt. Die theoretisierenden und oratorienhaften Passagen versucht Nickler erst gar nicht visuell umzusetzen und lässt der Musik so den ihr gebührenden Vortritt. Wolfgang Gussmann schwarzer viereckiger Raum bietet für dieses Konzept eine stimmige Umrahmung. Im Anschluss an die besprochene Vorstellung: Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Thomas Moser (Mitte) und Chorleiter Norbert Balatsch (links)
Umjubelter Mittelpunkt der Aufführung war Daniele Gatti, der mit den Philharmonikern eine ideale Balance zwischen dramatischen Bögen, Transparenz und klanglicher Opulenz erarbeitete. Großartig auch die Besetzung die Besetzung der beiden Hauptpartien: Franz Grundheber nähert sich dem an sich als Sprechrolle konzipierten Moses von der Seite des Melodrams und konnte so neben seiner Bühnenpräsenz und vorbildlichen Artikulation auch den strömenden, runden Klang seines Bassbaritons einbringen. Bei Thomas Mosers Aron verblüfft neben der zu erwartenden Wortdeutlichkeit und detailreichen Phrasierung die auch nach zahlreichen Tristan- und Parsifal-Vorstellungen vollkommen intakte Höhe. Eine weitere beeindruckende Leistung des Sängers, der nach der letzten Vorstellung zum Ehrenmitglied des Hauses ernannt wurde, dem er mittlerweile seit drei Jahrzehnten verbunden ist!
Ein musikalisch glanzvoller Abend, den man sich nicht entgehen lassen sollte!! Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Ausstattung
Video
Choreinstudierung
Solisten
Moses
Aron
Junges Mädchen
eine Kranke
junger Mann
Jüngling
ein anderer Mann
Ephraimit
Priester
1. nackte Jungfrau
2. nackte Jungfrau
3. nackte Jungfrau
4. nackte Jungfrau
1. Ältester
2. Ältester
3. Ältester
1. Solostimme
2. Solostimme
3. Solostimme
4. Solostimme
5. Solostimme
6. Solostimme
1. Stammesfürst
2. Stammesfürst
3. Stammesfürst
4. Stammesfürst
5. Stammesfürst
6. Stammesfürst
7. Stammesfürst
8. Stammesfürst
9. Stammesfürst
10. Stammesfürst
11. Stammesfürst
12. Stammesfürst
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