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Musiktheater
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Rusalka
Oper in drei Akten
Text von Jaroslav Kvapil
Deutsche Übersetzung von Eberhard Schmitt
Musik von Antonin Dvorak


In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 3 h (eine Pause)

Kooperation mit dem Nationaltheater Prag
Premiere am 10. Dezember 2005 im Großen Haus der Städtischen Bühnen Münster


Logo: Städtische Bühnen Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)
Fragwürdige Grenzüberschreitungen

Von Stefan Schmöe / Fotos von Volker Beinhorn


Zur Stummheit verdammt zu sein ist für die Titelfigur einer Oper eine denkbar drastische Strafe. Der Preis, den die Nixe Rusalka für ihre Liebe zu einem Menschen zahlen muss, ist daher untragbar hoch – nicht einmal ein Liebesduett kann es geben. Dvoraks musikdramatischer Kunstgriff zeigt die Unmöglichkeit dieser Liebe zwischen den denkbar unterschiedlichen Wesen überdeutlich. „Nur“ ein Märchen aber möchte Regisseur Heinz Lukas-Kindermann in seiner Neuinszenierung nicht zeigen, und so muss er einen dramaturgischen Kunstgriff erfinden, der Rusalkas Welt unüberwindbar von der des Menschenprinzen scheidet.

Vergrößerung in neuem Fenster Kein barrierefreier Zugang zur Oper: Rusalka (Sabine Ritterbusch) ist gehbehindert, Vater Wassermann (Plamen Hidjov) zeigt wenig Verständnis für ihre Sehnsucht nach Spielgefährten

Rusalka sitzt zu Beginn im Rollstuhl, und ihre Andersartigkeit soll durch die Körperbehinderung zum Ausdruck gebracht werden. Diese Metapher erweist sich schnell als denkbar unglücklich. Denn warum ist sie durch die Behinderung aus der Menschenwelt ausgeschlossen? Warum ist die Heilung von diesem körperlichen Defekt mit einem anderen - in Bezug auf die Verständigung mit dem Geliebten ungleich schwerwiegenderen - verbunden? Neben der moralischen Fragwürdigkeit dieses Motivs ist es auch dramaturgisch nicht tragfähig. Märchenhafte Zauberkräfte muss Lukas-Kindermann für die Wunderheilung ohnehin bemühen, sodass ein Transfer in die mythenfreie Gegenwart auch in dieser Sichtweise nicht gelingt. Das Bild ist aber so bedeutungsvoll aufgebaut, dass man nicht darüber hinweg sehen kann. So kommt die Inszenierung ziemlich schleppend in Gang.

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Nach einer Wunderheilung kann Rusalka (Sabine Ritterbusch, hier mit Plamen Hidjov als Wassermann) laufen, wird aber trotzdem nicht glücklich

Es ist kein Nachteil, dass eine durchgehende Interpretationslinie anschließend nicht zu erkennen ist, denn das geheimnisvoll blau ausgeleuchtete Bühnenbild von Daniel Dvorak bietet genug Rahmen, um die Musik sprechen zu lassen. Ein Raum mit großen Türen verweist auf eine „bürgerlichen“ Sphäre, aber das unwirkliche Licht beschwört gleichzeitig eindrucksvoll die Märchenwelt herauf, die man der Partitur ruhig gönnen darf. In diesen Raum ist Rusalkas Zimmer als kleiner Raum eingelassen, und die rosafarbenen Wände geben einen farblich starken Kontrast. Die Wände sind mit Puppen behängt und erinnern an Traumwelten im Stile Magrittes. Im zweiten Akt stehen Aquarien mit riesigen Embryonen auf der Bühne, ohne ihr Geheimnis preiszugeben. Der See wird per Video eingeblendet, wodurch die Natur ausreichend angedeutet, aber nicht verkitscht naturalistisch dargestellt wird.

