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Musiktheater
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Alles geht noch lange nicht

Ein Musical
Musik von Cole Porter
Buch von Guy Bolton, P. G. Wodehouse,
Howard Lindsay und Russel Crouse
Neufassung von Timothy Crouse und John Weidman
Deutsch von Christian Severin
Gesangstexte von Cole Porter


Dialoge in deutscher Sprache
Songs in englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 30 Minuten (eine Pause)

Premiere im Theater Mönchengladbach am 10. Oktober 2003


Homepage

Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)
Verschenkte Möglichkeiten

Von Thomas Tillmann / Fotos von Matthias Stutte


Sicher ist es unfair, ein so bewegendes und gleichzeitig unterhaltendes Stück wie Cabaret gegen Cole Porters wenig "Botschaft" transportierendes, grundsätzlich aber nicht minder amüsantes Musical Anything Goes auszuspielen, das als "Inbegriff der leichtfüßigen und unbefangenen Musikkömodie der Dreißiger" (Gerhard Midding) gilt. Da es aber in etwa dasselbe Team ist, dass vor einem Jahr das Werk von Kander und Ebb beeindruckend (und besser als die Konkurrenz in Dortmund und Bonn !) umgesetzt hatte, war man doch erstaunt, dass die rechte Musicallaune bei dieser Premiere nicht aufkommen wollte.

Vergrößerung in neuem Fenster

An Bord des Überseedampfers ist die Stimmung prächtig (Ensemble des Theaters Krefeld-Mönchengladbach).

Einziger Handlungsort (mit Ausnahme der Kabinen- und Gefängnisszenen) ist ein Außendeck auf einem Überseedampfer, das man mit wenig mehr finanziellem Aufwand liebevoller und atmosphärischer hätte ausstatten können, ebenso wie die mit scheußlichen Tapeten beklebten und einfallslosen Requisiten zugestellten Kabinen, die eine Ewigkeit brauchen, bis sie hoch- und wieder heruntergefahren sind. Wir alle wissen, dass die Gemeinschaftsbühne am Niederrhein über begrenzte Mittel verfügt, aber etwas geschmack- und fantasievollere sowie weniger billig wirkende Kostüme hätten es auch sein dürfen.

Vergrößerung in neuem Fenster Billy (Stefan Diekmann) kniet vor seiner alter Freundin Reno (Esther Keil), aber Liebe ist es nicht.

Dagegen mochte ich Danielle Sassos einfallsreiche Choreografie, auch wenn natürlich selbst der Nichteingeweihte sofort merkte, dass hier aus der Not (die wenigsten deutschen Schauspieler haben eine Tanzausbildung) eine Tugend gemacht und keiner der Mitwirkenden überfordert wurde; dass mit dem Nicht-Tanzen-Können im "It's Delovely" auch noch richtig kokettiert wurde, hatte zweifellos Charme. Eben dieser fehlte den Dialogen, von denen nur wenige wirklich temporeich und komisch waren, sondern wie das gesamte Geschehen die meiste Zeit schwerfällig, verkrampft und angestaubt operettenhaft über die Rampe kamen. Als Beispiel mag das pseudochinesische Geplapper von Adrian Linke und Paul Kaiser dienen, das mir bereits bei ihrem ersten Auftritt unsäglich auf die Nerven ging und wahrlich nicht so bedeutend oder amüsant war, dass es hätte übertitelt werden müssen. Dies wäre freilich bei den durchgängig in englischer Sprache gesungenen, berühmten Songs (wie "I Get A Kick Out of You", das umwerfend komische "You're the Top" mit seiner Anhäufung von bizarren Superlativen, "All Through the Night", "Blow, Gabriel, Blow" oder "Easy to Love") keine schlechte Idee gewesen, denn ich wage zu bezweifeln, dass das Gros der Zuschauer derart bewandert in amerikanischem Slang ist, dass es die witzigen Pointen des Originals wirklich genießen konnte. Auch bei der Personenführung und beim Herausarbeiten der Charaktere hätte Matthias Kniesbeck einfach mehr Sorgfalt walten lassen müssen anstatt nur Auftritte und Abgänge zu organisieren. Und hätte man nicht doch noch ein paar zusätzliche Statisten auftreiben können, die für etwas mehr Geschäftigkeit und Leben auf der nicht eben kleinen Bühne hätten sorgen und ein paar flotte Tanzschritte mehr hätten beisteuern können?

