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Figaro, der Barbier von Sevilla
Oper für Kinder und Jugendliche


Gekürzte Fassung von Il barbiere di Siviglia
Text von Cesare Sterbini nach dem Schauspiel von P. A. de Beaumarchais
Musik von Giacchino Rossini

in deutscher Sprache

Premiere im Opernhaus Düsseldorf am 22. September 2003
(rezensierte Vorstellung: 28. September 2003)


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Deutsche Oper am Rhein
(Homepage)
Kein Herz für Kinder

Von Stefan Schmöe / Fotos von Eduard Straub


Wenn ein Theater eine Oper für Kinder produziert, dann werden üblicherweise Nachwuchssänger verpflichtet, und auch die Regie wird – soweit es keinen hauseigenen Leiter für den Bereich Jugendtheater gibt – einem jungen Regisseur anvertraut. Das Orchester ist meist auf Miniaturformat reduziert. Dahinter stehen wohl mehr finanzielle Nöte als ein Konzept – Kinderopern laufen im Betrieb möglichst kostengünstig mit. In Düsseldorf sieht das anders aus: Da singen gestandene, bühnenerfahrene Darsteller, spielt ein kammermusikalisch besetztes, aber durchaus „richtiges“ Orchester, und es inszeniert kein geringerer als der Intendant persönlich. Also ideale Voraussetzungen – mit einem fatalen Ergebnis.

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Hübsch konventionell, aber nicht ausgeprägt jugendnah: Almaviva (Jung-Hwan Lee, l.) und Figaro (Stefan Heidemann) ...

Auf dem Programm steht Figaro, der Barbier von Sevilla - Oper für Kinder und Jugendliche . Das Wort „Kinder“ kann man getrost aus dem Untertitel streichen, denn an Kinder richtet sich diese Produktion nur dem Papier nach: Intendant-Regisseur Richter und Dirigent Wen-Pin Chien haben nichts anderes getan als die Oper auf knapp 2 Stunden Dauer zu kürzen und den Sängern deutsche Sprache zu verordnen. Wenn man denn etwas versteht – das ist (zu) oft nicht der Fall – dann geht das z.B. so: „Ich bin der Cicero aller Barbiere“. Auch ohne PISA solltem da einem Zweifel an der hinreichenden humanistischen Vorbildung der Zielgruppe kommen. Aber es scheitert natürlich nicht an einzelnen Textpassagen; die Handlung des Barbier ist aber so verworren (und dabei recht textlastig), dass man ohne detaillierte Kenntnis der Handlung schnell den Überblick verliert – und Kinder werden auch mit den Rezitativen ihre Probleme haben. Richter hätte entschieden besser daran getan, mit ein paar gesprochenen Texten die Handlung deutlich zu machen (und am besten gleich auf die Rezitative zu verzichten).

Vergrößerung ... und nochmal Figaro, hier Bartolo (Daniel Djambazian) rasierend, in unübersichtlichen Verstrickungen ...

Auch szenisch sorgt Richter nicht gerade für Klarheit: Die allesamt in Weiß gekleideten Akteure sind viel zu wenig prägnant, um vom opernunerfahrenen Nachwuchs eingeordnet werden zu können (Leitmotivische Frage während der Vorstellung: „Wer ist das, der da gerade singt?“). Es hätte bestechenden pädagogischen Charme gehabt, die Kostüme so zu gestalten, wie sie auf den Zeichnungen im „Programmheft“ (es handelt sich um zwei gegeneinander drehbare Kreisscheiben) abgebildet sind – aber leider gibt es keine Ähnlichkeit. Richter inszeniert solide, stellt hübsche konventionelle Arrangements, aufgelockert durch ein paar Pointen, aber ein Interesse an einem jungen Publikum ist dem nicht anzumerken. Man muss Kinderfassungen nicht „kleinkochen“, kann auch jungen Besuchern ruhig etwas zumuten, aber hier wird die theaterpädagogische Arbeit komplett ausgelagert – auf bildungsbürgerliche Elternhäuser und die Musiklehrer in den Schulen. Wer sein Kind unvorbereitet in diesen Barbier schickt, riskiert 2 Stunden Langeweile.

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... bis sich zum Schluss das gesamte Ensemble in schöner Operneinigkeit präsentiert.

So gilt der üppige Beifall der Erwachsenen (derweil die Kinder sehnsüchtig nach dem Ausgang schielen) den überzeugenden musikalischen Leistungen. Wen-Pien Chien sorgt mit den agilen Düsseldorfer Symphonikern für flotte Töne, auch wenn es manchmal mit den Sängern auseinander läuft. Stefan Heidemann ist ein sehr präsenter Figaro, der eine Spur zuviel Schmalz aus seinem Spiel in den stimmlichen bereich „mitnimmt“. Jugenlich-frisch und souverän auch in den Koloraturen ist Elena Brilova als Rosina. Famos auch Michail Milanov als Basilio. Solide, wenn auch etwas konturlos, ist Peter Nikolaus Kante als Bartolo; recht matt bleibt Jung-Hwan Lee als Almaviva.


FAZIT
Gut musiziert, gedankenlos inszeniert: Nur für operntrainierte Kinder und Jugendliche.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Wen-Pien Chien

Inszenierung
Tobias Richter

Bühne und Kostüme
Gian Maurizio Fercioni



Die Düsseldorfer
Symphoniker
Cembalo: Ville Enckelmann


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Graf Almaviva
* Jung-Hwan Lee /
Corby Welch

Bartolo, Doktor der Medizin
* Peter Nikolaus Kante /
Daniel Djambazian

Rosina, dessen reiches Mündel
* Elena Brilova /
Romana Noack

Figaro, Barbier
* Stefan Heidemann /
Heikki Kilpeläinen

Basilio, Rosinas Musiklehrer
Thorsten Grümbel /
* Michail Milanov

Marzelline
* Keiko Yano /
Cornelia Berger

Offizier
* Thomas Greuel /
Ömer Temizel

Ambrosio / Fiorillo
Markus Weckmesser


Die Deutsche Oper am Rhein
empfiehlt die Aufführung für
Kinder ab ca. 8 Jahren



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Deutsche Oper am Rhein
(Homepage)



Da capo al Fine

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