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Lucia di Lammermoor

Oper in drei Akten
Dichtung von Salvatore Cammarano
nach dem Roman The Bride of Lammermoor
von Walter Scott
Musik von Gaetano Donizetti


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere am 4. März 2006
im Aalto-Theater
Besuchte Aufführung: 8. März 2006

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)


Homepage

Aalto-Theater
(Homepage)
"Die Musik macht die Regie"
- und ein Regisseur macht es sich leicht


Von Thomas Tillmann / Fotos von Matthias Jung


"Die Musik macht die Regie", behauptet Regisseur und Ausstatter Ezio Toffolutti im Programmheft, der Lucia di Lammermoor als "ein sehr schweres Stück" und als "große Herausforderung" empfindet, und warnt vor einem Zuviel an Spiel, Gesten und Mimik. Stattdessen zeigt er eine weitgehend düstere, leere Bühne mit Wolkenprojektionen im Hintergrund, später - so weit ich es von meinem Platz im hohen Balkon sehen konnte, den mir die Pressestelle trotz rechtzeitiger Anmeldung zugeteilt hatte - auch mit einzelnen Aufbauten oder Requisiten, zwischen denen die ziemlich willkürlich in Kostüme aus der Mitte des letzten Jahrhunderts gesteckten Darsteller mitunter reichlich verloren wirkten. Die triste Ausstattung korrespondierte allerdings perfekt mit den wenigen Einfällen der sehr konventionellen, uninteressanten, eintönig-allgemeinen Regie des Venezianers, von denen die platte Visualisierung der Erzählung Lucias im ersten Akt vielleicht der überflüssigste war (das Wasser im Brunnen färbt sich für einen Moment rot!). Die meiste Zeit wird bequem in Richtung Graben und Zuschauerraum gestanden, was der musikalischen Qualität des Abends natürlich entgegenkommt.

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Heiko Trinsinger (Enrico),
Albrecht Kludszuweit (Normanno),
Männerchor

Olga Mykytenko, Ensemblemitglied der Oper Kiew, war mir schon vor zwei Jahren als Gilda im Lütticher Rigoletto sehr positiv aufgefallen - ich lobte damals einen "warmen, substanzreichen und farbigen, angenehm vibrierenden, durchaus beweglichen und die Spitzentöne unverkrampft erreichenden lyrischen Sopran", hatte aber auch "einige kleinere Intonationsungenauigkeiten registriert". In der zweiten Vorstellung freute man sich über manchen lieblich-mädchenhaften, aber nicht piepsig-soubrettigen Ton, über die Legatoqualitäten der auch in der unteren Lage nicht in Verlegenheit kommenden Stimme und die Intelligenz einer Interpretin, die sich in keinem Moment zum Forcieren verleiten ließ (etwa im ersten Finale) und die sich wohl überlegt hatte, an welchen Stellen Pianogesang die Aussageabsicht unterstreicht und an welchen kräftigere Farben angezeigt sind, an welchen die traditionellen Spitzentöne und ausladende Verzierungen Sinn machen und an welchen sie eher zu Showeffekten verkommen könnten, in welchen Momenten auch einmal entschlossenere Töne die Extremsituation der portraitierten Figur verdeutlichen, ohne dass sie dabei übertreiben oder gar die schöne Linie aufgeben oder aber in überkommenes Primadonnenpathos verfallen würde. Und auch darstellerisch hat die ukrainische Sopranistin sich inzwischen weiter entwickelt, obwohl man gerade in der Wahnsinnsszene den Eindruck nicht los wurde, dass sie mehr Instruktion von einem inspirierteren Regisseur hätte brauchen können.

