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Rhythmus im Blut


Aufführungsdauer: ca. 3 h 15' (eine Pause)

Gala in der Tonhalle Düsseldorf am 8. April 2005


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Deutsche Oper am Rhein
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Mehr oder weniger Rhythmus im Blut

Von Thomas Tillmann



Um die Bedeutung des wichtigen Themas Blut spenden stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern, an die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger Düsseldorfs, Blut und damit Leben zu spenden, publikumswirksam zu appellieren und die Arbeit der Blutspendezentrale der Klinik der Heinrich-Heine-Universität nachhaltig auf eine sichere Basis zu stellen, hatte Paul Spiegels "Internationale Künstler- und Medienagentur", unterstützt von Vera van Hazebrouck, der Intendantin der Düsseldorfer Symphoniker und der Tonhalle Düsseldorf, unter dem Motto Rhythmus im Blut zu einer festlichen Gala in vorgenannten Konzertsaal geladen. Gekommen waren angesichts der Tickets, die mit einem Preis von bis zu 62 Euro nicht gerade günstig zu haben waren, und des kunterbunten Programms von Bach bis Swing leider nur ein paar Hundert Interessierte (auch Schirmherr Oberbürgermeister Joachim Erwin hatte seinen Stadtdirektor und Kulturdezernenten geschickt).

Vergrößerung Der englische Bariton Konrad Jarnot

Konrad Jarnot gehört zweifellos zu den wichtigsten jungen Lied- und Konzertsängern unserer Zeit - zahlreiche bedeutende Einspielungen und ein prall gefüllter Terminkalender belegen es - und hat sich inzwischen auch einen Ruf als Operninterpret im lyrischen Baritonfach ersungen. Der Brite zeichnet indes mit zu feinem Pinsel, um begleitet von einem so schwachen, stilistisch gänzlich ignoranten Orchester mit Guglielmos "Rivolgete a lui lo sguardo" nachhaltig Eindruck zu machen, was nicht gegen den sensibel musizierenden, um größtmögliche Textdeutlichkeit, eine elegante Gesangslinie und ebensolche Phrasierung sich bemühenden und einen Lautstärke-Wettstreit mit dem Kollektiv gar nicht erst aufnehmenden Sänger und seine wunderbar leicht ansprechende, keinerlei Registerbrüche aufweisende, Frische und Jugendlichkeit verströmende Stimme spricht, sondern gegen die grobschlächtig aufspielenden Symphoniker und seinen über wenig Autorität verfügenden Leiter (da wäre selbst John Fiore vermutlich der bessere Mann gewesen, über dessen baldigen Fortgang an diesem Abend übrigens nicht nur hinter vorgehaltener Hand geredet wurde!). Mehr Aufmerksamkeit wurde dem Bariton für seine differenzierte Interpretation des Liedes an den Abendstern (im Programmheftchen als Arie des Tannhäuser ausgewiesen!) zuteil, und auch sein Amonasro im Nilduett hatte große Momente. Niemand weiß besser als Jarnot selber, dass er hier einen Ausflug in ein Repertoire macht, das in den nächsten zwanzig Jahren sicherlich nicht seines sein wird, aber für den Rezensenten, der manches Heldenbaritongebrüll im dritten Akt der Aida ertragen musste, war es beglückend, diese Musik wirklich einmal feinfühlig gesungen zu erleben und kräftige Fortetöne zu hören, die aus einem gehaltvollen Piano entwickelt werden - ein Interview mit dem Künstler folgt in Kürze hier im OMM.

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Der Star des Abends: die große Grace Bumbry

