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A Midsummer Night's Dream
(Ein Sommernachtstraum)

Oper in drei Akten nach der gleichnamigen Komödie von William Shakespeare
Libretto von Benjamin Britten und Peter Pears
Musik von Benjamin Britten


in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Bonn am 11. Juni 2006


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Theater Bonn
(Homepage)

Liebesverirrungen auf der Baustelle

Von Stefan Schmöe / Fotos von Thilo Beu



Vergrößerung in neuem Fenster Die Nacht gehört den Elfen und Kobolden (Kinder- und Jugendchor des Theaters Bonn)

Der erste Akt von Brittens A Midsummer Night's Dream gehört – soweit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein romantisch geprägtes Kunstverständnis zugesteht - mit seiner schwebenden, kunstvoll unbestimmten Musik sicher zum Schönsten, was in man dieser Zeit für die Opernbühne komponiert wurde. In der mehr formal strukturgebenden als leitmotivisch verwendeten Glissando-Figur, die den Akt geradezu überwuchert wie eine geheimnisvolle Pflanze, verschwimmt die Realität zugunsten einer träumerischen, nicht fasslichen Stimmung. Für das Rätsel dieser Sommernacht und die Gestalten, die sich nächtens im Wald herumtreiben, hat Britten eine ungemein farbige, sprechende Musik geschrieben. Wenn ein Regisseur dies halbwegs gekonnt aufgreift, ist der Abend beinahe schon gerettet.


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Titanias Gesundheitsschlaf wird durch Oberons Zaubereien nachhaltig gestört: Franco Fagioli und Sigrún Pálmadóttir

Shakespeares Verirrungen der Sommernacht sind Traumgespinste, keineswegs an einen konkreten Ort oder Zeit gebunden. In der Inszenierung von Silviu Purcarete im Bühnenbild von Helmut Stürmer gibt es folglich keinen nächtlichen Wald, sondern das Innere eines Hauses mit surrealen Zügen. Die Decke besteht aus Holzlatten, die an den Bühnenboden eines Theaters der Shakespeare-Zeit erinnern, und in der Mitte steht auf der (eifrig genutzten) Drehbühne ein kleines Theater. Dieses Haus versinkt, man kann es im Programmheft nachlesen, im Sand (tatsächlich sieht es eher nach einer Baustelle aus). Insgesamt funktioniert das, nicht zuletzt wegen der zwar wirkungsvollen Ausleuchtung (Licht: Klaus Richter) recht gut, auch weil die Regie bewusst Kontrapunkte setzt: Im Dunkel der Nacht lauern womöglich auch Ungeheuer. Die Elfen etwa sind glatzköpfige Kobolde, von denen man nicht ganz sicher sein kann, ob von ihnen nicht doch ein Restrisiko ausgeht.


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Liebesverirrungen in der Sommernacht: von links Franco Fagioli (Oberon), Anjara I. Bartz (Hermia), Donát Havár (Lysander), Irina Oknina (Helena) und Demetrius(Aris Argiris)

Klangbeispiel Klangbeispiel: "Come, now a roundel and a fairy song" (1. Akt) - Titania (Sigrún Pálmadóttir)
(MP3-Datei)


Klangbeispiel Klangbeispiel: "Philomel, with melody sing in our sweet lullaby" (1. Akt) - Feen und Elfen (Kinder- und Jugendchor)
(MP3-Datei)


Klangbeispiel Klangbeispiel: "I know a bank where the wild thyme blows" (1. Akt) - Oberon (Franco Fagioli)
(MP3-Datei)


Purcarete inszeniert wohltuend werkimmanent, wagt allerdings kaum einen interpretatorischen Blick über den Rand des Dramas hinaus. Das Elfenkönigspaar Oberon / Titania erscheint in schweren barocken Gewändern, und das Athener Herrscherpaar Theseus / Hippolyta trägt im dritten Akt die gleichen, nur weniger farbigen Gewänder. Puck – vom Schauspieler Wolfgang Rüter mit souveräner Lässigkeit gespielt – ist ein schlecht rasierter Diener und eine Mischung aus Clown und Trenchcoat-Kommissar Columbo. Die streitbaren Liebespaare Lysander / Hermia und Demetrius / Helena könnten von der Regie sicher noch schärfer konturiert werden. Viel Sympathie bringt Purcarete den schauspielernden Handwerkern entgegen, die er das Spiel im Spiel mit viel Selbstironie vorführen lässt. Insgesamt gelingt die differenzierte, solide gearbeitete Personenregie überzeugend und wird sehr engagiert vom spielfreudigen Ensemble umgesetzt.