Vergrößerung in neuem Fenster Der Prinz (James McLean) flirtet lieber mit der fremden Fürstin (Gun-Brit Barkmin) als mit der stummen Rusalka

KlangbeispielKlangbeispiel: Arie der Rusalka "Silberner Mond am Himmelszelt" (Sabine Ritterbusch)
(MP3-Datei)


KlangbeispielKlangbeispiel: Arie des Prinzen "Bist du ein Traumbild" (James McLean)
(MP3-Datei)


Noch stärkere Konturen müsste in diesem ästhetisch ansprechenden Bühnenraum die Personenregie gewinnen. Sabine Ritterbusch in der Titelrolle etwa bleibt sehr lange das naiv lächelnde Mädchen; da müsste deutlicher herausgearbeitet werden, wie sich die Figur wandelt. Erst in der Finalszene, in der sie zur handelnden Person wird, bekommt sie szenisch das nötige Profil. Mit dramatischem, mitunter etwas schrillem Sopran verleiht sie der Rolle einen hysterischen Zug – hier ringt eine Frau in jedem Ton um ihr Schicksal. Dass es in den lyrischen Momenten an weichem, sonoren Klang fehlt, macht die große musikalische Präsenz wett. James McLean als Prinz verfügt über einen metallischen, höhensicheren Tenor, bleibt aber im Ausdruck recht neutral. Ihm fehlt eben diese Unbedingtheit, die Sabine Ritterbuschs Rusalka auszeichnet. Da er den Prinzen als wohlerzogenen, aber auch ziemlich langweiligen jungen Mann spielt, fehlt Rusalkas Liebe ein glaubwürdiger Zielpunkt – und das Drama hängt zu unbestimmt "in der Luft“. Am Ende hat sich Rusalka der Hexe äußerlich angeglichen – eine Wandlung zum Bösen aus enttäuschter Liebe? Als Schlusspointe spielt das keine große Rolle mehr.

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... worauf Halka am liebsten alles niederbrennen würde. Mit dieser Fackel allerdings ist das ziemlich aussichtslos, und Düsteres Finale: Prinz (James McLean) und Rusalka (Sabine Ritterbusch)

Plamen Hidjov hat in der Rolle des Wassermanns – ein Beamtentyp mit Hut und Mantel – eine Reihe starker Momente, in denen er die fehlenden dramatischen Reserven durch kluge Linienführung ausgleicht; an anderen Stellen geraten ganza Passagen allerdings sehr flach und angestrengt. Suzanne McLeod als Hexe kann ihre Stimme, die zu einem hysterischen Flackern neigt, nicht immer kontrolliert führen. Wo sie dies als Gestaltungsmittel im Sinne einer dramatischen Zuspitzung einsetzen kann, ist das durchaus rollendeckend. Die fremde Fürstin, von Gun-Brit Barkmin mit schönem lyrischen Sopran, der für die Spitzentöne die nötige Kraft hat, gesungen, ist ihr äußerlich gleich: Dramaturgisch liegt diese Verdopplung nahe. Überzeugend singt das Elfenterzett (Julia Neumann, Judith Gennrich, Janet Collins), wobei Judith Gennrich gleich noch als Küchenjunge mit jugendlich-leichtem, sehr beweglichem Sopran glänzt. Das Sinfonieorchester der Stadt Münster hat im Vergleich zu den benachbarten Orchestern (etwa dem in Dortmund) – nicht nur in dieser Aufführung – einen ziemlich „ruppigen“ Klang, spielt aber unter der umsichtigen und einfühlsamen Leitung von Christian Voß zuverlässig und engagiert.


FAZIT

Musikalisch ordentlich; szenisch nach einem verunglückten Start zumindest schön anzusehen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Christian Voß

Inszenierung
Heinz Lukas-Kindermann

Bühne und Kostüme
Daniel Dvorak

Chor
Peter Heinrich

Choreographie
Tomasz Zwozniak

Dramaturgie
Berthold Warnecke


Chor und Statisterie der
Städtischen Bühnen Münster

Sinfonieorchester
der Stadt Münster


Solisten

Rusalka
Sabine Ritterbusch

Prinz
James McLean

Fremde Fürstin
Gun-Brit Barkmin

Wassermann
Plamen Hidjov

Jezibaba
Suzanne McLeod

Heger
Thomas Löffler

Küchenjunge
Judith Gennrich

Erste Elfe
Julia Neumann

Zweite Elfe
Judith Gennrich

Dritte Elfe
Janet Collins

Jäger
Radoslaw Wielgus /
Frank Göbel

Tänzerinnen
Angela Hildmann
Felicitas Alaze
Valerie Alaze
Mirela Dzinic
Vera Kortemeyer
Luise Kuzyna
Luisa Louwen
Vesna Zikic



Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Städtische Bühnen Münster
(Homepage)



Da capo al Fine

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