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Don Giovanni

Dramma giocoso in zwei Akten
Dichtung von Lorenzo Da Ponte
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere im Theater Basel am 23. Februar 2006
(rezensierte Vorstellung: 26. Februar 2006)


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Theater Basel
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Stadtgestalten

Von Ina Schabbon / Fotos von Sebastian Hoppe


Nach Filmen wie "Nachtgestalten", "Halbe Treppe" oder dem zur Zeit laufenden "Sommer vorm Balkon" begegnet uns Andreas Dresen in Basel zum ersten Mal als Opernregisseur. Und hier wie dort ist es vor allem die feinfühlige Personenregie, die fasziniert. Don Giovanni als getriebener Großstadtrocker, dem kein Reiz stark genug ist, um sich selbst spüren zu können - diese Lesart ist durchaus möglich und schlüssig.

Es ist eine unwirtliche Welt, in die Dresen seine Figuren stellt. Die Großstadt angedeutet durch einige variabel versenk- und hochfahrbare Kuben, die mal an eine Skyline erinnern, dann wieder Grabsteine oder Sitzgelegenheiten andeuten (Bühne: Matthias Fischer-Dieskau). Gefeiert wird, wo und wann es sich gerade anbietet, die nötigen Utensilien - Asia-Fastfood, Retro-Outfit - lassen sich in großen Papiertüten leicht überallhin mitnehmen.

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Leporello (Andrew Murphey) und sein Chef (Thomas J. Mayer

In diesem Raum bewegen sich die Gestalten: Don Giovanni und Leporello als zwei Kumpel, die ihre Dose Bier jederzeit griffbereit haben und bloß nichts verpassen wollen. Donna Anna, auch hier in ihrer Beziehung zu Don Giovanni durchaus ambivalent gezeichnet, als sich ihres Frauseins gerade erst bewusst werdende höhere Tochter, Zerlina als pragmatische Großstadtgöre mit viel Herz und Donna Elvira als eine durch die erlittene Kränkung zwanghaft auf die Nerven gehende Frau, deren Verwundung stets durchscheint.

Vergrößerung Elvira wird doch wieder schwach. (Eteri Gvazava, Thomas J. Mayer)

Bei alledem horcht Dresen stets auf die Musik. So wird Don Ottavios Arie "Dalla sua pace" in ihrer ganz zurückgenommen Innerlichkeit zu einem echten Erlebnis, nicht zuletzt auch wegen des wunderbar weichen, lyrischen Tenors von Daniel Behle. Und auch, wer im Finale den Auftritt des "steinernen Gastes" vermisst, muss zugeben, dass es ebenso effektvoll ist, den blutverschmierten Komtur erscheinen zu lassen, denn in dieser Szene ist es vor allem die Musik, die wirkt.

Gerade auch die schwierige, so oft als leidiges Anhängsel erlebte letzte Szene bekommt bei Dresen Bedeutung. Auf einer vollkommen leeren Bühne stehen die Protagonisten buchstäblich um das Loch herum, dass Don Giovannis Verschwinden in ihre Mitte gerissen hat. Es wird deutlich, dass ihre Existenz jeweils auf ihre eigene Weise um ihn gekreist hat, und dass sich die Figuren ohne diesen Mittelpunkt nichts mehr zu sagen haben.

Vergrößerung

Höllenfahrt (Thomas J. Mayer)

Musikalisch bleiben wenig Wünsche offen. Thomas J. Mayer ist ein sinnlich-rücksichtsloser Don Giovanni mit kernigem Bariton und enormer darstellerischer Präsenz, der ganz en passant mit seinem intensiven Sottovoce verführt. Maya Boog stellt als Donna Anna ihre dramatischen Fähigkeiten unter Beweis, berückt aber vor allem in den lyrischen Passagen der Rolle und mit makellosen Koloraturen. Mojca Erdmann (Zerlina) scheint mit ihrer Stimme machen zu können, was sie will, ob das nun ein sinnliches, fast unhörbares Pianissimo in höchster Lage ist oder ein Feuerwerk an Koloraturen. Andrew Murphey ist mit seinem gut im Körper sitzenden Bariton und seiner großen Spielfreude der ideale Leporello, Johannes Schwärsky ein liebenswerter Masetto und Xiaoliang Li überzeugt in den wenigen Takten mit großem Bass als Komtur. Einziger Schwachpunkt in der Besetzung ist Eteri Gvazava, die den technischen Ansprüchen der Donna Elvira stimmlich noch nicht gewachsen ist.

Gut aufgelegt hingegen der Chor (Einstudierung: Henryk Polus) und das Sinfonieorchester Basel unter Marko Letonja, dem es nicht immer gelingt, zwischen Bühne und Graben zu koordinieren. Entscheidender ist aber der frische Zugriff, es wird hörbar historisch informiert musiziert. Michael Biehl (Hammerklavier) und Maya Amrein (Cello) begleiten die Rezitative einfühlsam und stilsicher.


FAZIT

Auch 2006 lässt sich über eine der meistgedeuteten Figuren des Welttheaters noch Neues sagen - auf überzeugende, manchmal auch amüsante, in jedem Fall berührende Weise.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Marko Letonja

Inszenierung
Andreas Dresen

Bühne
Matthias Fischer-Dieskau

Kostüme
Sabine Greunig

Licht
Hermann Münzer

Chorleitung
Henryk Polus

Dramaturgie
Beate Breidenbach



Chor des Theater Basel
Sinfonieorchester Basel


Solisten

Don Giovanni
Thomas J. Mayer

Der Komtur
Xiaoliang Li

Donna Anna
Mya Boog

Don Ottavio
Daniel Behle

Donna Elvira
Eteri Gvazava

Leporello
Andrew Murphy

Masetto
Johannes Schwärsky

Zerlina
Mojca Erdmann




Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Basel
(Homepage)



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