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Zum Esel gemacht: Bottom (Martin Tzonev); Flute (Mark Rosenthal, links), Snug (Krzysztof Borysiewicz), Starveling (Sven Bakin), Quince (Rúni Brattaberg) und Snout (Josef Michael Linnek) schauen betroffen

Musikalisch überzeugt vor allem die geschlossene Ensembleleistung – angeführt vom zuverlässig und farbenreich aufspielenden Beethoven Orchester unter der Leitung von Wolfgang Lischke. Sehr präsent, strahlend im Klang und von Florian Pastell und Peter Davies bestens einstudiert präsentiert sich der Kinder- und Jugendchor des Theaters. Unter den Sängern ragt Martin Tzonev als Weber Bottom, der in einen Esel verwandelt wird, heraus – mit eben so sonorem wie agilem Bariton und großer Bühnenpräsenz wird er neben dem allgegenwärtigen Puck zur zentralen Bühnengestalt. Grundsolide singt Franco Fagioli die exponierte Countertenor-Partie des Oberon, die man freilich auch schon markanter gehört hat. Mühelos, aber angemessen gewichtig und artifiziell kommen die Koloraturen der Titania von Sigrún Pálmadóttir. Unter den Liebespaaren besticht Bariton Aris Argiris mit schönem und eindringlichem Bariton; der etwas verhaltene Tenor von Donát Havárs Demetrius kann da im Punkte Schmelz nicht mithalten. Anjara I. Bartz (Hermia) und Irina Oknina (Helena) könnten, so schön sie auch durchweg singen, stimmlich ihren Figuren noch mehr Eigenleben verleihen. Vera Baniewicz ist eine recht farblose Hippolyta, Andrej Telegin ein souveräner Theseus.


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Repräsentativ: Oberon (Franco Fagioli) und Titania (Sigrun Pálmadóttir) mit Elfen (Kinder- und Jugendchor des Theater Bonn)

Auch wenn sich der ganz große stimmliche Glanz nicht ausbreitet, kann sich die Aufführung hören lassen. Dass der Produktion trotzdem ein Hauch von Oberflächlichkeit anhaftet, liegt daran, dass sich die Regie hier und da in unnötigen Albernheiten verliert – und letztendlich mit dem Bühnenbild nichts anzufangen weiß. Wozu in aller Welt zieht eine Modelleisenbahn auf der Bühne ihre Kreise? Auch eine offen liegende Wasserleitung, ein „richtiges“ Eisenbahngleis (einmal werden die Protagonisten auf einem Eisenbahnwagen hereingefahren) und selbst die kleine Bühne auf der Drehbühne (nicht einmal die Handwerker spielen, was nahe liegen würde, ihr Spiel hier) wirken letztendlich überflüssig. Das mögen Kleinigkeiten sein, aber sie verhindern, dass ein konzentriertes Gesamtbild entsteht.


FAZIT

Ordentliche, schön anzusehende Aufführung mit einer guten Ensembleleistung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Wolfgang Lischke

Inszenierung
Silviu Purcarete

Bühne und Kostüme
Helmut Stürmer

Licht
Klaus Richter

Einstudierung Kinderchor
Florian Pestell
Peter Davies

Dramaturgie
Martin Essinger


Statisterie des Theater Bonn

Kinder- und Jugendchor
des Theater Bonn
Beethoven Orchester Bonn


Solisten

Oberon, der König der Elfen
Franco Fagioli

Titania, Königin der Elfen
Sigrún Pálmadóttir

Puck
Wolfgang Rüter

Theseus, Herzog von Athen
Andrej Telegin

Hippolyta, Königin der Amazonen
Vera Baniewicz

Lysander
Donát Hávar

Demetrius
Aris Argiris

Hermia
Anjara I. Bartz

Helena
Irina Oknina

Bottom, der Weber
Martin Tzonev

Quince, der Zimmermann
Rúni Brattaberg

Flute, der Bälgenflicker
Mark Rosenthal

Snug, der Schreiner
Krzysztof Borysiewicz

Snout, der Kesselflicker
Josef Michael Linnek

Starveling, der Schneider
Sven Bakin

Cobweb
Jane Philip

Peaseblossom
Antonia Weis

Mustardseed
Kerstin Kopp

Moth
Joanna Nora Lissai



Weitere
Informationen

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(Homepage)



Da capo al Fine

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