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Operngala mit Juan Diego Flórez


Aufführungsdauer: ca. 2 h 45' (eine Pause)

Konzert am 10. Juni 2005


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Deutsche Oper am Rhein
(Homepage)
Kurzes Vergnügen

Von Thomas Tillmann



Das bestgehütetste Geheimnis des Galaabends am 10. Juni 2005 in der Düsseldorfer Oper war keinesfalls, wie viel Geld Juan Diego Flórez für seinen Auftritt bekommen hat (das es eine exorbitant hohe Summe war, hatte ohnehin niemand bezweifelt), sondern warum man sich für Eintrittspreise bis zu 86,50 Euro eigentlich ein Chor- und Orchesterkonzert mit vier dazwischen geschobenen Tenorarien anhören musste: Der "Gast", wie Tobias Richter ihn in einer seiner offenbar unvermeidlichen und doch so überflüssigen Begrüßungsansprachen den Peruaner ganz richtig bezeichnete, sang nicht viel mehr als 20 Minuten, während die Kollektive weitere 50 beisteuerten. Bei einer ähnlichen Veranstaltung vor einem Jahr mit Edita Gruberova hatte man sich auch immerhin auf Ausschnitte aus zwei Werken des Belcanto konzentriert, während diesmal ohne erkennbare dramaturgische Linie Rossini neben Verdi und Ponchielli neben Donizetti standen (besonders entzückend war der auf Grund des flotten Tempos die Sänger überfordernde Zigeunerchor aus dem Troubadour vor Nemorinos "Una furtiva lagrima" und der wirklich gemein verkitschte, ohne Raffinesse, Fluss und Präzision heruntergespielte "Tanz der Stunden" aus La Gioconda vor den Auszügen aus La fille du régiment, von denen der Introduktionschor wirklich überflüssig war).

Um jedem Missverständnis vorzubeugen: Der in Lima geborene und bis 2010 an den prestigeträchtigsten Häusern verpflichtete Tenor, der mit Don Ramiros Arie aus dem 2. Akt der Cenerentola begann, hielt durchaus die Versprechungen der vollmundigen Presseerklärungen, er ist zweifellos einer der ganz Großen in seinem Fach, er hat nicht zuletzt die bella figura, die in unseren Tagen für eine Weltkarriere nicht unwichtig ist (die im Programm abgedruckten Fotos waren am Abend natürlich nicht zu bekommen, die Prioritäten werden in der Pressestelle, die am Ausgang auch noch Parfümproben zu verteilen hatte, anders gesetzt, wie unten nachzulesen ist), vor allem aber eine wirklich exzellent geführte, sehr schlanke, gar nicht große, helle und damit hinsichtlich des Farbenreichtums natürlich begrenzte, aber sehr bewegliche und angenehm vibrierende Stimme, ein gutes Händchen für eine geschmackvolle, sinnstiftende Phrasierung, für nicht nur eitle mezza-voce- und messa-di-voce-Effekte. Erfreulich fand ich zudem, dass das im besten Sinne sehr delikat dargebotene Lied des Duca di Mantova aus dem letzten Akt des Rigoletto lebendiger, lockender und erotischer klang als in der Aufnahme, die Romanza aus L'elisir d'amore tief empfundener und berührender wirkte - angesichts solch vollendeter Diminuendi und einer solchen tonlichen Süße ginge nicht nur die stolze Adina gern in die Knie. Verbesserungswürdig finde ich dagegen nach wie vor Flórez' Diktion im Französischen (so übertrieben lang rollt man kein "r" in dieser Sprache), wovon auch die absolut mühelos attackierten Cs und der Charme, mit dem er die bekannte Szene des Tonio anging, nicht ablenken konnten. Dass sie trotz der gemachten Einschränkung im Moment wohl kaum jemand besser singt, steht auf einem anderen Blatt.

Wenigstens überblicksartig kommentiert werden sollen die noch nicht erwähnten Beiträge des Chores und des Orchesters, das sehr dezent nur dann spielte, wenn es galt, den Solisten zu begleiten: Weder bei der Ouvertüre zu La Cenerentola noch beim Chor aus Don Pasquale stellte sich trotz der verbissenen Anfeuerung durch den Dirigenten, der Erfahrung im Ausdruckstanz haben muss und eine Schwäche für arg vordergründige Effekte hat (beispielsweise in der Gewittermusik des Barbiere), der rechte Schwung ein (dafür klapperten die Violinen und war das Blech nicht optimal gestimmt). Während in den ruhigeren Passagen der langen Guillaume Tell-Ouvertüre einige schöne gefühlvolle Momente auffielen, herrschte im finalen Galopp dann erhebliches Durcheinander. Immerhin wurde insgesamt deutlich, dass für dieses Event mehr geprobt worden war als für manche Repertoirevorstellung und dass Noten in der Hand der Sängerinnen und Sänger größere Sorgfalt bewirken (etwa im durchaus differenziert musizierten Chor der Hexen aus dem 3. Akt des Macbeth).

Ungeahnte Freude löste das im Programmheft abgedruckte Interview mit dem Stargast aus, für das man die Pressechefin des Hauses nach Wien geschickt hatte, um gleichermaßen intelligente wie relevante Fragen wie "Sind Sie ein Lebemann?", "Was essen Sie am liebsten?" oder "Über welche Leidenschaften sprechen Sie am liebsten?" an den Künstler zu stellen, der sich "als Model-Typ 'Latin Lover' ... trefflich vermarkten lassen würde". Vielleicht hätte man das Geld für diese Dienstreise sparen oder selbige dem Management anbieten sollen, um mehr als eine Zugabe auszuhandeln (die große Arie des Conte di Almaviva war natürlich eine perfekte Folie, um die Agilität der Stimme und ihre besondere Eignung für aberwitzige Verzierungen herauszustellen)?


FAZIT

Fans von prächtigen Blumengebinden, appetitlichen Häppchen und ohne Verzug nachgefüllten Gläsern, von Galadinners und teurer Garderobe kamen bei dieser Gala ebenso auf ihre Kosten wie Freunde hohen Tenorgesangs, von dem man allerdings gern ein bisschen mehr gehört hätte.


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Programm



Auszüge aus

Opern von Gioacchino Rossini,
Gaetano Donizetti,
Amilcare Ponchielli und
Giuseppe Verdi


Mitwirkende

Juan Diego Flórez, Tenor

Thorsten Grümbel, Bass


Chor der Deutschen Oper
am Rhein

Choreinstudierung
Gerhard Michalski


Die Duisburger
Philharmoniker

Musikalische Leitung
Alexander Joel



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Deutschen Oper am Rhein
(Homepage)



Da capo al Fine

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