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Erma (Kerstin Brix) heizt den Matrosen (Alexandre Betov, Manfred Feldmann, Bernhard Schmitt und Zbigniew Szczechura) richtig ein.

Esther Keil singt und spielt sich wie schon mit ihrer Sally Bowles auch in der Ethel-Merman-Rolle der Reno Sweeney schnell und zurecht in die Herzen der Zuschauer: Sie weiß, wie man diese Songs mit einer guten Mischung aus Herz, Erotik und Chuzpe "sophisticated" serviert und wie man sich auf der Bühne bewegt. Ihr "lyrischer" Gegenpart ist mit Anna Schäfer zwar vokal ziemlich leichtgewichtig, aber doch auch ansprechend besetzt, auch wenn die junge Actrice den ihr von der Regie verpassten Augentick das eine oder andere Mal vergaß. In Stefan Diekmann hatte sie einen charmanten, unermüdlich über die Bühne fegenden Billy an ihrer Seite, dem man die wahrlich begrenzten gesanglichen Fähigkeiten großzügig nachsah. Ähnliche Präsenz, aber mehr Stimme hat der kommunikative Tobias Wessler, der als Moonface ebenso überzeugte wie Kerstin Brix als seine laszive Gespielin Erma - schade, dass sie nicht mehr Nummern in dem Stück hat.

Vergrößerung in neuem Fenster Alter schützt vor Liebe nicht: Elisha Witney (Matthias Oelrich) macht Evangeline Harcourt (Suly Röthlisberger) den Hof, beobachtet von Renos "Engeln" (Annelie Bolz, Ursula Hennig, Sabine Sanz und Marianne Thijssens).

Lutz Lukasz blieb arg blass und eindimensional in der Rolle des blasierten englischen Lord Evelyn (gleiches gilt für Reiner Roon als Kapitän und Peter Lüthke mit seinen platten, schalen Pointen als Zahlmeister), während Suly Röthlisberger und Matthias Oelrich sich alle Mühe gaben, das Mögliche aus den ihnen anvertrauten Figuren zu machen.

Beklagenswert müde und lustlos wirkten die vier in die Jahre gekommenen Matrosen, bemüht, aber reichlich hausbacken Renos ebenfalls nicht mehr ganz taufrischen "Engel", und auch die neunköpfige Band unter Leitung von Jochen Kilian hätte die Hits mit mehr Drive und Schwung präsentieren können (vielleicht war die Idee doch nicht so gut, das Kollektiv in den Salon hinter dem Deck zu verbannen).


FAZIT

Auch wenn das Premierenpublikum nicht mit dem Klatschen aufhören wollte (so wie die Oberbürgermeisterin beim Loben fast aller Mitwirkenden und der Generalintendant bei seinen tiefsinnigen Betrachtungen über das Theater an sich während der anschließenden Feier): Aus diesem gewiss leichtgewichtigen Stück kann man mit ein bisschen mehr Fantasie und Aufwand viel mehr machen - vielleicht wird die Gelsenkirchener Neuinszenierung, die am 2. November Premiere hat, meinen Eindruck bestätigen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jochen Kilian

Inszenierung
Matthias Kniesbeck

Choreografie
Danielle Sasso

Bühne
Monika Gora

Kostüme
Anja Müller

Choreinstudierung
Heinz Klaus

Dramaturgie
Ulrike Gondorf




Solisten

Reno Sweeney
Esther Keil

Hope Harcourt
Anna Schäfer

Evangeline Harcourt
Suly Röthlisberger

Lord Evelyn Oakleigh
Lutz Lukasz

Elisha Whitney
Matthias Oelrich

Billy Crocker
Stefan Diekmann

Moonface Martin
Tobias Wessler

Erma
Kerstin Brix

Luke
Adrian Linke

John
Paul Kaiser

Kapitän
Reiner Roon

Zahlmeister
Peter Lüthke

Geistlicher
Heinz-Dieter Wolff

Fred
Jochen Kilian

Matrosen
Alexandre Betov
Manfred Feldmann
Bernhard Schmitt
Zbigniew Szczechura

Renos "Engel"
Annelie Bolz
Ursula Hennig
Sabine Sanz
Marianne Thijssens




Weitere
Informationen

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Theater Krefeld-
Mönchengladbach

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