In dieser Szene lief auch Grace Bumbry zu wirklich großer Form auf - vielleicht ist die Soprantessitura inzwischen tatsächlich die geeignetere für die Sängerin, die sich am Morgen nach dem Konzert ebenfalls den Fragen des Rezensenten stellte - und überraschte gar mit einem tadellosen, gebieterischen hohen B, aber auch mit anderen bemerkenswerten Details wie zarten Piani und einem ungeheuer intensiven "Io?", das sie allein als große Interpretin von faszinierender Persönlichkeit auswies. Vielleicht hätte man die vielen nicht verkauften Karten Studenten der Robert-Schumann-Hochschule oder des Opernstudios der Rheinoper überlassen sollen, die hier jede Menge hätten lernen können. Mit Leonoras "O mio Ferrando" aus der italienischen Version der Favorite hatte die Mezzosopranistin sich zu Beginn keine leichte Aufgabe gestellt. Andere langweilen in vergleichbaren Programmen ihr geduldiges Publikum mit Canzonetten, die selbst der bestsortierteste Kritiker nie gehört hat, Grace Bumbry beeindruckte nach immerhin 45 Karrierejahren einmal mehr mit ihrer einmaligen saftig-gebieterischen Tiefe, vollendeten Decrescendi und erstaunlichem Drive im schnelleren Teil. Klangliche Schönheit, verführerisch-üppiger Farbenreichtum und ein nach wie vor tadelloses Legato ließen Dalilas "Mon coeur s'ouvre à ta voix" zu einem weiteren Höhepunkt des Abends werden, dessen erster Teil mit Martin Stadtfelds Wiedergabe des Konzerts für Klavier und Orchester Nr. 1 d-moll BWV 1052 ziemlich lau begonnen hatte. Dass der junge Mann ein "Talent der Sonderklasse" ist, dem im Oktober 2004 im Münchner Gasteig der Echo-Klassik-Preis als Nachwuchskünstler des Jahres überreicht wurde, wusste der Moderator zu berichten. Seine ansprechende, im mittleren Teil einige Empfindsamkeit erkennen lassende Leistung an diesem Abend litt allzu sehr unter dem kein bisschen transparenten, geradezu klebrigen und penetrant zu lauten Spiel des skandalösen Orchesters; der Applaus der die Gepflogenheiten im Konzertsaal mit Nichtachtung strafenden Zuschauer zwischen den einzelnen Sätzen machte da geradezu die Ohren frei.

Es war auch der Abend der "Weltpremiere" der wirklich flotten, idiomatischen Big-Band-Formation der Symphoniker. So sehr man sich freut, dass die Mitglieder des Orchesters Zeit finden für solche Projekte, so sehr möchte man doch raten, sich mehr auf die eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren, damit demnächst nicht Kritiker und kundiges Publikum zu lachen beginnen, wenn ein Moderator von einem der "renommiertesten Orchester der Welt" spricht! Auch Grace Bumbry debütierte im Rahmen dieser Gala als Cole-Porter-Interpretin: Sie bringt viel Gefühl für diese Musik mit, auch wenn mancher diese Melodien natürlich von einer Opernsängerin präsentiert ungewohnt finden mag. Ich mochte besonders ihr "Easy to Love" und ihre Morendi in "Ev'rytime We Say Goodbye", das sie wie die übrigen Tunes und das knifflig arrangierte Zugaben-"Night and Day" in gar nicht so bequemer Lage souverän bewältigte - swinging Grace eben.

Dass Paul Spiegel Max Schautzer seit über dreißig Jahren kennt, weiß man nach dem Gespräch, dass beide zu Beginn des zweiten Teils führten, dass der Moderator für hausbackene, wenig originelle und vor allem nicht enden wollende Conférencen im Siebziger-Jahre-Wunschkonzert-Stil steht, auch. Die wichtigen Informationen hätte man dem Programm entnehmen können, dem man einen Zettel mit biografischen Angaben zu den Mitwirkenden problemlos hätte beilegen können, Inhaltsangaben der Opern, aus denen Auszüge geboten wurden, hätte man zuhause nachlesen können. Wie man allerdings die Arie aus Samson et Dalila korrekt ausspricht, hätte der Fernsehveteran, der von Teilen des Auditoriums zu meiner Verwunderung auch noch durch höflichen Applaus ermuntert wurde, vor dem Ereignis herausfinden können.


FAZIT

So rühmenswert das Anliegen Paul Spiegels und seiner Mitstreiter zweifellos ist - eine solche Veranstaltung bedarf eines anderen Formats, wenn sie wirklich eine Attraktion sein soll.


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Programm



Johann Sebastian Bach:
Konzert für Klavier und Orchester
Nr. 1 d-moll BWV 1052



Auszüge aus

La Favorita,
Così fan tutte,
Samson et Dalila,
Tannhäuser
und Aida




Cole-Porter-Potpourri




Mitwirkende

Grace Bumbry, (Mezzo-)Sopran
Konrad Jarnot, Bariton
Martin Stadtfeld, Klavier
Max Schautzer, Moderator
Achim Fiedler, Dirigent




Düsseldorfer Symphoniker

Big Band der
Düsseldorfer Symphoniker







Da capo al Fine

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