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Albrecht Kludszuweit (Normanno), Olga Mykytenko (Lucia),
Heiko Trinsinger (Enrico), Diogenes Randes (Raimondo)



Klangbeispiel Klangbeispiel: aus 4. Bild / 2. Akt, Stretta aus dem Finale
Evan Bowers
(MP3-Datei)


Eine positive Überraschung (gerade nach einigen nicht eben vorteilhaften Premierenberichten) war für mich Evan Bowers als Edgardo mit einer Tenorstimme, die das lyrische Fach bereits hinter sich gelassen hat und die nicht nur im Forte gehaltvoll und angenehm dunkel klingt. Es ist auch nicht wenig, wenn man berichten kann, dass ein Künstler die lange, schwierige, unangenehm liegende Szene im letzten Akt weitgehend mühelos bewältigte und weiß, dass Rezitative mehr sind als Aufwärmübungen. In prächtiger Verfassung präsentierte sich einmal mehr Károly Szilágy, der den Enrico mit konzentriertem Ton, bestechend brillanten Spitzentönen, großem Schwung etwa in der Cabaletta seiner großen Soloszene, viel Umsicht auch in der Ausführung von Details, vielschichtiger Textbehandlung und schauspielerischer Präsenz zu einer wirklichen Hauptfigur werden ließ. Gleiches gilt für Marcel Roscas Raimondo - auch der Rumäne ist seit Jahrzehnten eine feste Größe im Solistenensemble des Aaltotheaters mit seinem unverwechselbaren, herrlich sonoren, wenn auch inzwischen nicht mehr allzu beweglichen Bass. Aber welche Spannung weiß er zu entfachen, wenn er von Lucias Bluttat erzählt!

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Marie-Helen Joel (Alisa),
Olga Mykytenko (Lucia)

Albrecht Kludszuweit neigte mit seinem hellen, etwas penetranten Tenor als Normanno zum Überbetonen, was umso mehr auffiel, als sein Italienisch kein wirklich idiomatisches ist, was besonders zu Beginn und im Vergleich mit den Interpreten des Enrico und des Raimondo offensichtlich wurde, Andreas Hermann hinterließ als Arturo da letztlich den besseren Eindruck, während man Marie-Helen Joel auch in so kleineren Partien wie derjenigen der Alisa nicht allzuoft hören möchte, sie ist im Chor doch viel besser aufgehoben, der einen seiner besseren Abende hatte.

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Diogenes Randes (Raimondo),
Evan Bowers (Edgardo),
Männerchor

Der Erste Kapellmeister Pietro Rizzo konnte zwar einige klappernde Einsätze und Kommunikationsprobleme zwischen Bühne und Graben nicht verhindern, aber erfreulicherweise musste er sich nicht durch extreme Tempi oder übertriebene Lautstärke interessant machen, sondern akzeptierte, dass bei dieser Musik den Sängerinnen und Sängern Vorrang einzuräumen und diese zu begleiten sind. Ein bisschen vorwärts drängender hätte das insgesamt vielleicht doch etwas zu gepflegte, zu wenig zwingende Spiel der Philharmoniker indes in manchen Augenblicken doch ausfallen dürfen, während mancher Akzent weniger derb hätte gesetzt werden können.

FAZIT

Interesse verdient diese schon in der zweiten Vorstellung nicht glänzend besuchte Produktion am ehesten auf Grund der beschriebenen vokalen Leistungen der Protagonisten, sicher aber nicht wegen der Arbeit eines Regisseurs, der vor dem Unterzeichnen weiterer Verträge überlegen sollte, ob er sich den Herausforderungen wirklich gewachsen fühlt.


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Produktionsteam


Musikalische Leitung
Pietro Rizzo

Inszenierung und
Ausstattung
Ezio Toffolutti

Künstlerische Mitarbeit
Katharina Raif

Licht
Jürgen Nase

Dramaturgie
Ina Wragge

Choreinstudierung
Alexander Eberle


Opern- und Extrachor
des Aalto-Theaters

Kinder-Statisterie
des Aalto-Theaters

Essener Philharmoniker

Solo-Flöte: Susanne Wohlmacher
Solo-Harfe: Gabriele Bamberger


Solisten

* Alternativbesetzung

Enrico
Károly Szilágy /
* Heiko Trinsinger

Lucia
Olga Mykytenko

Edgardo
Evan Bowers

Arturo
Andreas Hermann

Raimondo
* Diogenes Randes /
Marcel Rosca

Alisa
Marie-Helen Joel

Normanno
Albrecht Kludszuweit



Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Aalto-Theater
(Homepage)



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