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Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Schön bunt
Von Bernd Stopka / Fotos von Matthias Creutziger und Erwin Döring Unter den Ergebnissen der kongenialen Zusammenarbeit von Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss nimmt Die Frau ohne Schatten durch ihren Kunstmärchencharakter eine besondere Stellung ein. Kein mythologischer und kein (pseudo-)geschichtlicher Hintergrund deutet einen Bebilderungsrahmen an. Somit wird der Phantasie freien Lauf gelassen. Vom Geisterreich ist da die Rede, von den hohen und den armen Leuten, die ganz Böse und der ganz Liebe tauchen auf und alles dreht sich um das Kinderkriegen. (Eine Neuinszenierung könnte da glatt vom Familienministerium gefördert werden). ![]()
Märchenhafte Erscheinungen im ersten Akt
Hans Hollmann hat das Märchen als ein solches wörtlich genommen und inszeniert. Er lässt der Musik allen nötigen Raum, um sich entfalten zu können, effektvoll sind die Stimmen aus dem Off platziert und kein Künstler wird mit gesangsbehindernden Aktionen bedrängt. In den bekanntermaßen bunten Bildern und üppigen, phantasievollen Kostümen mit fernöstlichen Elementen von rosalie hatte die Produktion 1996 an der Semperoper Premiere. Ihren futuristischen Charakter haben die Bilder seitdem nicht verloren, ebenso wenig ihre Farbenpracht. Vielleicht war aber im Premierenjahr eine etwas intensivere Personenregie zu sehen. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist der Kaiser im Ring, der an einen Hamster im Laufrad erinnert und der dieses Vehikel zum Zwecke des in einer Muschel Versteinertwerdens verlassen muss. Aus dieser Muschel befreit ihn die menschgewordene Kaiserin und hat dann (hoffentlich) eine Perle von Mann an ihrer Seite. ![]()
Die Erscheinung des Jünglings im zweiten Akt
Aber soviel Bedeutung haben die meisten Bilder gar nicht. Sie sind einfach nur schön und entführen in eine andere Welt. So haben die überdimensionalen roten Schlauchenden, die in das gelbe Einheitsbild der ersten beiden Akte ragen, multifunktionalen Charakter, sind Färbebottich, Fischbratpfanne, Fenster und Ein- und Ausgang zugleich. Aus ihnen fährt auch die Erscheinung des Jünglings empor, der puppenhaft mechanisch und so gar nicht verführerisch wirkt. Der Falke erscheint als stilisiertes und digitalisiertes Symbol, der Geisterbote schwebt insektengleich auf einem altmodisch und futuristisch zugleich anmutendem Fahrgestell vom Schnürboden. Märchenhaft eben.
Vielfältiger und stimmungsvoller sind die Bilder des dritten Aktes, die fast schon kosmischen Charakter haben. Faszinierend. Unendliche Weiten und Welten, die nie zuvor ein Mensch... ach nein, das ist ein anderes Science-fiction-Märchen. Wie das im Märchen so üblich ist, bleibt das Böse vom Jubelgesang ausgeschlossen. Die Amme ist aus der Geisterwelt verdammt worden. Doch als Schlussbild fährt sie noch einmal aus der Versenkung hervor. Nicht mehr als schwarzhaarige, sondern als blonde Tante, die in einem großen Buch blättert. Hat sie uns ein Märchen vorgelesen? Aber warum nimmt sie dann ihren Koffer und geht? Als verbannte Amme auch noch in die falsche Richtung, in die Geisterwelt. Wie in den meisten Märchen bleiben manche Fragen offen. ![]()
Barak beim Fischebraten. Szene aus dem 1. Akt
Das musikalische Ereignis dieser Aufführungsserie ist die Amme von Doris Soffel. In vielfältigen Stimmfarben und Ausdrucksvarianten zeichnet sie ein faszinierendes Charakterbild der schillernden, dämonischen Hauptfigur. Sichere Höhen und satte Töne in der Mittellage stehen der nicht ganz so starken tieferen Lage gegenüber. Die Partie ist höllisch schwer zu singen und verleitet oft zum Sprechgesang. Doris Soffel singt sie wirklich und stellt sich damit in die Reihe großer Vorgängerinnen.
Stephen Gould gibt ein vielversprechendes Rollendebüt als Kaiser. Ein wunderbarer Tenor, der kraftvoll strahlende Höhen hat und ein gutes Fundament in der Mittellage, ohne ein hochgepeitschter Bariton zu sein. Der Mut die Spitzentöne kraftvoller auszusingen wird sich mit weiteren Auftritten in dieser Partie sicher noch einstellen.
Franz Grundheber ist eine Idealbesetzung des Barak. Sein balsamisch-samtiger Bariton kommt weder in der Höhe noch in der Tiefe in Bedrängnis. Mit ausdrucksvoller Wärme gestaltet er die Partie sehr eindringlich. Evelyn Herlitzius verleiht der Färberin schauspielerisch und stimmlich Größe und Kraft, Dämonie und kurze aber unendlich liebevolle Momente, wenn sie sich zwischen all dem Rumgezicke in den ersten beiden Akten kurz mitleidsvoll Barak zuwendet. Eindrucksvoll zeigt sie die charakterliche Entwicklung der Färbersfrau. Eine ihrer überzeugendsten sängerischen Leistungen der letzten Jahre. Michael Boder schwelgt in Strauss, lässt die Partitur vor allem im dritten Akt blühen wo sie nur blühen kann. Wie immer ist es das pure Vergnügen die Staatskapelle zu hören, wobei an diesem Abend besonders die makellosen Bläser Freude machten.
Eine alte Geschichte als modernes Märchen in bunten Bilder, das auch musikalisch farbenreich präsentiert wird. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Regie
Bühne und Kostüme
Dramaturgie
Chor
SolistenKaiserStephen Gould
Kaiserin
Amme
Geisterbote
Hüter der Schwelle
Erscheinung eines Jünglings
Stimme des Falken
Stimme von oben
Barak
Färberin
Der Einäugige
Der Einarmige
Der Bucklige
Stimmen der Wächter
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