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L'incoronazione
di Poppea

Opera musicale von Claudio Monteverdi
Libretto von Giovanni Francesco Busenello


Premiere im Theater Basel am 20. November 2003


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Theater Basel
(Homepage)
Barbies Krönung

Von Ina Schabbon / Fotos von Sebastian Hoppe


Monteverdis dritte Oper, knapp fünfzig Jahre nach der Entstehung der Gattung und 35 Jahre nach seinem ersten Beitrag dazu geschrieben, überrascht immer wieder durch ihre bis heute wirkende Modernität. Nicht nur, dass Monteverdi - und natürlich vor ihm sein Librettist Busenello - sich mit der Incoronazione di Poppea erstmals in der jungen Geschichte der Oper vom Mythologischen löst und ein historisches Sujet auf die Bühne bringt. Durch die starke Fokussierung aufs Private, auf die Affekte, die seine Figuren umtreiben, enthebt Monteverdi sie gleich wieder dem geschichtlichen Rahmen und verleiht ihnen überzeitliche Gültigkeit. Die Personen könnten in jeder beliebigen Zeit angesiedelt sein: Ein viel zu jung an die absolute Macht gekommener Diktator und um ihn herum Figuren, die sich durch die Machtstrukturen korrumpieren lassen, ihr Wesen im Dienste ihrer persönlichen Interessen verstellen.

Vergrößerung

Fastfood und Intrigen: Poppea, Ottavia und Nerone, bevor Poppeas Verleumdung Seneca den Tod bringt.

Diesen Aspekt hat Nigel Lowery in seiner zwischen Bonbonfarben und Neontristesse changierenden Inszenierung - Regie und Ausstattung kommen bei ihm wie stets aus einer Hand - umgesetzt. Bei ihm spielt die Handlung halb in der Spielwarenabteilung, halb in einem tristen Großstadtambiente ohne klare Aufteilung von Innen- und Außenansicht. Im Hintergrund stets eine Großstädtische Skyline, die zunächst spielzeughaft wirkt, um gegen Ende immer stärker die Illusion einer wirklichen Stadt zu erzeugen. Poppea ist in dieser Welt eine Barbie-Puppe mit rosa-mintfarbenem Häuschen, Nerone der milchgesichtige Diktator einer Bananenrepublik in Hawaihemd und begleitet von mafiösen Bodyguards, die "Staatsfeinde" durch den Gullydeckel "entsorgen". Amor, der geheime Strippenzieher und eigentliche Herrscher im Spiel um Liebe und Macht, erscheint hier im Mickey-Maus-Kostüm, Virtù als hellblaue Freiheitsstatue.

Und das Erstaunliche ist: Lowerys Konzept geht auf, die Inszenierung funktioniert. Weder vergewaltigt sie Monteverdis Musik noch gleitet sie jemals ab in bloßen Klamauk. Das liegt nicht zuletzt auch an der immensen Spielfreude, mit der sich ausnahmslos alle Agierenden in diesem Bühnenbild bewegen. Da sitzt jede Geste, jeder Schritt, und doch scheint alles ganz natürlich und spontan zu sein (Choreographie: Amir Hosseinpour).

Vergrößerung Barbies Gartenidylle: Poppea und Arnalta privat.

Überzeugend bis grandios auch die sängerischen Leistungen. Gillian Keith verkörpert eine ideale Poppea, ihr geschmeidiger und doch durchschlagender Sopran deckt mühelos die ganze Ausdruckspalette von verführerischer Erotik bis zu fast schon schriller Zickigkeit ab. Überaus virtuos und völlig schlackenlos Max Emanuel Cencic als Nerone. Agnieszka Budzinska beglückt gleich in zwei Rollen, als Amore und Valletto - dem Vorläufer des Mozartschen Cherubino, mit ihrer überbordenden Spielfreude und ihrem virtuosen, hellen Sopran. Marie Angels Ottavia strahlt selbst im Trainingsanzug Würde aus, was nicht zuletzt auch am noblen Timbre ihrer Stimme liegt. Auch die ensembleeigenen Kräfte verdienen einige Hervorhebung: So ist Rita Ahonen der tiefen Arnalta-Partie, eigentlich eine Altus- oder gar Tenor-Rolle, absolut gewachsen, gestaltet Kevin Short mit seinem markigen Bass einen eindrucksvollen Seneca und Karl-Heinz Brandt mit seinem schönen lyrischen Tenor gleich mehrere Rollen.

Vergrößerung

Kurz vor der Krönung: Poppea ist am Ziel ihrer Wünsche.

Die Entscheidung, für viele der Gesangspartien und für den Instrumentalpart Spezialisten für Alte Musik zu verpflichten, erweist sich als Glücksfall. Das La Cetra Barockorchester musiziert unter Konrad Junghänel ungemein plastisch und differenziert, allen voran die hervorragend aufeinander eingespielte Continuo-Gruppe.

Lang anhaltender Publikumsjubel.


FAZIT

Ein Monteverdi voller Schwung. Musikalisch wie schauspielerisch sprühen Funken.



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Produktionsteam

* Besetzung der Premiere

Musikalische Leitung
Konrad Junghänel

Regie, Bühne & Kostüme
Nigel Lowery

Licht
Hermann Münzer

Dramaturgie
Beate Breidenbach

Studienleitung
Rainer Altorfer



La Cetra
Barockorchester Basel
(Orchester der Schola
Cantorum Basiliensis)


Solisten

Amor
Agnieszka Budzinska

Fortuna
Geraldine Cassidy

Virtu
Geraldine Cassidy
(am Premierenabend
eingesprungen: Gisela Stoll)

Ottone
William Purefoy

Ottavia
Marie Angel

Nerone
Max Emanuel Cencic

Poppea
Gillian Keith

Arnalta
Rita Ahonen

Seneca
Kevin Short

Nutrice
Steve Dugardin

Drusilla
Catherine Swanson

Lucano
Karl-Heinz Brandt

Famigliari di Seneca
Steve Dugardin
Karl-Heinz Brandt
Dietmar Renner

Console
Hendrik J. Köhler

Tribuno
Karl-Heinz Brandt

Liberto
Simon Art

Valetto
Agnieszka Budzinska

Damigella
Maria Antonia Altadill-i Briansò

Littore
Dietmar Renner

1. Soldat
Karl-Heinz Brandt

2. Soldat
Simon Art

Pallade / Venere
Eva Buffoni



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Basel
(Homepage)



Da capo al Fine

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